Bitterer Jasmin
Bewegung machen?«
»Nein«, sagte er und wies aufs Bett. »Ich habe Ihnen ein paar Bücher gebracht. Versuchen Sie es einmal mit Lesen.«
Drei Bücher lagen da. Das größte davon erkannte sie als Bestseller, eine Mixtur aus Sex und Sensation.
»Sie haben mir noch immer nichts gesagt«, meinte Eileen. »Hat man mit meinem Mann schon Kontakt aufgenommen?«
Er zündete sich eine Zigarette an. »Vermutlich.«
»Und Sie haben noch nichts gehört? Oder wollen Sie es mir nur nicht sagen?«
Er sah, wie sie sich rasch abwandte; sie wollte ihre Tränen verbergen. Als er sie festhielt, war ihm aufgefallen, wie dünn sie geworden war. So leicht fühlte sie sich an. Offenbar schlief sie auch schlecht, und oft kamen die Eßtabletts unberührt zurück. Madeleine meinte daraufhin, man solle sie ruhig ein paar Tage ganz hungern lassen, dann würde sie sich schon anders benehmen. Als er sie beim Fenster sah, dachte er im ersten Augenblick, sie wolle hinausspringen. Zehn Tage konnten verdammt lang sein, wenn man gefangen war. Er erinnerte sich an die Zeiten, da er selbst im Gefängnis gesessen hatte.
Eileen wandte sich wieder zu ihm, sie wischte sich die Augen. »Hat er sich irgendwie geäußert? Ich kann es einfach nicht glauben, daß noch gar keine Nachricht da ist.«
»Soviel ich weiß, verhandelt er noch.«
»Verhandelt? Das verstehe ich nicht! Was habt ihr denn von ihm verlangt; warum konnte er nicht einfach zustimmen?«
»Sie sollten sich wirklich die Bücher ansehen«, sagte Peters. »Sobald ich Nachrichten habe, erfahren sie es. Und lehnen Sie sich nicht wieder zum Fenster hinaus.«
Sie nahm das zweite und das dritte Buch auf. Eine Reiseerzählung über eine Expedition nach Katmandu und ein Roman von jemand, dessen Name ihr nichts sagte.
»Brauchen Sie sonst was?«
»Ich habe nichts zum Wechseln und fühle mich gräßlich schmutzig. Nicht mal eine Zahnbürste habe ich.«
»Madeleine wird Ihnen was besorgen. Ich sage ihr's.«
»Danke für die Bücher«, sagte sie, ohne ihn anzusehen. »In englisch gab es nichts anderes, außer Pornozeitschriften; die würden Sie ja wohl nicht so gerne wollen.« Er ging und sie hörte, wie er von draußen zusperrte.
Verhandeln: ein Wort, das Logan so oft benützt hatte. Handeln, einen Handel durchziehen. Mit den Terroristen verhandeln. Sie sah ihn in seinem Büro in London hinter dem Pult sitzen mit den Telefonen und Haussprechanlagen, sah ihn um ihr Leben feilschen. Wie er bot und doch nicht alles bot. Seine übliche Geschäftsroutine abwickelte, während sie in diesem kleinen, stickigen Zimmer wartete, bewacht von Leuten, die Befehl hatten, sie zu töten, wenn er die Forderungen nicht erfüllte. Verhandeln: ein unglückseliges Wort, das Peters gebraucht hatte. – Jetzt wurde ihr klar, warum zehn Tage lang nichts passiert war. Sie konnte es gar nicht glauben. Logan mußte doch wissen, daß sie in tödlicher Gefahr schwebte. Hatte keine Ahnung, ob sie nicht misshandelt wurde, in irgendeinem Erdloch steckte. Dann rief sie sich selbst zur Ordnung, schalt ihre Reaktion hysterisch. Bei jeder Entführung und anderen Gewaltverbrechen dieser Art mußte verhandelt werden. Wie das Geld gezahlt werden sollte, in welcher Währung, wie und wo man die Geisel entlassen würde. Das brauchte alles Zeit, ein wenig Zeit jedenfalls. Nicht unbedingt zehn Tage. Sie erinnerte sich an Logan in Krisenzeiten. Damals, im Appartement in Paris, als die arabischen Scheichs die Ölexporte in den Westen gestoppt hatten. Damals stand Logan mit dem Rücken gegen die Wand. Sie hatten gerade Gäste, als er die Nachricht bekam. In ihrem eleganten Salon gab sie eine Cocktail-Party; der österreichische Botschafter und seine Frau waren Ehrengäste, und einige sehr einflussreiche Politiker und Industrielle hatten ebenfalls ihrer Einladung Folge geleistet. Man rief Logan zum Telefon. Als er zurückkam, ging er lächelnd zu ihr und schlug vor, daß sie nachher mit ein paar guten Freunden im ›Maxim‹ dinieren sollten. Erst nach ihrer Heimkehr um ein Uhr – nach dem Dinner und einem kurzen Besuch in einem Nachtclub – hatte er ihr gesagt, was los war.
»Sie haben uns das Öl gesperrt. Jetzt haben sie uns an der Leine.«
»Und was könnt ihr dagegen tun?«
»Verhandeln«, hatte er geantwortet. »Mit ihnen handeln. Sowenig wie möglich bieten und hoffen, daß sie es von allein wieder einstellen.«
Er war im Bett noch zu ihr gekommen. Nach dem Liebesakt schlief er sofort ein.
Ob er die Nachricht von ihrer
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