Bitterer Jasmin
Zögern töten würden. Ihr Gesicht schwebte frei im Raum, dieses Gesicht, das ihm einst so schön erschienen war, daß er seine Frau von Merton hatte malen lassen. Unmöglich, sich Eileen hilflos und verängstigt vorzustellen, womöglich misshandelt. Logan setzte sich ruckartig auf, konnte seiner eigenen Phantasie über die Möglichkeiten nicht mehr standhalten. Was wollten die Leute für ihre Freilassung? Welchen Preis würden sie über Saud Homsi verlangen? Noch vierundzwanzig Stunden! Ein Tag und eine Nacht, ehe er es erfuhr! Wenn es sich nicht um Geld handelte, dann um irgend etwas Politisches. Etwas, was der Sache der arabischen Fanatiker von Nutzen war, einer Sache, für die er, gleich nach dem extremen Kommunismus, die wenigsten Sympathien hatte. In Kellys Haus brannte noch Licht. Der mondbeschienene Garten und der schwer betörende Duft des Jasmins erinnerten ihn an jenen Abend, an dem er seiner Frau gestanden hatte, daß er eine andere begehrte. Von der Party war nichts mehr zu sehen, man hatte schon alles aufgeräumt. Als er zur Treppe ging, kam James aus dem Wohnzimmer. »Möchten Sie einen Whisky? Vielleicht tut es Ihnen gut, darüber zu reden?«
»Danke, nein«, wehrte Logan ab. »Wir wissen jetzt, worum es geht. Der Dreckskerl hat die Wahrheit gesagt. Sie haben sie! Jetzt kann ich nur abwarten, bis sie mir die Bedingungen mitteilen.«
James lehnte sich an den Türstock. Er hatte seit Ende der Party weitergetrunken. »Werden Sie zahlen, was immer man verlangt?«
»Fragen Sie nicht so blöd«, sagte Logan.
Er ging die Treppe hinauf, Kelly hörte noch, wie er seine Zimmertür schloß. Er blieb noch ein paar Minuten in der Halle, leerte sein letztes Glas. Geld wäre kein Problem gewesen; er wußte genau, daß Logan jede Summe aufgebracht hätte. Imperial Oil würde ihm helfen, wenn es seine persönlichen Möglichkeiten überstieg. Trotz des vielen Trinkens war sein Kopf noch ganz klar. Nur den Kummer hatte er ein wenig betäubt. Logan Field war bereit, alles zu tun, um seine Frau zu retten. Seine Zweifel waren umsonst gewesen. Logan würde sie nicht opfern, egal, was man von ihm verlangte. Auch wenn sie sich gerade trennten und er eine andere liebte. Er mochte ein Schuft sein, aber hier zögerte er bestimmt nicht. James ging ins Wohnzimmer zurück und goß sich noch einen Whisky ein. Er beabsichtigte nicht, auch ins Bett zu gehen. Wollte sich nur besaufen, bis er nicht mehr aus dem Sessel hochkam und dort einschlief.
Der Algerier, der sie vom Flugplatz hergebracht hatte, nahm das Drahtgitter ab. Er sah sie nicht an und sprach auch nichts. Packte sein Werkzeug zusammen, spuckte im Vorbeigehen vor Eileen aus und verschloss die Tür von draußen. Sie rannte zum Fenster. Jetzt konnte sie sich hinauslehnen und sehen, wie tief es hinunterging zum Meer. Vor Enttäuschung hätte sie am liebsten geweint. Die Villa stand auf einem Felsvorsprung. Direkt unter ihr war eine glatte Wand, die zackigen Brocken darunter wurden von einer mächtigen Unterströmung umtost. Sie versuchte, die Höhe abzuschätzen. Jedenfalls wohl weiter, als sie mit geknoteten Leinentüchern und einem Sprung ins Meer riskieren konnte. Peters hatte schon gewußt, was er tat, als er das Schutzgitter abnehmen ließ.
Sie zog sich nach oben und lehnte sich noch weiter raus, hielt Ausschau nach irgend etwas, an dem sie sich festhalten konnte, falls sie doch hinunterzuklettern versuchte, und hörte gar nicht, wie Peters hinter sie trat. Er packte sie um die Taille und zog sie ins Zimmer zurück. Im Umdrehen wehrte sie sich gegen ihn, er drückte ihr die Arme auf den Rücken. Sie sahen einander kurz in die Augen, sie spürte seinen kräftigen Körper an ihrem.
»Was wollten Sie denn da oben?« fragte Peters. Er zog sie vom Fenster weg. Sie war atemlos, er hielt sie fester, als notwendig war. Dann ließ er sie plötzlich los. »Wozu haben Sie sich so weit hinausgelehnt?«
Sie sah ihn herausfordernd an. »Um hinunterzuschauen«, gab sie trotzig zurück.
»Da hinunter gibt's keinen Weg«, sagte Peters. »Kein Spältchen für Finger oder Zehen, und über fünfzehn Meter tief. Das können Sie vergessen, sonst muß ich nämlich das Drahtgitter wieder anbringen.«
»Woher wollen Sie wissen, daß ich nicht runterspringe?«
Er sah sie an. »Weiß ich ja gar nicht. Das ist natürlich Ihre Entscheidung, aber Sie sollten lieber warten.«
Sie wandte sich ab. »Ich werde verrückt hier in diesem Gefängnis«, klagte sie. »Kann ich mir nicht irgendwie
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