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Bitterer Jasmin

Bitterer Jasmin

Titel: Bitterer Jasmin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyny Anthony
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Abwechslung über die Moyen corniche. Dort gibt es so wunderschöne Ausblicke. Heute ist der richtige Tag dafür.«
    ***

    Logan frühstückte gerade in seinem Apartment im Okura-Hotel, als ihn Janets Telegramm erreichte. »Khorvan ermordet. Keine Änderung sonst. Welche Fortschritte machst du drüben? Janet.«
    Nach einem langen, langweiligen Dinner mit einigen japanischen Ölleuten hatte er gut geschlafen und fühlte sich ganz entspannt. Die japanischen Importeure und die Regierung waren mit einer Partnerschaft einverstanden, aus der das Extrageld fließen würde, das zur Erstellung der neuen Raffinerie notwendig war. Die Verträge wurden bereits aufgesetzt, und er hoffte, sie noch vor seiner Rückkehr unterschreiben zu können. Die ›andere Sache‹ hatte er einfach aus seinen Kalkulationen gestrichen. Er verhandelte, als gäbe es keinen Saud Homsi und als wäre seine Frau mit dem Kind in England. Nach den erfolgreich abgeschlossenen Gesprächen ging er einfach schlafen, denn er wußte, am nächsten Morgen mußte die Wahrheit heraus. Er spielte va banque, weil es ihm unmöglich war, einfach auszusteigen und kampflos aufzugeben. Es mußte einen Ausweg geben, der Eileen rettete und doch Imshan in greifbarer Nähe bleiben ließ. Als er Janets Telegramm gelesen hatte, sprang er vor Erregung auf. Etwas Besseres hatte gar nicht passieren können. Der Hauptfeind und Gegner der Imperial Oil war ausgeschaltet. Welch unendliches Glück sie doch hatten. Er dachte keinen Moment an den Menschen dabei; der Tod des Ministers schockierte ihn nicht im geringsten. Es war ein Glücksfall. Ohne diesen Gegner konnten sie vielleicht sogar den Bau der Raffinerie aufschieben, bis die Imperial Oil ihre Investitionen zum großen Teil wieder hereingeholt hatte. In Gedanken verhandelte er schon mit dem Nachfolger Khorvans, wahrscheinlich Amir Montaz, einem früheren Botschafter des Landes in Washington, der als Sympathisant des Westens bekannt war. Der Weg nach Imshan wurde langsam frei. Mit der Beseitigung Khorvans hätte er nie gerechnet; jetzt stand offenbar nichts mehr zwischen ihm und dem Höhepunkt seiner Karriere. Die Lösung des Inflationsproblems des Westens lag nun in seiner Hand. Er, Logan Field, Präsident der Imperial Oil, konnte mit der Regierung des Iran einen Abschluß tätigen, der die arabische Solidarität in Sachen Ölpreise brechen würde, etwas, das die Diplomaten des Westens nicht fertig gebracht hatten. Seine Gesellschaft würde auf dem Gebiet von Imshan in einer Reihe mit den Ölgiganten stehen. Von tief unten hörte er Tokios Frühverkehr wie leises Bienensummen heraufklingen. In seinem Apartment im zehnten Stock dieses luxuriösen Hotels hatte Logan das Gefühl, auf der Spitze eines Bergs zu stehen und auf Königreiche zu seinen Füßen zu sehen, die alle ihm gehörten, wenn er den Preis dafür zu zahlen bereit war. Und dieser Preis war Eileen. Er versuchte, sich ihr Gesicht in Erinnerung zu rufen – vergeblich. Alles blieb leer, als wehre er sich unbewußt gegen die Erinnerung an sie. Ein Leben auf der Waagschale gegen die Lösung eines Weltproblems. Er hatte zu James Kelly gesagt, daß es nie einen Konflikt gegeben habe, wenn es um seine eigenen Interessen und die der Gesellschaft gegangen war – er war überzeugt, daß dies auch stimmte. Janet meinte, Eileen würde auf jeden Fall getötet werden, ganz gleich, wie er sich verhielt. Diese Ansicht teilte er nicht, aber jetzt bestürzte sie ihn doch. Vielleicht warf er alles umsonst weg? Er sah sein Bild im Spiegel an der anderen Wand. Ein Mann, der gebeugt im Sessel saß und gegen zwei unmögliche Alternativen kämpfte. Seine Frau, die Mutter seines Kindes, den Meuchelmördern zu überantworten oder sein Lebenswerk zu zerstören und die Lösung der wirtschaftlichen und politischen Probleme Westeuropas in Frage zu stellen, um dann herauszufinden, daß man Eileen gar nicht am Leben ließ.
    »Ich glaube nicht, daß du sie je wieder sehen wirst«, hörte er Janet sagen. Es schauderte ihn. Jetzt stand ihr Gesicht plötzlich klar vor ihm, in allen Facetten, die er an ihr kannte.
    Wie sie durch die irischen Felder wanderten, wo sie ihm ein Pferd zeigen wollte, das ihn gar nicht interessierte, auf der Hochzeitsreise, beim Öffnen seiner Weihnachtsgeschenke, wie sie sich über seine Schulter beugte; er wußte sogar noch, was er ausgepackt hatte: eine kleine Sepia-Skizze eines unbekannten Malers des achtzehnten Jahrhunderts. Sie hing in seinem Arbeitsraum in

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