Bitterer Jasmin
reagierte nicht darauf. Sie aß nichts, trank nur starken Kaffee und saß mit angespanntem Gesicht da. Sie hatte schlecht geschlafen, die Augen brannten ihr. Eifersucht war eine richtige Krankheit. Dauernd hatte sie daran denken müssen, wo der Mann, den sie begehrte, schlief. Nun kannte sie keine Gnade mehr, alle ihre Gefühle für ihn waren erloschen. Sie blickte zu Resnais hinüber.
»Alles fertig?«
»Ja«, sagte er ruhig. »Du spielst jetzt deine Rolle und ich meine. Und immer schön lächeln. Mach ihm einen schönen Vormittag – es ist sein letzter.«
***
Peters wachte sehr früh auf und verließ Eileen noch vor Anbruch der Morgendämmerung. Es war das einzig Traurige an ihrer Beziehung, daß sie nach ihren Liebesnächten so oft allein aufwachte. Das Zimmer war jetzt kein bequemes Gefängnis mehr, kein Käfig, in dem sie auf Flucht sinnend auf und ab ging. Nun sah sie es als einen Raum, in dem sie ein völlig neues Leben mit dem Mann ihres Herzens begann. Anders konnte sie es nicht bezeichnen. Nach der ersten Nacht, als die Verwandlung einsetzte, hatte sich ihre Leidenschaft noch verstärkt. Über den Sex hinaus waren Gefühle in ihr erwacht, die sie nie in sich vermutet hatte. Sie hatte Logan geliebt, war aber nie ein Teil seiner selbst geworden; die Beziehung zwischen ihr und Peters dagegen war so fundamental, daß sie sich wie eins mit ihm vorkam. Jetzt erst verstand sie die Bedeutung der Worte bei der kirchlichen Trauung, daß Mann und Frau eins sein sollten. Das war bei ihnen der Fall. Wenn sie ihn berührte, war es wie eine Erweiterung ihrer selbst. Und so wie sie ihm voll angehörte, empfand auch er für sie. Sie sprach über sich, ihr Leben und ihre Ehe, und es klang wie die Erzählung eines fremden Lebens. Die Flüge von London nach Paris, um Logans Gäste zu bewirten. Kleider, deren jedes so viel kostete, wie arme Leute im Jahr verdienten. Dinners, Parties, die wirkten wie in einem Vorkriegs-Boulevardstück. Ein Leben, dessen Werte vom Dollarzeichen geprägt waren. Beziehungen zu Leuten, die nur geschäftliche Bedeutung hatten. Es klang alles so banal, und während sie ihm davon erzählte, schämte sie sich. Es lag so weit weg. Nachdem sie es sich von der Seele geredet hatte, wollte sie es am liebsten vergessen. Er hatte ihr nicht viel anvertraut; Selbstanalyse lag ihm nicht. Er war, wie er war, und das akzeptierte sie. Über die Zukunft dachte sie nicht mehr nach. Sie lebte nur noch für jeden einzelnen Tag, für die Spaziergänge im Garten, das Sonnenbad im Liegestuhl, dachte nie mehr daran, wegzulaufen, ihn zu verlassen. Genoß diese Nacht, wie jede, in der er zu ihr kam. Es war ein wunderschöner Traum, voll zartester Innigkeit. Er brachte ihr das Frühstück hinauf, und sie bestand darauf, daß er daran teilnahm. Dann gingen sie beide zum Fester; Eileen sah so gerne zum Meer hinaus. Peters hatte den Arm um sie gelegt. »Ich muß sie nach Nizza fahren«, sagte er. »Ich lasse dich nicht gerne allein, aber Resnais ist nicht da. Ich komme nachmittags so schnell wie möglich zurück. Vielleicht können wir dann schwimmen gehen, wenn du möchtest.«
Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. »Hast du keine Angst, daß ich entfliehen könnte?«
»Ich bin ein guter Schwimmer«, lächelte Peters und küßte sie auf die Wange.
Seit Jahren hatte er nicht über andere Menschen nachgedacht. Was ihre Beziehung so wertvoll für ihn machte, war die Großmut, mit der sie sich ihm hingab und nichts dafür erwartete. Jede andere Frau hätte die Situation bestimmt ausgenützt und versucht, ihn zu überreden, daß er sie gehen ließ. Eileen bat nicht darum, weil sie ihm vertraute und sie einander so gut verstanden, daß keiner dem anderen schaden wollte. Er wußte, daß er sich letzten Endes für sie entscheiden mußte. In Damaskus war man zwar noch der Meinung, daß ihr Mann sich den Forderungen fügen würde; Saud Homsi war sogar fest davon überzeugt. Keiner außer ihm wußte, daß sie die vermeintliche Trumpfkarte gar nicht in der Hand hielten. Ein Mann wie Logan Field warf Imshan nicht für eine Frau weg, die er gar nicht mehr haben wollte.
»Du wirst mir fehlen«, sagte Eileen. »Vielleicht versuche ich, das gräßliche Buch fertigzulesen.«
Peters wandte sich ihr zu und küßte sie. Als er hinunterkam, hatte Madeleine den Renault schon aus der Garage geholt.
»Chauffieren darfst du«, sagte sie, »aber nicht auf der Küstenstraße, die kann ich schon nicht mehr sehen. Fahren wir doch mal zur
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