Bitterer Jasmin
Peters. »Heute nachmittag kam ein Funkspruch, daß Logan Field im Prinzip unserer Forderung zustimmt. In ein bis zwei Wochen wird man offiziell bekannt geben, daß die Imperial Oil Imshan sausenläßt. Ich glaube, wir haben es erreicht.«
»Ist ja phantastisch!« rief Madeleine. »Ein Triumph für unsere Organisation. Die größte Ölquelle dem Westen verschlossen! Schade, daß niemand erfahren wird, wem das zu verdanken ist.«
»Das ist ja gerade der Clou dabei«, sagte Resnais. »Es muß geheim gehalten werden, denn sonst entledigt sich die Imperial einfach des Herrn Field und macht allein weiter. Was mit seiner Frau passiert, ist denen doch egal.« Peters hatte darauf gewartet, daß einer Eileen ins Gespräch brachte. Er blickte die beiden an und bemerkte so gleichmütig wie möglich: »Wenn unsere Forderung erfüllt wird, passiert ihr nichts.«
»Ich möchte morgen gerne nach Nizza«, wandte sich Madeleine zu Peters. »Fährst du mich hin? Resnais hat keine Lust, und allein ist es mir zu langweilig. Achmed kann ja vor ihrer Tür sitzen bleiben, wenn du immer noch Angst hast, daß Resnais wieder … Aber dazu besteht ja kein Anlass. Nicht wahr, Resnais? Du hast ja jetzt deine …«
»Ja, jede Menge«, grinste der Franzose. »Ich habe ein nettes kleines Puff entdeckt. Hübsche Mädchen, und nicht zu teuer. Ihr beide habt das ja nicht nötig.« Er lächelte sie an. Das Mädchen spielte fabelhaft. Keine Bitterkeit oder Feindseligkeit war zu spüren – es schien, als hätte es nie ein Zerwürfnis zwischen ihr und Peters gegeben, als würde das alte Verhältnis unverändert fortgesetzt. Sie lotste Peters genau in die Richtung, die sie mit Resnais abgesprochen hatte.
»Ich habe lange genug den Chauffeur gespielt«, sagte der, »jetzt kümmerst du dich mal um unser Fräulein. Morgen will ich angeln gehen. Ich habe einen Fischer gefunden, der mich mit dem Motorboot rausfährt. Die Rumsitzerei hier macht mich wahnsinnig.«
Peters zögerte noch. Trotz des scheinbaren Waffenstillstands war die Atmosphäre voller Misstrauen gewesen. Er mußte aber die beiden wenigstens neutral halten. Madeleines Körper war ihm unangenehm; ihr Parfüm, vermischt mit Schweißgeruch, verursachte ihm Übelkeit. Alles Animalische, das ihn einst so erregt hatte, stieß ihn jetzt ab. Die ölige braune Haut, die vollen Brüste unter dem Baumwollhemd, dessen oberster Knopf absichtlich offen stand, das breite Lächeln und der begehrliche Blick der grünen Katzenaugen. Er hätte sie nicht mehr anrühren mögen, seit er Eileen Field in den Armen gehalten hatte, aber er mußte sie beruhigen. Wenn Resnais außer Haus war, konnte er Eileen ohne weiteres unter Bewachung des Algeriers allein lassen; der betrat bestimmt nicht das Zimmer.
»Na schön, fahren wir eben nach Nizza. Wann soll's denn losgehen?«
»Vormittags. Wir könnten schwimmen gehen, und ich möchte was einkaufen. Vielleicht führst du mich zum Mittagessen aus?«
»Schon möglich, wenn's nicht unbedingt das ›Negresco‹ sein muß.«
»Sei nicht so boshaft. Seit ich von zu Hause weg bin, war ich nicht mehr in so einem Haus.«
Nach dem Essen ging Resnais zu Bett. Madeleine spürte plötzlich echtes Verlangen nach Peters. Sie hatte neulich richtig gelitten, als er sie verließ. Stolz und Eifersucht hatten ihre Liebe in Hass verwandelt, und sie verachtete ihn um seiner Schwäche willen, wütete gegen ihn, weil er die politischen Prinzipien verriet, die sie beide zusammengebracht hatten. Das Schlimmste aber war die Erkenntnis, daß die Frau, die sie hier festhielten, diese verwöhnte Kapitalistin, Gefühle in ihm erweckte, die er bei ihr nie empfand. Sie war mit Resnais übereingekommen, daß Peters getötet werden mußte, und hatte sich den ganzen Abend lang bemüht, alles so zu arrangieren, daß der Plan durchgeführt werden konnte. Und jetzt versuchte sie es doch noch einmal mit ihm.
»Du fehlst mir so«, schnurrte Madeleine, nahm seine Hand und legte sie auf ihren Mund. Biss ihn in die Finger und küßte seine Handfläche. »Komm zu mir zurück«, flüsterte sie. »Komm heute nacht zu mir.«
Sie hatte noch nie um etwas gebeten, fühlte sich als unabhängige Frau, Herrin ihrer selbst, imstande, ihren Körper zu geben oder zu verweigern. All dies vergaß sie jetzt; sie ließ sich zu Boden sinken und streichelte sein Knie.
»Ich brauch' dich so sehr. Ich liebe dich immer noch.«
Es kostete Peters Überwindung, sie auch nur zu berühren. Eine noch größere Anstrengung war es
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