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Bitterer Jasmin

Bitterer Jasmin

Titel: Bitterer Jasmin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyny Anthony
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kleine Flammenherde, die man schnellstens löschte.
    ***

    Eileen verbrachte den Vormittag ganz gemächlich. Sie badete, ruhte sich auf dem Bett aus, döste vor sich hin und dachte an Peters. Dann zog sie das Baumwollkleid an, das er ihr beim ersten Mal gekauft hatte. Im Schrank hingen jetzt noch mehr Kleider; er hatte ihr auch ein Sortiment von Lippenstiften gebracht und eine Schachtel teurer, handgestickter Taschentücher, mit denen sie nur wenig anfangen konnte; aber sie brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, daß ihr Kleenex lieber gewesen wäre. Sie kämmte sich und machte ihr Gesicht zurecht. Von den Sonnenbädern war sie schon gebräunt, sie sah entspannt aus. Ein völlig verändertes Antlitz blickte ihr aus dem Spiegel entgegen, mit zufriedenem Blick und Lächeln. Es fiel ihr auf, daß sie jünger aussah. Der Vorschlag, schwimmen zu gehen, machte sie aufgeregt wie ein Kind. Als sie einen Schlüssel im Schloß hörte, drehte sie sich freudig um, und dann standen Madeleine und Resnais vor ihr; Resnais mit angelegtem Gewehr. Eileen ließ ihre Bürste fallen, sie schrie entsetzt auf. Der Franzose grinste. »Sie sehen ausgezeichnet aus, Madame«, spöttelte er. »Unser Freund hat sich wohl bestens um Sie gekümmert.«
    Als er auf sie zuging, eilte sie hinter das Bett.
    »Bleiben Sie mir vom Leib! Wenn er Sie noch einmal so antrifft, bringt er Sie um.«
    Auch Madeleine kam näher. Sie war geisterbleich, und in ihrem Blick lag etwas, das Eileen mehr in Schrecken versetzte als das Grinsen des Franzosen.
    »Er kommt aber nie wieder«, sagte Madeleine. »Er ist nämlich tot.«
    Sie starrte die beiden an und schüttelte den Kopf.
    »Das glaube ich nicht! Das glaube ich einfach nicht.«
    »Legen Sie die Hände auf den Kopf«, befahl Madeleine, »sonst schießt er Ihnen in die Beine. Los jetzt!«
    »Sie lügen!« schrie Eileen. »Sie wollen mich nur erschrecken. Er kommt heute nachmittag zurück.«
    »Er ist tot!« brüllte Madeleine zurück. Sie trat hinter das Bett. Eileen kauerte mit dem Rücken zur Wand. Madeleine schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht.
    »Das hat er Ihnen zu verdanken«, zischte sie. »Sie haben einen guten Kämpfer korrumpiert, ihn ruiniert. Jetzt müssen Sie dafür bezahlen. Dafür werden Resnais und ich schon sorgen! Hände auf den Kopf, du Hure, oder ich zerkratz' dir deine Visage!«
    Sie war durchtrainiert und kräftig; packte Eileen und drehte sie grob herum, gab ihr dann einen kräftigen Stoß, daß sie in Richtung Tür taumelte. Resnais zielte weiterhin auf sie. »Los jetzt, Madame«, sagte er, »reizen Sie sie nicht! Sie haben ihr den Mann weggenommen.«
    Eileen hörte ihn lachen und sah, wie die Libanesin ihn giftig anstarrte. Sie hob die Arme und legte die Hände auf den Kopf, ging aus dem Zimmer an Achmed vorbei, der vor der Tür wartete, und warf ihm einen flehentlichen Blick zu, aber er wandte sich ab. Über die Treppe hinunter ging es in die Küche und dann hinaus auf einen Gang, wo Resnais die Tür zur Kellertreppe öffnete. Die Stufen waren so steil und schmal, daß sie die Arme als Balancehilfe nehmen mußte, um nicht zu fallen. Am unteren Ende der Treppe war wieder eine Tür, sie blieb davor stehen und sah den Franzosen an.
    »Von mir aus bringt mich um«, sagte sie tonlos. »Wenn er tot ist, ist mir egal, was mit mir passiert.«
    »Halt's Maul«, schnauzte Resnais sie an. Madeleine schloß die Tür auf.
    »Rein mit dir!« kommandierte sie. Drinnen war es ganz dunkel. Eileen konnte im ersten Augenblick nichts erkennen. Sie senkte die Arme und erwartete den Schuß von hinten. Spürte keinerlei Angst, nur Trauer und Schmerz. Der Schuß blieb aus. Die Tür wurde zugeschlagen, sie war allein. Da sank sie zu Boden und schluchzte. Nicht um ihrer selbst willen, sondern um den Mann, den sie liebte, wie sie noch nie jemanden geliebt hatte, nicht einmal ihr Kind. Erst nach langer Zeit erhob sie sich wieder, völlig erschöpft vom Weinen. Aus einem Luftschacht hoch oben in der Wand drang etwas Licht in den Raum. Sie sah jetzt Flaschengestelle; man hatte sie in den Weinkeller gesperrt. Eileen suchte mit den Händen nach einem Schalter neben der Tür, aber das Licht wurde hier offenbar von draußen betätigt. Es roch faulig im Raum. Sie wanderte von Gestell zu Gestell. Tastete die Wände ab. Es gab nur eine Tür und den winzigen Luftschacht. Kein Bett, nichts. Wieder setzte sie sich auf den Boden und wußte nun, daß man sie töten wollte.
    Der Schock hatte alle Angst vertrieben.

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