Bitterer Jasmin
Schmerz um Peters überdeckte das Entsetzen, dem Franzosen und der Libanesin ausgeliefert zu sein. Erst nach einer Weile stieg die Furcht erneut in ihr auf. Es schauerte sie in der Kälte und Dunkelheit. Sie hatten sie nicht sofort getötet. Sie stöhnte vor Angst bei dem Gedanken, daß sie gefoltert würde. Ihretwegen sei Peters tot, hatte das Mädchen gesagt. Sie hatten ihn ermordet, weil sie wußten, daß er Eileen liebte, und hatten sie in diesen Keller hinuntergebracht – wozu wohl? Der Franzose hatte sie schon einmal gequält und fast vergewaltigt. Sie konnte sich vorstellen, was die gehässige Frau zu tun imstande war.
Eileen kämpfte gegen die immer stärker werdende Panik an. Dann versuchte sie, sich Peters vorzustellen, und das Gefühl, in Hysterie auszubrechen, verebbte. Sie erinnerte sich an seine Küsse, an die letzte Umarmung. Die allerletzte. Das gab ihr Kraft und Mut. Wie das Ende aussah, war jetzt egal, nur mit Würde mußte sie es durchstehen, an ihn denken, mit ihm vereint werden. Dieser Gedanke gab Eileen schließlich Frieden. Sie kniete sich hin, bedeckte das Gesicht mit den Händen und betete für ihn und sich selbst. Dann setzte sie sich auf den Boden und wartete.
***
»Mr. Kelly?«
James wurde ganz steif bei der Stimme am Telefon. Er hatte vor dem Salon im Garten gesessen, geraucht und auf die Geräusche im Garten gelauscht. Ein französischer Diplomat war mit seiner Frau zum Abendessen dagewesen. Sie hatten sich größtenteils über den Mord unterhalten. Nachdem die Gäste gegangen waren, hatte er sich noch eine letzte Zigarette angesteckt. In drei Tagen sollte er zum Schah kommen, hatte man ihm auf der Botschaft gesagt. Es war Homsis Stimme, die ihn so erschreckte.
»Was ist los? Irgendwas nicht in Ordnung?«
»Das wollte ich von Ihnen wissen«, antwortete Homsi. »Ich hörte eben, daß Mr. Field mit den Japanern einen Vertrag geschlossen hat.«
»Wo haben Sie denn das wieder her? Das ist bestimmt falsch.«
»Aus privater Quelle«, entgegnete der Syrer. »Die Sache könnte sehr ernste Folgen haben.«
»Jetzt warten Sie doch mal«, schrie James fast in den Hörer. »Falls es doch stimmt, kann ich mir vorstellen, was los ist. Ich kann es Ihnen erklären. Wann können wir uns treffen?«
»Morgen«, sagte Homsi. »Die Sache eilt, Mr. Kelly. Wenn die Erklärung mich nicht zufrieden stellt, können Sie sich ausmalen, was passieren wird.«
»Wo und wann?«
»So früh wie möglich, würde ich sagen. Ich warte ein Stück weiter unten an Ihrer Straße. Sie brechen um halb acht auf, und ich steige unterwegs in Ihren Wagen. Wir fahren ein Stück zusammen; anschließend können Sie dann ins Büro. Mr. Field hätte das nicht tun dürfen – er hat sein Wort uns gegenüber gebrochen.«
Ehe James widersprechen konnte, hatte Homsi schon aufgelegt. Kelly rief danach sofort im Hotel an. Nach langer Zeit meldete sich die Nachttelefonistin. Er bat um eine Verbindung mit Mrs. Armstrong. Sie war sofort am Apparat, wirkte aber noch sichtlich verschlafen.
James verschwendete keine Zeit mit irgendwelchen Floskeln.
»Ich habe eben einen Anruf bekommen, daß Logan einen Vertrag mit den Japanern geschlossen hat. Wissen Sie Näheres?«
»Ja«, antwortete sie. »Er hat mir heute telegrafiert, daß die Verhandlungen erfolgreich waren. Es geht um die Raffinerie. Von wem war der Anruf? Von Logan?«
»Nein«, sagte James, »natürlich nicht. Es war Homsi – er meinte, es könnte ernsthafte Folgen haben. Sie wissen ja, was das für Eileen bedeutet.«
»Wie haben die das rausgefunden?« Ihre Stimme klang jetzt ganz wach. »Das wußte doch niemand, es war ganz geheim.«
»Jetzt passen Sie mal auf! Wenn Sie nicht Eileens Tod verschulden wollen, dann telegrafieren Sie ihm, daß er sofort herkommt, mit dem nächsten Flug. Ich treffe mich morgen mit Homsi und kann ihn vielleicht so lange in Schach halten, bis Logan hier ist.«
»Na schön«, sagte sie zögernd. Er fluchte innerlich. »Ich telegrafiere ihm.«
»Er hat also seine Wahl schon getroffen, was? Und Sie haben es gewußt. Er ist ein Mörder, ein kaltblütiger Mörder. Sehen Sie lieber zu, daß er schnellstens herkommt.«
Wütend legte James auf.
Am nächsten Morgen um Viertel nach sieben ließ sich Saud Homsi von der Botschaft zum Ende der Straße bringen, die zu Kellys Haus führte. Schon jetzt am frühen Morgen war es heiß und dunstig. Es sah nach Sturm aus. Er schlenderte gemächlich die Straße hinauf. Niemand war zu sehen. Dann rollte
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