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Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Titel: Bitterer Nachgeschmack - Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Senghaas , Iny Lorentz
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war es noch ein ganzes Stück, doch der Weg dorthin war bei einigen Leuten vorgezeichnet. Dieser Kerl gehörte dazu.
    Da Maruhn nicht mitbekommen hatte, wo der Mord stattfinden sollte, blieb ihm nichts anderes übrig, als Steffler und dessen Handlanger zu folgen. Nun bedauerte er es, dass er seinen Gehstock zu Hause gelassen hatte, nicht nur wegen des kaputten Beins, sondern auch wegen der darin verborgenen Klinge. Doch ein Krückstock dieser Art hätte nicht zu seiner Verkleidung gepasst. Wenigstens trug er seinen Revolver in einer Tasche der ausgebeulten Hose bei sich. Mit dieser Waffe würde er mehr ausrichten als mit dem Stockdegen.
    Auf der Straße trennten sich die beiden Männer. Während Steffler eine Droschke anhielt und einstieg, blieb der andere auf dem Trottoir und versuchte, unauffällig dahinzuschlendern. Maruhn folgte ihm in halbwegs sicherem Abstand. Zum Glück war es bereits Nacht und in diesem Viertel brannten nur ein paar altmodische Gaslaternen. Daher gelang es dem Detektiv, sich im Schatten zu halten, um nicht entdeckt zu werden, wenn der Ganove sich wieder einmal nervös umsah. Eines aber war Maruhn klar: Da der Mann zu Fuß ging, konnte es nicht weit bis zu dem Ort sein, an dem er den Mord begehen sollte.
    Schon bald schmerzte Maruhns im Krieg verletztes Bein höllisch und er verfluchte Steffler, aber auch sich, weil er sich auf diese Sache eingelassen hatte, anstatt gemütlich eine Droschke zu nehmen und nach Hause zu fahren.
    Plötzlich war der Ganove verschwunden. Maruhn kniff erschrocken die Augen zusammen, schlich vorsichtig weiter und achtete auf jedes Geräusch. Er musste jetzt ganz nahe an der Spree sein, denn er hörte das leise Klatschen, mit dem das Wasser gegen die Ufermauer schlug. Gleichzeitig klang eine fragende Stimme auf.
    »Sind Sie es, Herr Steffler?«
    Die Worte wiesen Maruhn den Weg. Er bog in einen schmalen Durchgang zwischen zwei Häusern ein, der zum Fluss führte, und sah zwei miteinander ringende Schatten vor sich. Ein Mann hatte gerade den anderen am Hals gepackt und Maruhn begriff, dass er rasch handeln musste.
    »Halt! Lass den Mann los und heb die Hände!«, rief er und zog seinen Revolver.
    Der verhinderte Mörder schnellte herum, sah ihn heranhinken und griff an. Dem ersten Faustschlag konnte Maruhn noch ausweichen, doch der zweite traf ihn mit der Wucht eines Dampfhammers. Er taumelte rückwärts, sah, wie der andere ihm folgte, und wusste, dass er ihn aufhalten musste, wenn er nicht in der Spree enden wollte.
    Trotzdem dauerte es eine schier endlose Zeit, bis er den Revolver wieder in Anschlag brachte. Der Ganove war fast schon über ihm, als er den Stecher durchzog.
    Laut hallte der Schuss durch die Nacht. Der hagere Mann zuckte wie unter einem Schlag zusammen. Zwar öffnete er noch den Mund, brach dann aber ohne einen Laut zusammen und blieb regungslos liegen.
    Maruhn warf ihm einen kurzen Blick zu und humpelte dann zu dem Überfallenen. Der Mann lebte noch, kauerte aber auf allen Vieren am Boden und rang nach Luft. Rasch holte Maruhn ein Fläschchen Riechsalz aus einer Tasche seiner Arbeiterkluft, öffnete es und hielt es dem Verletzten unter die Nase.
    »Gleich wird es Ihnen besser gehen«, sagte er.
    Der Mann würgte und begann, um sich zu schlagen.
    »He!«, rief Maruhn empört, »ich will Ihnen doch helfen!«
    Er wich einen Schritt zurück und zog sein Feuerzeug. Als er es entzündet hatte, konnte er den Mann besser erkennen. Dieser steckte in einer Lakaienlivree, war bleich und wirkte verängstigt.
    Das ist kein Mensch mit einem reinen Gewissen, sagte Maruhn sich, während sich sein Gespür für besondere Fälle meldete.
    »Wer sind Sie und was haben Sie mit Joachim Steffler zu schaffen?«, fragte er scharf.
    »Ich sollte Geld von ihm bekommen, stattdessen aber wartete dieser Kerl auf mich und wollte mich umbringen. Haben Sie ihn erschossen?«
    Den Schuss hatte der Angegriffene anscheinend mitbekommen, also war er nicht bewusstlos gewesen. Maruhn dachte weniger an den Schurken, der ein Stück hinter ihm am Boden lag, sondern an das, was er eben gehört hatte. »Es sieht so aus, als müsste ich dich zur Polizei bringen! Wer mit Steffler zu tun hat, macht garantiert krumme Geschäfte!«
    »Nein, nicht die Polizei!« Der Mann stand taumelnd auf und wollte wegrennen.
    Maruhn richtete den Revolver auf ihn. »Bleib stehen, sonst schieße ich dich ebenfalls nieder!«
    Einen Augenblick kämpfte der Mann noch mit sich, dann drehte er sich um und ließ die

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