Bitterer Nachgeschmack - Anthologie
verhaftet.«
»Rattengift kann man auch kaufen«, wandte Maruhn ein.
»Wir haben die Ladeninhaber in der ganzen Umgebung befragt. Weder Klotzke noch das Dienstmädchen haben Rattengift erstanden. Da die Herrschaft den beiden schon seit Längerem die freien Tage verwehrt hatte, gab es für die beiden keine Gelegenheit, zu einem weiter entfernt liegenden Geschäft zu fahren und sich dort das Gift zu besorgen. Außerdem hat das Dienstmädchen beobachtet, wie ihre Herrin an dem bewussten Tag das Pulver aus dem Schrank geholt hat.«
»Jetzt aber sieht es so aus, als wäre die Frau unschuldig«, wandte Maruhn ein.
»Das stimmt! Aber wer steckt dann wirklich hinter dem Mord? Wäre es keine Aufgabe für Sie, das herauszufinden?«, fragte der Staatsanwalt.
»Ich bin derzeit mit einem anderen Fall beschäftigt.« Noch während er es sagte, war Maruhn klar, dass ihn dieser Mord auch weiterhin beschäftigen würde. Daher war es besser, wenn er sich von Anfang an um den Fall kümmerte.
»Soll ich Steffler für Sie suchen?«, fragte er.
Der Staatsanwalt schüttelte den Kopf. »Nein, den fangen meine eigenen Beamten. Mir geht es um Frau Rebenstock. Nach der Aussage des Hausdieners bleibt mir nichts anderes übrig, als sie wieder auf freien Fuß zu setzen. Aber der Mörder ihres Mannes hat es so gedreht, dass sie als die Schuldige an dessen Tod gilt. Dafür würde die Frau guillotiniert oder zumindest lebenslang im Gefängnis bleiben. Bis wir diesen Mann haben, schwebt Hedda Rebenstock in höchster Gefahr!«
Maruhn schüttelte abwehrend den Kopf. »Ich soll Leibwächter für diese Dame spielen? Sicher ist einer Ihrer Beamten besser dazu geeignet!«
»Das glaube ich nicht. Zum einen habe ich keine Handhabe, einen Polizeibeamten zum Schutz für Frau Rebenstock abzustellen, und zum anderen sieht man meinen Leuten auf eine Meile gegen den Wind an, dass sie zur Exekutive gehören. Wenn der Mörder einen der Männer sieht, wird er sich zurückhalten und erst wieder zuschlagen, wenn er sicher sein kann, unentdeckt zu bleiben. Sie hingegen können in der Maske eines neuen Hausdieners über die Frau wachen. Keine Angst«, fuhr von Bucher fort, als er Maruhns abweisende Miene sah, »es wird sich für Sie lohnen, mein Freund. Die Dame ist reich und wird ihr Leben gewiss nicht gering einschätzen.«
Geld war etwas, das Dirk Maruhn gut brauchen konnte, zumal das Dach seines ererbten Häuschens undicht geworden war. Nicht zuletzt deswegen hatte er den Auftrag übernommen, jene Papiere zu besorgen, die ihm sein Informant an diesem Abend hätte übergeben sollen. Aber wenn er auf den Vorschlag des Staatsanwaltes einging, würde er in ersterer Sache nichts mehr unternehmen können.
Der Staatsanwalt merkte Maruhns Zweifel und bohrte weiter. »Hören Sie, mein Freund! Der Mann im Hintergrund hat Rebenstock ermorden lassen und dafür gesorgt, dass dessen Ehefrau als Hauptverdächtige galt. Sie wäre trotz oder wahrscheinlich sogar wegen ihres Leugnens auf das Schafott gekommen, wenn Sie nicht diesen Klotzke zu mir gebracht hätten. Kommt Hedda Rebenstock jetzt frei, wird der geheimnisvolle Mörder alles tun, um sie auf andere Weise aus dem Weg zu räumen.«
»Gibt es Verdächtige?«, fragte Maruhn, schon halb bereit, auf dieses Ansinnen einzugehen.
»Rebenstocks Neffen. Alle drei arbeiten in seiner Firma und sie gelten als dessen Erben. Mindestens einem von ihnen muss die Zeit bis zum Erbfall zu lang vorgekommen sein. Vielleicht können Sie herausfinden, wer von ihnen den Auftrag zum Mord gegeben hat.«
Damit packte von Bucher Dirk Maruhn an der Ehre. Auch wenn der Detektiv ein lahmes Bein besaß, so verfügte er über einen scharfen Verstand und eine rasche Kombinationsgabe. Eine solche Aufgabe musste ihn einfach reizen.
»Die Frau ist also reich?«, fragte Maruhn nach.
»Steinreich! Ich werde dafür sorgen, dass sie in unsere Abmachung einwilligt.«
Von Bucher stand auf und streckte Maruhn die Rechte entgegen. »Ich danke Ihnen, dass Sie sich bereit zeigen, mir zu helfen. Es wäre fatal, wenn ich die Frau aus dem Gefängnis entlasse, nur damit sie selbst ermordet wird.«
»Wenn der Mörder geschickt vorgeht, kann auch ich das Leben der Frau nicht retten«, erklärte Maruhn.
Doch von Bucher sah ihn strahlend an. »Wenn es Ihnen nicht gelingt, gelingt es keinem!«
Damit hatte er Maruhn endgültig an der Angel. Noch während der Detektiv überlegte, wie er vorgehen sollte, wies der Staatsanwalt einen der im Vorraum wartenden
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