Bitteres Blut
dir Bescheid, sobald was Besseres da ist«, nuschelte er vergrätzt, als sie den Flur betraten. Er war sichtlich aufgebracht und wirkte auf Lorinser wie ein in der Seele getroffener Schuljunge, dessen zur Versöhnung ausgestreckte Hand ausgeschlagen worden ist.
»Ja, mach das«, sagte Lorinser ohne jede Genugtuung, im Kopf aber noch immer die Frage, was ihn an den Bildern gestört hatte.
Sieh mal einer an, dachte Lorinser, als er unweit des Moorparkplatzes den Hinweis auf den Reit- und Fahrverein entdeckte. Genau an dieser Stelle hatte Messmann seine unangenehme Begegnung mit Böses Porsche gehabt. Hier irgendwo war der Wagen verschwunden! Vielleicht in der hinter wuchernden Büschen versteckten Einfahrt zum Gelände des Reit- und Fahrvereins?
Er lenkte den Wagen in einen betonierten Hof, auf einen verklinkerten Flachbau zu, dessen schmale Lichteinlässe, die grauen Rolltore und vor allem die aus dem roten Welldach ragenden Luftschächte auf eine ehemalige Schweinemastanlage schließen ließen. Links, auf Berglage zu, hoben sich hinter Obstbäumen wie Riesenpilze smaragdgrüne Maissilos in den dunkler werdenden Himmel. Am Ende des Stallgebäudes war der Hof mit einem hölzernen Stangenzaun und einem weißen Holztor eingegrenzt. Dahinter eine sattgrüne, von Maisfeldern umschlossene und von Wagenrädern durchpflügte Weide, auf der vier Pferde grasten.
Lorinser parkte die Isabella neben einem verstaubten Toyota Geländewagen und stieg aus. Aus Richtung der Silos dröhnte ein Trecker. Dort, halb versteckt hinter einem Wall von wild wuchernden Buschrosen, befand sich ein offener Schuppen, in dem Stroh bis unter das Dach gestapelt war. Daneben stand wie ein salutierender Soldat unter einem Wellblechdach eine verbeulte Tanksäule. Die von Insekten durchschwirrte Luft roch nach Dieselabgasen und Pferdedung. – Steckte hier irgendwo der Porsche?
»Mais, Mais, nichts weiter als verdammter Mais«, erklang die Eunuchenstimme Holtkötters. Er stand im Eingang zur Halleund musterte die Isabella aus misstrauisch zusammengekniffenen Augen. »Und jede Menge degenerierter Schweine, die den Dünger für das Mistzeug liefern und sozusagen ihre eigene Scheiße schlucken, weil sie ihnen anschließend in den Trog geworfen wird. Haben Sie die verfluchten Landschaftsmörder gesehen?«
Holtkötter, das weißhaarige Abbild eines gealterten Cowboys in brauner Lederhose, kariertem Hemd und polierten Westernstiefeln aus imitiertem Schlangenleder, stand mit verschränkten Armen hinter dem Geländewagen und deutete auf die gigantischen Windräder, die hinter Lorinser mit träge drehenden Flügeln die Luft pflügten.
Lorinser nickte ihm zu.
»Alles nur Lüge«, fistelte Holtkötter nörgelnd. »Richtig bilanziert, zahlen wir Bürger drauf. Weil die mit der Herstellung mehr Energie verbrauchen, als sie aus den verfluchten Dingern herausholen können. Nur wagt es keiner, gegen die verquaste Gutmenschenlogik der Politgangster aufzumucken. – Sie haben gesagt, dass Sie mir Ihren Dienstausweis vorlegen!«
Lorinser tat ihm den Gefallen. Pedantisch prüfte Holtkötter das Dokument, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass er es »hundsgemein« fände, wenn die neunundachtzig Namen seiner Mitgliederliste, von denen drei »wegen Tod« und elf »wegen Beitragsschuldigkeit« sowieso nicht mehr zählten, »in irgendeinem dieser kriminellen Adressenpools landeten, deren Drücker jetzt schon mit Kameraautos durch die Gegend fahren, um einem das letzte Fitzelchen der Souveränität zu nehmen. Das ganze Land geht vor die Hunde«, fügte er bitter hinzu und drohte in Richtung Maissilos, ehe er sich abrupt umdrehte und in die nach kaltem Rauch, Lederfett und schalem Bier riechende Halle trat.
Der vordere Bereich war wie eine Gaststätte eingerichtet. Im hinteren, lediglich von einem an Holzpfosten befestigten Tau getrennt, befanden sich vier schwere Kutschen, von denen der strenge Ledergeruch herüberwehte. Von der auf einer Stahlkonstruktion ruhenden Decke hingen Neonleuchten. An den Wändengerahmte Fotos, Urkunden und Wappen. Über dem Tresen ein Bord, auf dem an die zwanzig Pokale im Dämmerlicht silbrig blitzten.
Kein Porsche.
Holtkötter führte Lorinser in ein kleines, mit Eichenmöbeln und einem Kirschbaumschreibtisch voll gestelltes Büro. Dabei teilte er mit, dass, als er mit einigen Enthusiasten den Verein gegründet habe, es noch wie unter richtigen Menschen zugegangen sei. Damals habe es noch Werte und echte Kameradschaft gegeben, da habe man
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