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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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noch zusammengehalten und in die Hände gespuckt, um den Laden nach vorne zu bringen. Aber heute? Er stieß seine Worte mit einem Eifer heraus, als stände der Weltuntergang und damit die letzte Möglichkeit zur tätigen Reue bevor. »Gucken Sie sich doch das junge Unkraut an! Die und arbeiten? Nee, nee, wo die sich drauf verlassen, das ist Vater Staat, das ist Hartz vier! Die richten mit ihrer Weicheierei alles zu Grunde, das sage ich Ihnen!«
    »Sie wollten mir eine Liste Ihrer Mitglieder geben«, erinnerte ihn Lorinser, während seine Blicke über die von Hochglanzfotos gepflasterten Wände glitten. Kutschen, Männer und immer wieder Holtkötter, der breit grinsend entweder Gläser oder Pokale in die Kamera hielt. An der Wand hinter dem Schreibtisch hing ein besonders großes, das ihn, ein überdimensioniertes Hufeisen über den weiß leuchtenden Kopf stemmend, inmitten seiner Mitstreiter vor den in der Halle aufgefahrenen Kutschen zeigte. Hinter ihm, halb verdeckt, lächelte Bersenbrück, der Vater des von Böse geschwängerten Mädchens, in die Kamera. Auf dem Silber des Hufeisens spiegelten sich zwei Neonleuchten. Ein Blitz war also offensichtlich nicht verwendet worden.
    Lorinser runzelte die Stirn. Fototag, dachte er in Erinnerung an den Reinfall mit der Videoaufzeichnung der Tankstelle. Holtkötter reichte ihm die aus vier Blättern bestehende Liste.
    »Sieht ja fast so aus, als wenn Sie uns was ans Zeug flicken wollen! Wonach suchen Sie eigentlich?«
    »Nach einem gelben Porsche«, sagte Lorinser, den Blick noch immer auf dem Foto. »Und nach dem Fahrer, der ihn letzte Woche Montag gegen sieben Uhr morgens hier langgefahren hat.«
    »Es geht also um den unseligen Böse? Der steht aber nicht auf unserer Liste. Der wäre da auch nicht draufgekommen. Mit dem hatten wir Gott sei Dank auch nichts zu tun.«
    »Gott sei Dank?«
    »Toten soll man ja ihren Frieden lassen, aber …« Holtkötter hob beide Hände und schüttelte den Kopf. »Nein, nein, das hätte einen Aufstand gegeben, wenn ich den aufgenommen hätte. Aber das hat der auch nie versucht.«
    Der . Lorinser faltete die Liste und deutete auf das Foto. »Dann wäre Carola Bersenbrücks Vater auf die Barrikaden gestiegen, nicht wahr?«
    »Nicht nur der, das sage ich Ihnen! Dann wäre hier Revolution gewesen, und ich, das schwöre ich Ihnen nackend in die Hand, ich hätte sie angeführt. So ein Kerl ist einfach nicht gemeinschaftsfähig, mal davon abgesehen, dass man sich so ein Weichei nun wirklich nicht auf dem Kutschbock vorstellen kann.«
    »Ist Bersenbrück aktiv?«
    »Der ist einer unserer Besten, der bildet aus. Das ist einer vom alten Schrot und Korn.« Holtkötters Augen verengten sich. »Sie glauben doch nicht etwa, dass unser Rainer …«
    »Mit Böses Tod zu tun haben könnte?«
    »Nie und nimmer, das sage ich Ihnen! Für den lege ich meine Hand ins Feuer, und ich bin absolut sicher, dass ich sie mir nicht verbrennen werde. Nein, nein, das ist einfach absurd! Absurd, sage ich Ihnen!«
    Lorinser schob die Liste in die Seitentasche seiner Jacke. »Waren Sie letzte Woche Montag hier? Frühmorgens, gegen sieben Uhr, meine ich?«
    »Wie hätten Sie’s denn gerne? Mit Böses Porsche unterm Arsch?«
    »Wie auch immer.«
    »Nein, war ich nicht.«
    »Wer versorgt die Tiere?«
    »Die versorgen sich weitestgehend selbst, solange sie auf der Weide stehen. Ansonsten das Selbstausbeutungspotenzial unseres Vereins. Ohne Idealismus kriegen Sie einen solchen Laden nicht geschmissen. Die meisten Gespanne sind sowieso in privatem Besitz und werden von ihren Eignern in ihren eigenen oder angemieteten Ställen in Schuss gehalten. Hier«, er deutete in den Vereinsraum, »haben wir ja nur wenige Exemplare. Fünf, um genau zu sein.«
    »Können Sie feststellen, wer letzte Woche Montag Dienst tat?«
    »Dieselben Mädchen, die jetzt da sind«, sagte Holtkötter ungnädig und deutete in den Vereinsraum. »Ingelore und Martina. Da rein, in den Hof und dann so lange rechts, bis Sie den Misthaufen sehen und das Gegacker der beiden hören.« Er faltete die Hände, als wollte er Lorinser aus dem Büro beten. »Und falls Sie mich noch sprechen wollen«, fistelte er ungnädig, »finden Sie mich hier.«
    Lorinser dankte und verließ das Gebäude. Der Stall befand sich im letzten Drittel der Halle in unmittelbarer Nähe der Pferdekoppel. Ein breiter Gang, links und rechts jeweils zwölf Pferdeboxen. Fast alle geöffnet und leer. Und als Abstellplatz für einen Porsche

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