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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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funktioniert.«
    »Daran habe ich keinen Zweifel, Lorinser. Lassen Sie nur nicht zu, dass die Simmeraus dieser Welt Ihnen am Zeug flicken können. Zurückhaltung bei der Vernehmung besonders von Zeugen zahlt sich immer aus, glauben Sie mir! Und wenn Sie das Ziel nicht aus den Augen verlieren, haben Sie es bald geschafft. Meinen Segen und meine Unterstützung haben Sie.«
    Wenn das nicht sein Tag war!
    Im Büro wartete Steinbrecher, in der rechten Hand eine Tasse seines allseits gefürchteten Kräutertees. Ein ekelerregend bitteres Gesöff, von dem er sich trotz seiner vielen Wehwehchen ewige Gesundheit versprach, das ihn aber, wie es hieß, schon einige Freundschaften gekostet hatte.
    »Einfach verrückt, der Kerl«, sagte er und schlug mit der linken Hand auf die vor ihm liegende Zeitung. »Jetzt ist er mit einem Güllewagen bei denen vorgefahren und hat denen die Scheiße direkt in die Kassenhalle gepumpt.«
    Lorinser warf sich auf seinen Stuhl. »Sprichst du etwa von unserer verschwundenen Leiche?«
    »Nee, von dem Bartning, der seinen verrückten Krieg gegen die Sparkasse führt.« Er hob den Kopf und blickte Lorinser über den Rand seiner Lesebrille an. »Sag bloß, du hast noch nicht von dem gehört?«
    »Als Neubürger hat man noch die eine oder andere Bildungslücke.«
    »Dann hör mal genau zu!«
    Lorinser hörte. Aber nur mit halbem Ohr, weil seine Gedanken noch immer um das doch eher bedrohliche Gespräch mit Timmermans kreisten und er sich fragte, ob er auf Scampi und Wein zum Italiener gehen sollte. Steinbrecher berichtete von einem Unternehmer, der überzeugt war, von der Sparkasse durch unbegründete Kündigung der Kredite in den Ruin getrieben worden zu sein. Wie Ratten hätten sie ihm zuerst mit hohen Zinsen das Vermögen weggefressen, wie Schweine seien sie dann über seine Grundstücke und die Konkursmasse hergefallen. Um den Bürgern klarzumachen, dass sie es in der Sparkasse mit Ratten und Schweinen zu tun hatten, hatte er eines Tages Dutzende dieser tierischen Zeitgenossen in die Sparkasse zu den dortigen Kollegen getrieben. Das gegen ihn angestrengte Verfahren war zum Entsetzen der Geldhöker im Sande verlaufen. Das hatte ihn offenbar ermutigt, eine neue Aktion mit Elefanten und Eseln zu starten. Die Elefanten, um die Dickhäutigkeit der ehemaligen Geschäftspartner zu symbolisieren, die Esel als Spiegel der bei den Sparkassenmanagern vermuteten intellektuellen Befindlichkeit.
    »Und jetzt die Gülle! Was kann er denn damit meinen?«
    »Dass sie ihn beschissen haben und dass er ihnen mit gleicher Münze heimzahlt. Ist doch klar.«
    »Aha, Lorinsers verschwundene Leiche!«
    Lorinser drehte den Kopf in Richtung der Stimme.
    Im Türrahmen stand KHK Hildebrandt. Aus Steinbrechers Tasse schwappte die als Tee missbrauchte Medizin. Lorinserzuckte lediglich die Achseln, als die Hauptkommissarin die Tür hinter sich schloss und die beiden abwechselnd aus graugrünen Augen fragend betrachtete. Der Fall hatte sich also nicht nur herumgesprochen, er hatte auch schon seinen Namen weg. Lorinsers verschwundene Leiche. Wenn das nicht Image fördernd war!
    Und die Hildebrandt war auch so eine, mit der nicht gut Kirschen essen ist. Polizistin mit Leib und Seele, aber auch, weil es die familiäre Tradition so wollte. Schon ihr Großvater hatte im Strom von Kaiserreich, Nazidiktatur und rheinischer Demokratie für Recht und Ordnung gesorgt. Ihr Vater war in seine Fußstapfen getreten. Ihr war auch nichts Besseres als die Sicherheit einer Beamtenlaufbahn eingefallen. Im Windschatten der Quote hatte sie eine steile Karriere hingelegt. Dreißig und schon Kriminalhauptkommissarin, das war schon was. Und das mit dem Freizeit fressenden Drang nach ganz, ganz oben. Überaus hübsch trotz der angedeuteten Knautschzone an den Hüften und den leicht übergewichtigen Brüsten. Auch sie hatte den dümmlichen Spruch von Dienst und Schnaps auf ihn abgefeuert, als er sich ihr vorgestellt hatte. Mochte an der Nähe zu Kriminalrat Timmermans liegen, der sie offenkundig protegierte. Dennoch: Was ging ihn die Neugierde seiner Vorgesetzten an, wenn er gedanklich bereits auf dem Nachhauseweg war?
    »Nein, das war privat«, murmelte Steinbrecher seine lahme Erklärung, während er die Zeitung zusammenfaltete. KHK Hildebrandt nickte nur, als hätte sie nichts anderes erwartet, und wedelte mit einem Formular. »Wir haben einen Minderjährigen in der Zelle, der mit einem bisher Unbekannten den Kiosk am Bahnhof überfallen hat. Heult

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