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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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auch egal!«
    War es wohl nicht, vermutete Lorinser, als er die Trauer in ihren dunklen Augen und das Zucken ihrer Mundwinkel bemerkte. Die von Böse geschlagene Wunde mochte bereits vernarbt sein, verursachte aber immer noch Schmerzen. Jene dumpfen, an die man sich zwar irgendwann gewöhnt, die sich jedoch wie Blei aufs Gemüt legen.
    »Sie erinnern sich ausgesprochen gut.«
    »Ist ja auch noch nicht so lange her.«
    »Sie sagten, der Wagen sei langsam gefahren.«
    »So langsam, dass der andere hinter ihm abbremsen musste.«
    »Kann es sein, dass das wegen eines Schadens war? Haben Sie Dellen oder dergleichen gesehen? Hörten Sie Schleifgeräusche?«
    Carola Bersenbrück schüttelte den Kopf. »Da waren keine Geräusche, da war auch keine Beule. Wenigstens nicht an der Seite oder hinten. Nein, bestimmt nicht.«
    Lorinser schob den Stuhl zurück. »Das war’s schon«, sagte er. »Ich danke Ihnen. Es kann allerdings sein, dass wir Sie noch mal behelligen müssen.«
    »Aber bitte nicht hier!«
    »Nein, nicht hier«, versprach er und ahnte das Spießrutenlaufen, das der jungen Frau nach der Vernehmung bevorstand. Polizisten sind nur dann Freunde und Helfer, wenn sie die anderen heimsuchen. Im eigenen Haus hinterlassen sie die klebrigen Schatten des Makels. »Haben Sie eine eigene Telefonnummer?«
    »Ja«, sagte sie. »Die von meinem Handy.«
    »Besitzt Böse auch eines?«
    »Na klar.«
    »Kennen Sie die Nummer?«
    »Sogar auswendig«, sagte sie.
    Lorinser schrieb sich beide auf. Er reichte ihr die Hand. »Kopf hoch«, versuchte er sie zu trösten.

5
    Alles für nix? Hatte Dorfsheriff Bossen mit seiner Einschätzung recht, der junge Böse inszeniere eines seiner Spielchen und werde nach einiger Zeit quietschvergnügt aus der vorüber­gehenden Versenkung auftauchen? Hatte Olli Kröger Recht, wenn er behauptete, »so einer« sei zu feige und zu berechnend, den Abschied in die Ewigkeit zu nehmen? Oder führte der »Alte vom Berg« in diesem absurden Streifen Regie, in der Absicht, die Krögers wieder einmal in Misskredit zu bringen? Erreicht hatte Lorinser ihn immer noch nicht.
    Lorinser starrte verdrossen durch die Seitenscheibe in den trostlosen Hof der Festung. Im Kopf Leere, im Bauch das Gefühl wie nach einem in letzter Sekunde verlorenen Spiel seines abstiegs­­gefährdeten Favoriten VFL Bochum. Selbst die ansonsten fröhlich tschilpenden Spatzen hatten andere Spielplätze gefunden. Spürten sie, dass er sich seit der Aussage Carola Bersenbrücks wie ein Verlierer vor höhnendem Publikum fühlte? Machte er sich nicht lächerlich, wenn er angesichts der veränderten Lage stur weiter recherchierte?
    Lorinsers geklaute Leiche! Er sah es schon vor sich, das Grinsen der Kollegen, fürchtete deren Frotzeleien und Anzüglichkeiten, die ganz sicher auch durchschlugen, wenn es um zukünftige Einsätze ging. Klar, dass Steinbrechers Abfrage der Werkstätten nichts ergeben hatte. Kein zerknautschter gelber Porsche mit den Initialen Böses auf dem Nummernschild. Keine Rückmeldung der Tankstellen. War offensichtlich nicht ganz einfach, die Elektronik der Tankautomaten zu checken. War wohl auch Sache der Betreiber und nicht der Pächter, die sowieso keine Ahnung mehr hatten, wenn es um Technik oder Service ging. Die reinen Verkäufer. Die reine Pleite. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass sich das am Tatort gefundene Blut als identisch mit einer Thorsten Böse von der Verkehrspolizei im Januar abgenommenen Blutprobe erwiesen hatte.
    Lorinser nahm die nur angerauchte und erloschene Zigarette aus dem Aschenbecher und zündete sie an. Ätzend der Rauch. Aber die Dinger kosteten, und es wäre die reine Verschwendung, fast dreißig Cent wegzuschmeißen, hätte seine Mutter gesagt. Die hatte in der schlechten Zeit gelernt, auch die letzten Reste zu verwerten. Daran hatte sich allerdings auch nichts geändert, als es besser wurde. Angewidert zerdrückte Lorinser die Kippe und drehte wenig später den Zündschlüssel. Im gleichen Augenblick sah er den grauen Volvo in der Wegeinmündung.
    Der Wagen, offenbar frisch gewaschen, kroch mit dröhnendem Motor heran und stoppte. Die Seitenscheibe glitt herab. Wolfhardt Böse schob den hochroten Kopf heraus und drohte mit der linken Faust. »Sehen Sie nicht, dass Sie mein Eigentum blockieren, Sie Döspaddel!«
    Lorinser löste die Handbremse und ließ den Wagen rollen. Nach einigen Metern bremste er und stieg aus. Böse starrte ihn aus funkelnden Augen an.
    »Ach, Sie sind das!«,

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