Bitteres Geheimnis
eine Heirat nicht in Frage kommt -« er machte eine kurze Pause, um ihre Gesichter zu mustern - »bleiben Ihnen nur zwei Möglichkeiten. Entweder Sie behalten Mary zu Hause, oder Sie geben sie fort, bis das Kind geboren ist.«
»Was soll das heißen?« fragte Ted erschrocken. »Sie weggeben?«
»Meiner Ansicht nach wäre es für Mary das Beste, wenn sie an einen Ort käme, wo sie unter ständiger Aufsicht und Fürsorge ist.«
Er beobachtete die drei Gesichter. Am längsten ruhte sein Blick auf dem Pater Crispins. Er konnte dem Mann ansehen, daß er äußerst erregt war, und er konnte sich auch denken, warum. Nach allem, was er gehört hatte, war Mary Ann McFarland das Muster einer guten Katholikin, hatte dem Gemeindegeistlichen stets getreulich alle ihre Sünden, auch die peinlichsten und geheimsten, gebeichtet. Und doch hatte sie diese eine zum Kummer des Priesters verschwiegen.
»Dr. Wade«, sagte Pater Crispin nach längerem Schweigen, »ich weiß nicht, wozu Sie Mr. und Mrs. McFarland raten werden, aber ich möchte doch sagen, daß mich diese Geschichte tief bestürzt und ich darum einen Vorschlag machen würde.«
»Gern, Pater. Ihr Beistand ist mir, wie ich schon sagte, sehr willkommen. «
»Gut«, sagte Pater Crispin, »dann würde ich folgendes vorschlagen.«
8
»Guten Tag, Dr. Wade. Ich bin Dorothy Henderson. Ich freue mich, Sie kennenzulernen.«
Jonas Wade nahm die dargebotene Hand. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie sich die Zeit nehmen, Dr. Henderson.«
»Es ist mir ein Vergnügen. Bitte, kommen Sie.«
Wades erster Gedanke war: gutaussehend. Dr. Dorothy Henderson war eine gutaussehende Frau. Als er ihr in ihr Labor folgte, ergänzte er sein Urteil: aristokratisch, eine königliche Hoheit im Exil. Stolz und gerade wie eine Prinzessin schritt sie vor ihm her. Ihr Gang war harmonisch und anmutig, ihre Gestalt schlank und von jugendlicher Beweglichkeit, obwohl sie gewiß keinen Tag jünger war als fünfzig. Das volle kastanienbraune Haar war in der Mitte gescheitelt und im Nacken zu einem dicken Knoten geschlungen; eine Primaballerina, die .ihren Höhepunkt überschritten hatte. Sie drehte sich um und sah ihn lächelnd an. Die grünen Augen blitzten lebhaft, die Haut ihres Gesichts war zart und hatte einen natürlichen rosigen Schimmer, aber sie war auch gezeichnet vom Leben - eine Schauspielerin, die den Glanz ihrer Karriere genossen hatte und nun ohne Groll dem Nachwuchs Platz machte. Ihre Stimme, als sie sprach, war überraschend kräftig und voll; diese Frau hatte niemals flüstern müssen - ein Opernstar, eine Politikerin im Licht der Öffentlichkeit. Man konnte sich Dorothy Henderson in allen möglichen Rollen vorstellen, fand Jonas, während sie ihm das Labor zeigte, nur nicht als Wissenschaftlerin.
»Hat Bernie Ihnen erklärt, was wir hier machen, Dr. Wade?«
»Nein, ich habe keine Ahnung.«
»Können Sie sich unter klonen etwas vorstellen?«
Er sah sich in dem kleinen Labor um, wo zwei Assistentinnen schweigend an ihren Tischen arbeiteten, musterte die Geräte, registrierte die durchdringenden, undefinierbaren Gerüche, hörte das Summen eines Inkubators und das leise, regelmäßige Ticken eines Spektrometers.
»Das Wort ist mir bekannt. Geht es dabei nicht um die Erschaffung von Leben im Reagenzglas?«
»Ich will es Ihnen zunächst einmal wörtlich übersetzen, Dr. Wade. Klon ist griechisch und bedeutet Menge oder Gedränge. Ein Klon ist eine große Gruppe eines Dings. Wir haben für unsere Zwecke die Bedeutung des Wortes ein wenig verzerrt. In der Wissenschaft sind Klone Gruppen erbgleicher Organismen, die durch ungeschlechtliche Fortpflanzung entstanden sind.«
Wades Blick fiel auf eine Reihe von Glaskästen, die in der Mitte des Raums standen. Sie waren mit Maschendrahtgittern zugedeckt und etwa fünf Zentimeter hoch mit trübem Wasser gefüllt, Kolonien von Fröschen tummelten sich in diesen Aquarien.
»Verkürzt gesagt, tun wir hier folgendes, Dr. Wade. Wir reproduzieren auf dem Weg der ungeschlechtlichen Fortpflanzung Generationen von Fröschen aus einem einzigen Elternfrosch. Das erreichen wir, indem wir den Kern einer differenzierten Zelle, die wir dem Körper eines Froschs entnommen haben, in das Zytoplasma eines Froscheis einpflanzen, das wir dann zum Wachstum bringen. Das Ergebnis ist dann ein ausgereiftes Duplikat des ersten Froschs. «
Sie ging ihm voraus durch das Labor wie ein Museumsführer, zeigte ihm Apparate und Geräte und erklärte
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