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Bitterfotze

Bitterfotze

Titel: Bitterfotze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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reden!«, antwortete Suzanne.
    Ich werde immer misstrauisch, wenn Leute davon anfangen, wie viel schlimmer alles in anderen Kulturen ist. Ich habe es nur zu oft von Menschen gehört, die damit Ungerechtigkeiten in Schweden relativieren wollen. Sie brauchen es als Argument, damit wir uns mit den errungenen Erfolgen zufriedengeben. Und ich fragte mich, ob ausgerechnet Suzanne Brøgger von Pia Kjaersgaards rassistischen Botschaften beeinflusst worden ist.
    »Ich finde schon, dass auch wir in einem Patriarchat leben«, sagte ich.
    »Ja, alles ist ja relativ, aber du kannst leben, wie du willst, ohne umgebracht zu werden. Das können sie nicht. Ich meine, wenn das Patriarchat noch existiert, dann in uns selbst in Form von Mechanismen, mit denen wir uns selbst unterdrücken«, antwortete Suzanne.
    »Aber ich finde, auch in Schweden und Dänemark kann man es noch ziemlich deutlich sehen. In Form von Frauen, die von ihren Männern zu Tode misshandelt oder vergewaltigt werden. Die meisten Frauen können die Unterdrückung des Patriarchats ganz konkret sehen und erfahren«, betonte ich. Es ist, wie gesagt, eines meiner Steckenpferde. Die Unterdrückung nimmt in den unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Formen an, aber der Ursprung ist der gleiche: das Patriarchat. Oder Geschlechtermacht. Oder die Macht von Männern über Frauen oder wie man es nun nennen will.
    »Ja, das stimmt«, sagte Suzanne, »und die Männer rächen sich für die Fortschritte des Feminismus. Die Gewalt gegen Frauen hat zugenommen«, fuhr sie fort und ich merkte, wie kindisch glücklich ich war, dass wir uns wenigstens in einem Punkt einig waren.
    Aber dann machte ich alles wieder kaputt, als ich sie fragte, ob sie glückliche Paare kenne. In … sondern erlöse uns von der Liebe war nämlich einer der Gründe, warum sie nicht an die Zweisamkeit glaubte, die Tatsache, dass sie kein einziges glückliches Paar kannte.
    Suzanne antwortete, sie sei selbst ein Beispiel dafür, dass glückliche Zweisamkeit gut funktionieren könne, und sie selbst wolle noch eine Weile daran festhalten.
    »Aber«, sagte sie, »es ist leichter, mit jemandem zusammenzuleben, wenn man älter ist, ein Begriff wie Dankbarkeit kommt ja erst, wenn man älter ist.«
    »Bist du dankbar?«, fragte ich.
    »Ja«, antwortete Suzanne schlicht.
    »Wofür bist du dankbar?«, fragte ich.
    »Ich bin dankbar dafür, dass ich lebe, dass es Zärtlichkeit gibt und dass niemand, den ich liebe, krank ist oder im Sterben liegt. Dafür bin ich dankbar«, sagte Suzanne und sah froh aus.
    Ich schaute in die Teetasse und schämte mich, dass ich meine Enttäuschung nicht mehr verbergen konnte. Ich hatte viel von unserer Begegnung erwartet, aber nicht, dass sie dankbar sein würde.
    Vielleicht sah sie meine Enttäuschung und deutete sie falsch, oder meine eventuellen Erwartungen waren ihr scheißegal, denn plötzlich erzählte sie fröhlich von einem Lied, an dem sie arbeitete, es handelte von einem Mann, der 48 Dinge konnte.
    »Was für 48 Dinge?«, fragte ich.
    »Mein Fax warten, meine Bäume schneiden, meinen Computer flott machen, das Auto tanken und immer wieder den richtigen Weg finden … ich habe es vergessen, aber es waren 48 Dinge, und das, finde ich, reicht. 48 Dinge. Das genügt«, sagte Suzanne.
    Unser Tee war kalt geworden, und ich hatte das Gefühl, wir wussten nicht mehr so recht, worüber wir stritten. Ich fragte mich, ob ich überhaupt ein einziges ihrer dänischen Worte verstanden hatte. Vielleicht waren wir uns in allem einig und hatten nur aneinander vorbeigeredet? Reine Sprachverwirrung? Egal wie, zu vieles drehte sich in meinem Kopf, und es war Zeit, zum Ende zu kommen.
    »Ja, 48 Dinge sind vielleicht genug«, sagte ich halb mürrisch, obwohl ich gar nicht ihrer Meinung war, ich fand es bloß blöd. Ergaben die 48 Dinge irgendeinen symbolischen Sinn, den ich nicht verstand?
    »Ich bin nur irgendwie ungeduldig, dass wir in den vergangenen dreißig Jahren seit … sondern erlöse uns von der Liebe nicht weitergekommen sind«, versuchte ich es ein letztes Mal.
    »Vielleicht liegt es daran, dass mit den Männern nicht genug passiert ist«, antwortete Suzanne.
    »Ja, die sollte man mal untersuchen!«, sagte ich.
    »Ja. Oder vielleicht sollten sie sich selber untersuchen, denn mit den Frauen ist im Gegensatz zu den Männern ja so viel passiert. Die Männer dachten wohl, sie bräuchten nichts zu machen. In der Ehe kann man diesen Kampf nicht ausfechten. Es ist schon schwierig genug, die

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