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Bitterfotze

Bitterfotze

Titel: Bitterfotze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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deine Gedanken nicht lesen kann. Ich weiß nicht, warum du so ’ne Wut im Bauch hast. Ich kann nicht jeden Wunsch von dir erraten. Wenn du das von einer Frau verlangst, dann hast du die falsche Frau.«
»Das verlange ich natürlich nicht.«
»Was ist es denn? Sag es mir doch bitte.«
»Das solltest du auch so wissen.«
»Großer Gott, erwartest du im Ernst von mir, dass ich Gedanken lesen kann? Ist das die Bemutterung, die du dir vorstellst?«
    Und so geht es weiter. Isadora onaniert und weint sich in den Schlaf, während Bennett mit dem Rücken zu ihr schläft. Und ich wünschte, Isadora könnte mich anrufen, und ich könnte ihr erzählen, was ich in Carin Holmbergs Buch Man nennt es Liebe gelesen habe. Carin Holmberg verwendet den Begriff »Mikromacht«. Im Mangel an Erwiderung, meint sie, drückt sich männliche Macht am deutlichsten aus. Indem ein Mann nicht antwortet, zwingt er die Frau zur Unterordnung, und sie wird zur Nichtperson. Zu schweigen ist eine Form der Distanzierung, was die Frau zur Empathie zwingt, damit sie die Gefühlslagen und Probleme des Mannes versteht. Das bedeutet auch, dass sie sich aktiv auf ihn bezieht, während er sich nicht im gleichen Umfang auf sie bezieht.
    Als ich das zum ersten Mal las, musste ich weinen, so sehr hat mich die Klarsichtigkeit von Carin Holmbergs Analyse getroffen.
    »Verdammter Autist!«, fauchte ich Johan einmal an, als ich ihm dreimal eine Frage gestellt hatte, ohne eine Antwort zu bekommen. Wir hatten einen Großeinkauf gemacht, und er kontrollierte den Kassenzettel.
»Weißt du, wo der Spinat ist?«, fragte ich.
    Keine Antwort.
    »Johan! Weißt du, wo der Spinat ist?«, fragte ich erneut.
    Er starrte weiter auf den Kassenzettel, ohne zu antworten oder auch nur den Kopf zu heben und mich anzuschauen.
    »Weißt du, wo der Spinat ist!«, schrie ich nun viel zu laut und hysterisch. Die Kassiererin blickte mich erstaunt an, aber nun schaute Johan endlich von seinem Kassenzettel hoch.
    »Schrei nicht so! Siehst du nicht, dass ich den Kassenzettel kontrolliere?«, sagte er ärgerlich.
    »Verdammter Autist!«, sagte ich wütend und ließ ihn mit allen Tüten und seinem verfluchten Kassenzettel stehen.
    Gibt es mich überhaupt?, dachte ich, als ich zum Auto ging, und das Gefühl von Erniedrigung wurde immer stärker. Denn ich bin sicher, egal, wie beschäftigt ich auch mit einem Kassenzettel, mit Sigge, einem Buch, dem Fernseher oder was auch immer wäre, wenn er eine Frage stellte, würde ich antworten. Allzeit bereit!
    Allzeit bereit zur Konversation, wenn ein peinliches Schweigen entsteht. Ich hasse das Schweigen, weil es bedeuten kann, dass wir eigentlich unglücklich sind.
    Wenn Johan in seiner schweigsamen Emotionslosigkeit verschwindet und ich ihn frage, was los ist, dann antwortet er immer, dass nichts ist. Er macht zwar keine kryptischen Andeutungen wie Bennett, dass ich es mir wohl denken könne. Aber obwohl er mir versichert, dass nichts ist, sagt sein schmollendes Schweigen merkwürdigerweise etwas ganz anderes. Der kleine Zweifel, der dadurch entsteht, macht es unmöglich, gleichgültig zu sein.
    Manchmal versuche ich, mich zu verhalten wie er, ich warte ein paar Sekunden mit der Antwort, gerade so lange, dass er unsicher wird. Ich zwinge ihn, die Frage zu wiederholen, und fahre fort mit dem, womit ich so beschäftigt bin, gebe vor, ihn nicht richtig verstanden zu haben. Und interessanterweise reagiert er mit der gleichen Unsicherheit wie ich. Und interessanterweise empfinde ich dabei eine sichere Ruhe.
    Sein Schweigen ist oft am Morgen am größten. Ein Schweigen, das von seiner Müdigkeit und seiner Morgenmuffeligkeit kommt, behauptet er. Er sei schon immer ein Morgenmuffel gewesen. Lange habe ich diese Erklärung akzeptiert und mich über sein Schweigen geärgert, ebenso wie über seinen guten Nachtschlaf, bis ich Ohrstöpsel entdeckte.
    Ich war von Anfang an beeindruckt und neidisch auf Johan, weil er so gut schläft. Er kann einschlafen, auch wenn es taghell im Zimmer ist und das Radio läuft. Nichts scheint ihn zu stören.
    Er hat die Fähigkeit, seine Umgebung auszuschließen.
    Als Sigge geboren wurde, hat es mich jedes Mal geärgert, wenn er fragte, wie die Nacht war. Hatte er nicht mitbekommen, dass ich fünfmal auf war und Sigge gewickelt und gefüttert habe? Dass ich höchstens zwei Stunden zusammenhängend schlafen konnte?
    Wenn Johan an der Reihe war, Sigge nachts zu nehmen, wachte ich jedes Mal auf, wenn er mit Sigge aufstand. Oft wachte ich

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