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Bitterfotze

Bitterfotze

Titel: Bitterfotze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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sogar vor ihm von Sigges Weinen auf und musste ihn wecken.
    So war es, bis mein Leben durch wunderbare kleine Schaumgummistückchen bereichert wurde, die man Ohrstöpsel nennt. Eine Freundin mit den gleichen Erfahrungen gab mir den Tipp, und plötzlich wurde alles still um mich. Endlich konnte ich mir die Ohrstöpsel in die Ohren stecken, Johan gute Nacht sagen und in einer wunderbaren Stille versinken. So konnte ich die Verantwortung ganz übergeben, nicht nur halb wie bisher. Plötzlich schlief ich die ganze Nacht und wachte nicht ein einziges Mal auf, wenn Johan mit Sigge aufstand.
    Die Nächte, in denen ich an der Reihe mit Sigge war, verblieben schlaflos, aber jetzt konnte ich wenigstens jede zweite Nacht schlafen. Jetzt fragte ich fröhlich, wie die Nacht gewesen war, und Johan erzählte ärgerlich, dass er zwischen zwölf und sechs alle zwei Stunden auf gewesen war.
    Ohrstöpsel sind ein Gottesgeschenk für Frauen. Manchmal, wenn Johan morgens besonders verschlossen war, habe ich die Ohrstöpsel während des gesamten Frühstücks dringelassen. Ich habe mir gestattet, in meiner wunderbaren stillen Welt zu bleiben, die Zeitung zu lesen und zu warten, bis der Kaffee mich langsam weckte. Habe mich in einen Artikel vertieft und nicht sofort auf Sigges Geplärre reagiert. Habe langsam meinen Kaffee getrunken und leer auf Johans Lippen geschaut, wenn er etwas zu mir sagte.
    »Was?«, habe ich gefragt. »Was hast du gesagt?«
    Ich habe die Ohrstöpsel dringelassen und war genauso abgeschaltet und schweigsam wie er, bis er frustriert fragte, was mit mir sei.
    »Nichts. Es ist nichts, wirklich nichts«, habe ich geantwortet und weiter die Zeitung gelesen.
    Eine Möglichkeit, das Gleichgewicht herzustellen, er schiebt es auf seine Morgenmuffeligkeit, ich auf meine Ohrstöpsel.
    Manchmal denke ich, die einzige Möglichkeit, Gleichberechtigung zu erreichen, ist, das Verhalten und die Starallüren der Männer zu übernehmen. Das ist nicht lustig, aber vielleicht eine notwendige Maßnahme. Dass Frauen wirklich die Verantwortung abgeben müssen, sich gestatten, genauso schlampig, vergesslich und egoistisch zu werden wie ihre Männer.
    Jedes Mal, wenn ich mit der U-Bahn oder dem Bus nach Hause fahre, höre ich mindestens einen Mann, der zu Hause anruft und fragt, was er einkaufen soll.
    »Hallo, Liebes! Kannst du bitte die Mama fragen, welchen Fisch ich kaufen soll … Ja … Mhm … okay, und kannst du sie fragen, ob es sonst noch was war?«
    Sie ist sein privater, bequemer PC – Speicher. Sie muss in ihrem Gehirn Platz schaffen für die Information, welche Lebensmittel eingekauft werden müssen. Platz, den sie für wesentlich Wichtigeres oder Interessanteres verwenden könnte als die Frage, welchen Fisch er einkaufen soll. Sie speichert es an einem sicheren Ort, er muss nur zu Hause anrufen, wenn er die Informationen benötigt.
    Ich habe noch nie gehört, dass eine Frau zu Hause anruft und ihren Mann das Gleiche fragt. Und ich frage mich, was wohl passiert, wenn ihre Festplatte voll ist! Wenn sie abstürzt. Ein kleiner Tagtraum, dass sie eines Tages ganz andere Antworten gibt.
    »Wir brauchen Schokolade mit hohem Kakaogehalt, Rotwein und mehr Liebe, mehr Zärtlichkeit, mehr Zeit füreinander, und übrigens würde ich gerne einen Tangokurs mit dir machen!«
    Oder dass sie nur kichert und sagt, sie habe nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung, was sie brauchen.

[Menü]  
    ORANGENMÄNNER
    Ich wache mitten in der Nacht auf, weil ich friere. Ich bin erfüllt von einem merkwürdigen Traum. Ich habe geträumt, meine Großmutter würde mich abends um acht Uhr töten. Sie kündigte es am Nachmittag mit drohender, aufgeregter Stimme an, und mir war klar, dass sie es ernst meinte, und ich bekam Angst, trotz ihrer körperlichen Hinfälligkeit. Ich hatte sie irgendwie enttäuscht. So oft, dass es reichte. Ich ging nach Hause (in meinen Träumen leben meine Eltern fast immer noch zusammen) und erzählte von Großmutters Morddrohung.
    »Oh je«, sagte meine Mutter bekümmert.
    Mein Vater zündete sich eine Zigarette an und ging mit verkniffenem Mund in ein anderes Zimmer. Dann passierte viele Stunden gar nichts.
    »Aber versteht ihr denn nicht?«, sagte ich verzweifelt, »sie kommt um acht Uhr hierher, um mich zu töten!«
    »Ja, schrecklich, dass sie so wütend geworden ist«, sagte Mutter in der Küche und räumte weiter das Geschirr weg. Vater sagte immer noch nichts, er ging hinaus in die Garage und schloss hinter sich ab.
    Als

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