Bittersuess
dasselbe denken.“
„Nein, das würdest du nicht“, ich schüttele nur den Kopf, dann drehe ich mich noch einmal zu meinen Eltern um.
„Ich kann verstehen, dass ihr verwirrt seid. Vielleicht können wir ja morgen noch einmal darüber reden. In aller Ruhe. Bitte Mama, bitte Papa“, sage ich flehend in ihre Richtung.
„Begib dich in eine Therapie, Stella. Und werde wieder normal. Dann können wir reden“, sagt mein Vater nur mit kalter Stimme.
Ich schüttele fassungslos den Kopf und gehe mit Nicolas hinaus.
Draußen angekommen, folgt Jonas uns.
„Stella, das tut mir alles so leid. Ich werde mit ihnen reden, okay?“, sagt er zornig und ich sehe ebenfalls die Tränen in seinen Augen, nur er weint aus Wut.
„Streite dich nicht auch noch mit ihnen“, ich umarme ihn fest. „Ich habe meine Entscheidung getroffen – und du kannst ihnen gerne ausrichten, dass ich noch nie die Dinge so klar gesehen habe, wie jetzt in diesem Augenblick.“
„Lass mich fahren“, sagt Nicolas nur und ich gebe ihm zitternd die Autoschlüssel.
„Stella – willst du nicht noch einmal hineingehen?“, fragt er mich sanft. „Es sind deine Eltern…“
„Nein“, ich schüttele den Kopf. „Es tut mir so unendlich leid, was mein Vater da gesagt hat. Ich habe damit nicht gerechnet, wirklich nicht.“
„Aber ich. Für ihn ist das alles klar und logisch, Stella. An seiner Stelle würde ich auch alles versuchen, um meine Tochter von Menschen wie mir fernzuhalten“, ich höre die Traurigkeit in seiner Stimme. „Und er hat sogar Recht – ich habe dir Schlimmes angetan.“
„Hast du nicht und das weißt du auch! Bitte fahr jetzt, ja?“
Nicolas antwortet nicht und steuert das Auto die Auffahrt hinunter. Als wir in meiner Wohnung angekommen sind, nimmt er mich fest in seine Arme. „Ich liebe dich, Stella“, flüstert er immer wieder an meinem Hals.
„Ich liebe dich auch“, antworte ich leise, dann kann ich meine Tränen nicht mehr stoppen. Es ist mir peinlich, aber ein Weinkrampf nach dem anderen schüttelt meinen Körper. Ich kann mich nicht mehr auf den Beinen halten, Nicolas trägt mich in mein Bett und legt sich zu mir. Er hält mich in seinen Armen und ich kralle mich an ihm fest. Ich bin so unglaublich traurig und sehr, sehr enttäuscht. Muss ich mich jetzt zwischen meinen Eltern und Nicolas entscheiden? Soll es das wirklich gewesen sein?
Warum kann ich nicht einfach mit Nicolas glücklich sein? Warum kann es nicht aufhören, kompliziert zu sein?
Aber ich habe Nicolas, das hämmere ich mir immer wieder in meinen Kopf. Er ist das Wichtigste auf der Welt für mich. Er und Jonas. Ich habe diese beiden, das ist schon sehr viel wert.
Ich will aufstehen, doch ich kann nicht, ich hab irgendwie überhaupt keine Kraft mehr. Es ist so, als ob das letzte bisschen Energie komplett aus mir heraus gesogen wurde.
Nicolas streichelt mi r über den Rücken, küsst mich immer wieder zärtlich und flüstert mir spanische Koseworte ins Ohr.
„Ich kann nicht mehr“, murmele ich leise.
„Schlaf ein bisschen, mein Engel“, antwortet er nur.
Ich muss tatsächlich eingeschlafen sein, denn ein Albtraum lässt mich laut aufschreien. Diese Träume kommen nicht mehr so regelmäßig, in Argentinien haben sie nach einiger Zeit nachgelassen. Aber der gerade war sehr heftig und ich zittere richtig.
Ich schaue mich nach Nicolas um, er ist nicht mit im Bett. Mit wackligen Beinen stehe ich auf, ich bemerke, dass die Tür zum Balkon auf ist und die kalte Dezemberluft weht hinein.
Es ist schon dunkel und ich sehe nur seinen Umriss am Geländer.
Ich gehe zu ihm, er scheint mich noch gar nicht wahrgenommen zu haben. Vorsichtig lege ich meine Arme von hinten um ihn herum, er zuckt richtig zusammen.
„Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken…“
Er dreht sich um und ich sehe zu meinem Entsetzen, dass er weint.
„Was ist?“, frage ich ihn besorgt und mein Herz klopft wie verrückt. Ich habe Angst, totale Angst.
„Seit ich in dein Leben gekommen bin, hab ich dir nur Unglück gebracht, mi corazón“, sagt er traurig. „Ich sollte dich freigeben – und du solltest hier noch einmal neu anfangen.“
„Hör auf, ich will so was nicht hören, Nicolas ! Du hast mir kein Unglück gebracht – im Gegenteil. Mir dir habe ich die schönste Zeit meines Lebens verbracht.“
„Und jetzt stehst du vor einem großen Trümmerhaufen. Wenn dein Vater das durchzieht, hast du nichts mehr“, er streichelt traurig über meine
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