Bittersuess
weiß ganz genau, dass diese Geheimniskrämerei Nicolas wahnsinnig macht.
Aber zumindest hat er mit den Männer n Ablenkung und es macht ihm Spaß, mit Jonas und Markus, der noch nie auf einem Pferd gesessen hat, auszureiten.
Und nun ist er also endlich da – m ein Hochzeitstag.
Ich kann es irgendwie noch gar nicht richtig fassen, dass Nicolas wirklich mein Mann werden wird.
Als wir uns am morgen treffen, gesteht er mir, dass er die Nacht vor Aufregung kein Auge zugemacht hat. Er musste im Haupthaus schlafen und war darüber zunächst stinksauer gewesen, aber alles maulen half ihm nicht. Christine, Marta und Lucia waren da unerbittlich.
Wir fahren in ein kleines Städtchen in der Umgebung und heiraten dort standesamtlich. Es ist genauso förmlich wie in Deutschland, trotzdem bin ich sehr berührt.
Jonas ist mein Trauzeuge, auch er wirkt sehr gerührt und als Christine ihrem Sohn gratuliert, weinen nicht nur Nicolas und sie.
„Werde glücklich mein Junge. Ich weiß, dass du es besser hinbekommen wirst, als dein Vater und ich“, höre ich sie flüstern.
Anschließend fahren wir zurück zum Gestüt. Es ist ein kleiner Imbiss vorbereitet, bevor es am Nachmittag dann zur Kirche geht.
Nicolas fährt mit seiner Familie und den anderen schon vor um die weiteren Gäste an der Kirche zu empfangen, von den engeren Freunden bleiben nur Jenny und Juan noch bei mir auf dem Gestüt. Wir werden uns eine Stunde später auf den Weg machen, und Nicolas hat Juan mit den schlimmsten Flüchen belegt, falls er uns nicht vorsichtig genug chauffiert.
Ich betrachte mich im Spiegel und kann es kaum fassen, dass ich es bin, die mir da entgegenschaut. Das Kleid sitzt wirklich perfekt, Marta hat mich quasi darin eingenäht, weil ich noch ein paar Pfunde vor lauter Aufregung verloren habe. Natürlich hat sie sehr mit mir geschimpft deswegen, aber ich konnte einfach nicht viel essen.
Über meinem Gesicht ist der zarte Schleier und meine Schultern werden von einer leichten Stola bedeckt, damit Pater Enrique auch besänftigt ist.
Jenny überprüft noch einmal mein Make-up und lächelt mir zufrieden zu. „Du bist wunderschön, Stella“, strahlt sie mich an. „Und du hast einen hinreißenden Mann…“
„Ja, den hab ich“, lache ich glücklich.
Ein Brummen lässt uns stutzig werden. Es wird immer lauter und ich höre, dass die Pferde draußen nervös wiehern.
Jenny und ich schauen uns verstört an, dann gehen wir rasch ans Fenster. Ich traue meinen Augen nicht, als ich den Helikopter sehe, der mit einem Mordsgetöse heranrauscht.
Ich schlucke heftig und spüre, wie ich beginne zu zittern.
‚Das kann nicht sein’ , denke ich geschockt und schaue wie in Trance zu, wie der Hubschrauber auf einer flachen Weide zur Landung ansetzt.
„Glaubst du… also… meinst du, das ist…“, stammelt Jenny heiser.
„Ja“, antworte ich nur. „Das kann nur einer sein.“
Ich bin unfähig , mich auch nur irgendwie zu rühren, bin völlig erstarrt.
‚Was will er hier?’ , frage ich mich immer wieder die ganze Zeit. ‚Will er mich in den Helikopter zerren und mitnehmen? Dazu ist es zu spät, ich bin schon Nicolas’ Frau’ , beruhige ich mich dann selbst.
Juan und noch ein Angestellter des Gestüts laufen hastig zu dem Hubschrauber hin. Ich kann erkennen, dass mein Vater aussteigt und mit ihnen redet. Er scheint sehr aufgeregt zu sein, denn er gestikuliert lebhaft mit den Armen, das macht er normalerweise nie, dann laufen die Männer auf das Haupthaus zu.
„Wir sollten besser mal hinuntergehen“, sagt Jenny leise. Ich höre deutlich die Unsicherheit in ihrer Stimme.
„Ja“, antworte ich nur heiser.
Sie hilft mir mit dem Kleid und der Schleppe, dann warten wir in der Halle. Jenny nimmt meine Hand und drückt sie leicht, sie hat genauso eiskalte Finger wie ich.
Die Türe öffnet sich und Juan, gefolgt von meinem Vater, treten ein. Meine Knie sind wie aus Pudding und mein Herz überschlägt sich fast. In der letzten Zeit konnte ich immer sehr nüchtern und klar denken, wenn es um meine Eltern ging. Und ich habe auch kein einziges Mal mehr geweint - aber das ist jetzt schlagartig vorbei.
Mein Vater steht mir gegenüber und in mir tobt das absolute Gefühlschaos.
„Stella“, sagt er mit einer ganz kratzigen Stimme. Dann mustert er mich von oben bis unten. „Mein Gott, du bist einfach wunderschön…“
Ich kann nicht antworten, sondern schaue ihn nur fragend an.
‚Sag endlich was!’ , befehle ich mir. Ich bemühe
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