Bittersuess
gar nicht bemerkt. Zuerst will ich zu ihm gehen, doch dann beschließe ich, ihn in Ruhe zu lassen.
Doch auch ich finde keinen Schlaf. Was ist, wenn er Recht hat? Wenn wirklich etwas passiert mit dem Baby? Die nächste Stadt ist ein gutes Stück entfernt, von einer großen Klinik mal ganz zu schweigen. Ich bekomme ein mulmiges Gefühl, dann schimpfe ich aber mit mir selbst.
Ich höre, dass Nicolas zurück ins Schlafzimmer kommt, ich gebe erstmal nicht zu erkennen, dass ich noch wach bin.
Er zieht mich ganz behutsam in seine Arme und streichelt sachte über meinen Rücken.
„Nicolas?“, flüstere ich dann leise.
Er zuckt ein bisschen zusammen. „Hey Stella, du bist ja wach…“, murmelt er und küsst mich auf die Stirn.
„Genauso wie du“, sage ich mit krächzender Stimme. „Was ist los?“
„Nichts, mi corazón, gar nichts . Ich hab nur nachgedacht.“
„Und worüber? Über die Schwangerschaft?“
„Ja, natürlich. Ich freue mich schon so auf unser Baby“, seine Stimme klingt ganz rau. Ich werde das Gefühl nicht los, dass da noch etwas anderes ist, aber ich frage nicht weiter nach. Seine Sorgen haben mich mehr beunruhigt, als ich das eigentlich wollte.
Irgendwann schlafe ich schließlich ein.
In den nächsten Tagen macht sich Übelkeit bei mir bemerkbar, Nicolas verhält sich ganz vorbildlich und bringt mir jedes Mal etwas zu essen ans Bett und etwas Tee. Seine Fürsorge rührt mich und mit jedem Tag, den die Schwangerschaft hält, werde ich auch zuversichtlicher. Es wird nichts passieren, die Sorgen waren unbegründet.
Lucia und Marta kommen ebenfalls täglich vorbei um nach mir zu sehen und bringen mir frisches Obst und Gemüse .
Ich freue mich, dass sie mich besuchen, auch wenn ich schon ganz gut selbst für mich sorgen kann.
Und meine Mutter und Jenny rufen beinahe jeden Tag an und erkundigen sich nach mir.
Gott sei Dank hört die Übelkeit nach den ersten Wochen auf und ich fühle mich wieder fitter. Auch Nicolas wirkt etwas entspannter.
Nur was mir fast schon richtig unangenehm ist: Ich habe ständig Lust – also noch mehr als sonst schon. Sehnsüchtig warte ich oft darauf, dass Nicolas nach Hause kommt und dann begrüße ich ihn sehr leidenschaftlich – und er geht nur allzu gerne darauf ein.
Nicolas liebt meinen ständig wachsenden Bauch und verwöhnt diesen mit Küssen und Streicheleinheiten. Und er fährt mit mir alle zwei Wochen zu Ricardo, davon ist Nicolas nicht abzuhalten, auch wenn Lucia und Marta das als übertriebene Fürsorge sehen.
Wir sind heute zum Abendessen bei ihnen eingeladen und das Thema ist wieder einmal meine Schwangerschaft und Nicolas’ Bedenken.
„Wir sind alle hier geboren worden, Nicolas“, versuc ht Lucia ihn wieder zu beruhigen.
„Und was soll das heißen ?“, giftet mein Mann zurück.
„Das soll heißen, dass du nicht immer wie ein nervöser Gockel um Stella herumspringen sollst“, mischt sich Marta ein. „Wir alle haben schon Kindern auf die Welt geholfen.“
„Jede Geburt ist anders“, Nicolas schüttelt den Kopf, ich greife nach seiner Hand und streichele darüber.
„Warum bist du immer so besorgt?“, ich kann nicht behaupten, dass mich das gerade beruhigt.
„Stella, ich weiß , es gibt da überhaupt keinen Grund für. Du bist in der dreiundzwanzigsten Woche und es geht dir gut, alles ist okay. Ich kann mich auch nur immer wieder entschuldigen, aber ich kann nicht aus meiner Haut“, er sieht mich mit bittendem Blick an und küsst zärtlich meine Hand.
„Und wenn alle Stricke reißen, holst du eben das Kind“, fügt Marta an.
Nicolas reißt entsetzt die Augen auf. „Wir reden hier von Stella und nicht von einer Kuh, der ich den Bauch aufschneide !“
Das reicht mir, mir wird übel und ich stehe auf. Schnell gehe ich zur Haustüre, dann renne ich zu den Ställen.
Ich kann diese Diskussionen nicht mehr hören, sie machen mir einfach nur Angst.
Ich lehne mich an die Wand einer Box und streichele über meinen Bauch. „ Dir geht es gut und es wird nichts passieren“, flüstere ich lächelnd meinem Baby zu. „Ich passe gut auf dich auf, ich verspreche es dir. “
„Stella?“, ich höre die zerknirschte Stimme meines Mannes hinter mir.
„Lass mich in Ruhe – bitte …“
„Es tut mir leid, es tut mir so leid, Süße“, ich kann erkennen, dass seine Stimme ganz rau ist.
„Dein Verhalten macht mir angst“, flüstere ich leise. „Was soll ich denn tun?“
Mit schnellen Schritten ist er bei mir und zieht mich
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