Bittersuess
mich nicht allein, Nicolas“, flüstere ich verzweifelt.
Als meine Tränen versiegt sind, starre ich an die Decke. Draußen dämmert es bereits, ist es der neunte Tag, der jetzt zu ende geht?
Ich schlafe ein, als es schon dunkel ist. Wieder hab ich seinen Player angemacht, die Musik beruhigt mich heute aber nicht so richtig.
Mein Schlaf ist unruhig, ich registriere ein Ziehen in meinem Unterleib, das immer stärker wird, aber es ist nicht heftig genug, dass es mich richtig wach werden lässt.
„Stella! Um Gottes Willen, STELLA!“
Jemand ruft mich, die Stimme klingt sehr aufgeregt. Es ist SEINE Stimme.
Ich schlage die Augen auf und sehe in sein Gesicht. Er trägt die Maske nicht, also scheint er allein zu sein.
„Was haben sie mit dir gemacht? WAS?“, er klingt so besorgt und ich runzele fragend die Stirn.
„Wie?“, krächze ich verblüfft.
„Haben sie dir etwas angetan, oh Gott!“, er nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände und streichelt es behutsam.
„Nein… Wieso?“, ich nehme sanft seine Hände von meinem Gesicht und setze mich auf. Jetzt merke ich auch, dass die Handschellen schon weg sind.
„Was hat das denn zu bedeuten?“, fragt er und wirkt leicht panisch. Er deutet auf einen Fleck auf dem weißen Laken. Einen Blutfleck.
‚Oh mein Gott! Verdammt!’ , schießt es mir nur durch den Kopf. ‚Peinlichkeit – dein Name ist Stella Reimann!’
Ich überschlage schnell, wie viele Tage ich jetzt hier bin, so um die zehn müssten es sein. Ich hätte eigentlich schon längst meine Periode bekommen sollen, offenbar hat sich durch die Aufregung alles ein bisschen verzögert – und setzt dafür immer so stärker ein.
‚Wieso hab ich da denn nicht dran gedacht?’ Nervös nage ich an meiner Unterlippe. Aber ich hab auch nichts hier, keine Binde, keine Tampons – nichts.
‚Sowas kann auch nur dir passiere!’!
„Was ist los? Jetzt sag doch etwas!“, bittet er mich. Ich sehe die Sorge in seinem Blick, dann werde ich knallrot.
„Es ist mir total unangenehm, ich… also… ich…“, stammele ich und kann ihn überhaupt nicht ansehen.
Er atmet auf. „Hast du deine Tage?“, höre ich ihn fragen.
Ich nicke nur. „Ich hab nicht mehr dran gedacht… es ist irgendwie alles durcheinander gekommen und ich… also…“
Er legt einen Finger auf meine Lippen. „Und ich habe gedacht, die beiden hätten dir was getan“, er lächelt mir jetzt erleichtert zu.
„Nein“, ich schüttelte nur den Kopf.
„Ich bin ein toller Arzt, was? Dass ich so was nicht bedacht habe“, er grinst zerknirscht.
„Das ist nicht lustig“, maule ich ihn jetzt an.
„Okay – ich werde sehen, ob ich was für dich besorgen kann“, er streichelt mir über die Locken und schaut mich mit so einer Wärme an, dass mein Herz wieder ins stolpern kommt.
Er steht auf und geht raus. Ich nutze die Gelegenheit und ziehe schnell das Bett ab. Dann husche ich ins Bad, um mich abzuduschen und alles auszuwaschen.
‚ Ich werde mich wohl mit Toilettenpapier begnügen müssen. Nicht gerade toll’ , schießt es mir durch den Kopf. Ich kann nur hoffen, dass ich nicht wieder gefesselt werde und wenigstens genug Gelegenheit zum wechseln bekomme.
Als ich rauskomme wartet Nicolas schon vor der Badezimmertüre auf mich. Er hat einen großen Packen Watte in der Hand.
„Mit was anderem kann ich Moment nicht dienen“, lächelt er mich an.
Ich atme erleichtert auf. „Danke, das ist schon super“, sage ich verlegen. Ich hätte ihn umarmen können. „Wo hast du das denn so schnell hergezaubert?“
„Ich hab immer den Tierarztkoffer und ein paar Sachen dabei“, etwas schüchtern kratzt er sich am Hinterkopf. „Brauchst du auch Schmerztabletten?“
„ Nein – aber danke“, antworte ich leise, dann gehe ich nochmals ins Bad, um die Watte zu benutzen.
Er wartet auf mich im Schlafzimmer und hat schon wieder ein Frühstück vorbereitet.
„Ich hoffe, die beiden haben sich gestern anständig verhalten“, sagt er und mustert mich ernst.
„Hätte schlimmer sein können“, antworte ich ausweichend. Ich möchte nicht so gerne an Kevin und seinen Kumpan erinnert werden. „Darf ich dich was fragen?“
„Kommt drauf an …“
„Warum warst du gestern nicht da? Ist es wegen… also… also wegen der Nacht, die du hier warst?“, ich traue mich gar nicht, ihn anzuschauen und zupfe nervös an einem Stück Brot.
„Nein“, sagt er. „Ich habe einen Job und es darf nicht so auffallen.“
Ich schaue ihn an und merke,
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