Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
viel besser in das maßgeschneiderte Bestatterkostüm.
»Hände«, dröhnte er gelangweilt und zeigte mit einer UV -Taschenlampe auf den Monitor-Goblin.
Die drei Motten stürzten nach vorn und streckten Abraham ihre Hände hin. Ich selbst hielt mich dezent zurück.
»Immer langsam, Mädchen. Eine nach der anderen.« Der Vampir seufzte.
Die drei giggelten und zappelten. »O wie süß!«, quietschten sie, während Abraham ihre Handflächen überprüfte. Gleichgültig winkte der Vamp sie durch.
Nun trat ich an die Theke und präsentierte meine Handfläche. Abraham strich mit dem Finger über seinen Nasenrücken, dann berührte er meine Handfläche. »Sie dürfen reingehen, Miss«, sagte er mit seiner leisen, melodiösen Stimme.
Der Vampir richtete seine UV -Lampe auf meine Handfläche. Der rautenförmige Stempel leuchtete auf. Er stutzte und schnüffelte. Schnüffelte noch einmal. Dann beugte er sich vor, bis er auf Augenhöhe mit mir war, und starrte mich an. Sein Unterkiefer klappte herunter, deutlich konnte ich seine Fangzähne erkennen. »Ach, Sie sind es«, flüsterte er mit bebenden Nüstern. »Süüüß!« Seine Pupillen weiteten sich, das Schwarz verschlang Iris und Sklera. Seine Oberlippe kräuselte sich, und seine zwei nadelscharfen Giftzähne kamen hinter seinen Vorderzähnen hervor. Vom linken Giftzahn löste sich ein dicker, klarer Tropfen. Er schickte eine Gedankenfessel aus, die mich kaum spürbar streifte, als hätte er mit einer Feder nach mir geschlagen. Der Vamp konnte höchstens fünfzig Jahre alt sein. Und er musste ein Vollidiot sein, wenn er glaubte, mir eine Gedankenfessel anlegen zu können. Auch musste er gefehlt haben, als das Memo über meinen Sonderstatus herumging. Ich stieß ein gereiztes Schnauben aus. Ein Idiot mochte er ja sein, aber ich wollte trotzdem nicht an seinem endgültigen Tod schuld sein, bloß weil er sich nicht beherrschen konnte.
Meine Faust schoss vor, und ich versetzte ihm einen Kinnhaken, der ihm den Mund mit einem hörbaren Schnappen schloss. »Jetzt pass mal gut auf, du minderbemittelter Blutsauger!«, knurrte ich, »entweder du machst Schluss mit der Schnüffelei und gehst offline, oder du hast in Kürze keinen Kopf mehr auf den Schultern.«
Angst und Begreifen huschten über seine Züge. Er zuckte zurück, tastete hinter sich und holte eine Pausenbrotbox aus dem Regal. Sie stand neben dem Goldfischglas mit den Armbändern. Er riss die Box auf und steckte die Nase hinein. Ein leichter Knoblauchgeruch breitete sich im Sarghäuschen aus. Sekunden später tauchte er hustend und spuckend wieder auf. Rosa Tränen liefen ihm über die hageren Wangen.
»Bitte vielmals um Verzeihung, Ms Taylor«, flüsterte er und drückte sich ängstlich ans Regal. »Sie haben mich überrascht, das ist alles; ich hab’s nicht böse gemeint.«
Ich verdrehte die Augen. »Entschuldigung angenommen. Kann ich jetzt rein?«
Er nickte heftig. Ich stieß die Doppeltüren auf und betrat den eigentlichen Clubraum. Niemand hielt sich in dem kreisrunden inneren Foyer auf – auch keine Motten. Nur in der Garderobe hockte hinter einem Tresen ein mürrisches Mädchen herum. Mein Blick fiel sofort auf die Tür dahinter, mit der Aufschrift »Büro«. Keine Ahnung, wohin die Motten verschwunden waren. Ich hatte die Wahl zwischen der Toilette, den Separees, zu denen zwei Türen mit den Zahlen 1-15 und 16-30 führten, dem Gift Shop – DVD s mit den komatösen Vampiren in ihren Särgen waren gerade im Sonderangebot – oder der Glasdoppeltür gegenüber.
Diese Tür führte in die »Aussegnungshalle«. Es sah aus wie in einer Kapelle: rechts und links in langen Reihen auf Marmorsockeln die Glassärge, dazwischen ein breiter Mittelgang, der zu einem Altar, sprich Podest, führte. Eine zweite erhöhte Plattform sollte wohl die Kanzel markieren. Ein paar Vampire in Uniform oder Heldenkostüm schlenderten zwischen den wenigen Clubbesuchern umher. Auf dem Altar war ein weiterer Sarg aufgebahrt. Die Blutflecken an den Seiten ließen mich vermuten, dass es sich um Fjodors vorübergehende Ruhestätte handelte. Das Publikum schien sich jedoch nicht weiter für den Sarg zu interessieren. Offenbar würde es doch kein so einträgliches Spektakel werden, wie Mad Max sich erhoffte.
Plötzlich kamen die Motten aus dem Gift-Shop geflattert.
»Darius hat Zimmer elf.« Rissa wedelte mit einem elektronischen Kartenschlüssel. »Wir haben ihn für eine Privatparty gemietet.«
»Wir haben Yana angerufen und ihr
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