Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
beschwichtigend die Arme. »Kusine Genevieve«, rief er, »die Tür ist bereits versiegelt. Wir können bis zum Morgengrauen nichts mehr tun. Ich schlage vor, du –«
Dieser Mistkerl! Er durfte keinen Raum versiegeln, in dem sich noch Menschen aufhielten!
Diesmal handelte ich ohne Vorwarnung. Ich nahm meinen Rucksack vor die Brust wie einen Rammbock und stürzte mich, ein Stoßgebet an die Götter schickend, mit einem Samurai-Schrei auf den verhassten Vampir. Ich konnte gerade noch sehen, wie er erschrocken die Augen aufriss, da prallte ich auch schon wie eine Kanonenkugel auf ihn und schleuderte ihn zu Boden. Brüllend wie eine Banshee holte ich aus und begann mit dem beschwerten Rucksack auf seinen Schädel einzudreschen. Seine Hände krallten sich in meine Schenkel, er versuchte, sich unter mir aufzubäumen, die Bauchmuskeln anspannend, um mich abzuwerfen. Das durfte ich nicht zulassen. Wie von Sinnen drosch ich auf ihn ein. Ich wünschte, ich hätte etwas, das sich als Pfahl benutzen ließ, um es ihm in die Brust zu stoßen, das hätte ihn kampfunfähig gemacht. In diesem Moment wurde ich am Kragen gepackt und weggeschleudert.
Ich versuchte, mich abzurollen, aber der Rucksack an meinem Arm behinderte mich, sodass ich eher unelegant kopfüber liegen blieb. Zornentbrannt richtete ich mich auf, bereit, mich auf meinen neuen Gegner zu stürzen.
Ich erstarrte verblüfft. Mad Max lag noch immer auf dem Boden, doch nun saß eine zierliche Gestalt mit langen, wallenden schwarzen Locken rittlings auf ihm. Die anderen beiden Vampire wichen schreckensbleich vor ihr zurück, machten kehrt und rannten zum anderen Ende des Gangs. Einer drosch panisch auf die Tür ein. Der andere besaß die Geistesgegenwart, seine Schlüsselkarte zu zücken und sie durch den Schlitz zu ziehen. Die Tür öffnete sich klickend, und die Vampire verschwanden.
Ich schaute wieder auf die Vampirin. Sie schüttelte sich. Mit einem geschmeidigen Sprung landete sie ohne zu schwanken auf den zwölf Zentimeter hohen, spitzen Absätzen ihrer roten Lederstiefel.
Aus Mad Max’ Brust ragte wie ein Ausrufezeichen der Bronzegriff eines langen Dolchs.
Die zierliche Vampirin stemmte die Hände in die Hüften und holte tief Luft – was natürlich gar nicht nötig gewesen wäre. Ihr rotes Lederkorsett schien daraufhin beinahe zu platzen, ihre üppigen Brüste drohten, aus ihren Auffangschalen zu hüpfen, und ihre eingeschnürte Taille war so schmal wie die einer Barbiepuppe. Sie neigte den Kopf zur Seite und funkelte mich aus Augen, die in ihrem schwarzen Gesicht unheimlich gelb strahlten, kritisch an.
Ich verzog das Gesicht. Diese Vamps und ihre Auftritte. Fehlte bloß noch die Fanfare.
Natürlich kannte ich sie: Es war Francine, die Vampirin aus Darius’ altem Bluthaus und Yanas neue Sponsorin. Aus der Nähe sah sie jünger aus, als ich gedacht hatte, eher unter zwanzig als darüber. Ihr Vampiralter musste dagegen beträchtlich höher liegen – ich schätzte einige hundert Jahre –, wenn sie in der Lage war, Mad Max zu überwältigen. Aber war sie eine Verbündete oder nur eine Opportunistin? Oder beides?
Ich konnte nicht sicher sein und hielt mich und meinen Rucksack bereit. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
Ich wies mit einer Kopfbewegung zur Tür am anderen Ende des Gangs, durch die sich die zwei Vamps verdrückt hatten. »Wieso sind sie davongelaufen?«, wollte ich wissen.
Die Luft um sie herum schien auf einmal zu flirren, und eine Sekunde lang stand Malik vor mir. Dann wurde sie wieder zu dem, was sie war.
»Wow, nicht schlecht«, musste ich zugeben. Es war wirklich eine beeindruckende Illusion. Kein Wunder, dass die zwei Vamps Fersengeld gegeben hatten. »Sind Sie das neue Oberhaupt des Golden Blade Clans?«
»Noch nicht«, antwortete sie mit einer Stimme wie geschmolzene Molasse. Sie passte gut zu ihrer roten Ledernummer.
Aha, der Posten war also noch zu haben, was möglicherweise bedeutete, dass sie sich Maliks Unterstützung zu sichern versuchte. Und wie ginge das besser, als seinem erklärten Lieblings-Schoßhündchen zu helfen? Ich deutete auf Mad Max. »Falls Sie nicht die Absicht haben zu helfen, dann wäre das da Verschwendung gewesen. Nicht, dass ich mich beklage.«
So schnell, dass ich es kaum mit den Augen verfolgen konnte, stand sie vor mir und hielt mir einen zweiten Dolch an den Hals. Ich schnippte die Klinge lässig mit dem Finger an, ohne auf meinen jäh hochschnellenden Puls zu achten. »Hübsches
Weitere Kostenlose Bücher