Bittersueße Sehnsucht
spüren konnte. Irritiert blickte ich zu ihm auf und wich zurück, als mir bewusst wurde, dass sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinen getrennt war. „Ja…äh, klar. Gerne.“ Ich sah auf die Uhr, es war bereits viertel vor drei. Endlich, gleich konnte ich Feierabend machen. Ich übergab Sven den Kassenschlüssel und ging mit ihm die Reservierungen für den heutigen Nachmittag durch. Dabei war ich sehr darauf bedacht, dass er mir nicht wieder zu nahe kam.
„Schönen Nachmittag, bis Montag“, wünschte ich ihm und ging in das angrenzende Büro, um meine Geldbörse und den Spindschlüssel zu holen. Vor mir lag ein freies Wochenende, das mit einem Treffen mit Ryan begann – schlagartig kehrte das Dauerlächeln in mein Gesicht zurück.
„Schönes Wochenende!“, rief Sven mir zu und schenkte mir ein schiefes Lächeln. Ich senkte schnell den Blick, so als hätte ich Angst, er könnte mir ansehen, was ich heute Abend vorhatte – und das wahrscheinlich auch noch ohne Unterhöschen… Mein Herz begann sofort, mindestens zehn Takte schneller zu schlagen.
Drei Stunden später stand ich grübelnd vor meiner Wäscheschublade. In der rechten Hand hielt ich eine schwarze Strumpfhose und in der linken, schwarze, halterlose Strümpfe. Die Strumpfhose bedeutete, ich würde kneifen und Unterwäsche tragen. Die Strümpfe hießen, ich handelte aus reiner Unvernunft und würde mir wahrscheinlich eine Wahnsinnserkältung holen.
Ich atmete seufzend aus und legte die Strumpfhose zurück in die Schublade. Allein das, was ich trug, hatte mich eine halbe Stunde Zeit gekostet. Denn davor hatte ich schon fünf verschiedene Kleider angehabt, doch irgendwie war ich heute extrem unsicher und meine Bewegungen wurden mit jeder weiteren Minute, die verstrich, immer zittriger und fahriger.
Vorsichtig zog ich den Nylonstoff eines Strumpfes an meinem Bein hoch. Ich hatte panische Angst, es könnte sich eine Laufmasche bilden, ohne das ich es bemerkte. Dann wäre der ganze Zinnober nämlich völlig umsonst gewesen. Als beide Strümpfe sich angenehm an meine Beine schmiegten, drehte ich mich kritisch vor dem Spiegel hin und her. Ich hatte mich letztendlich für ein schwarzes Kleid entschieden, bei dem der Polyesterstoff oberhalb der Brust in schwarze Spitze überging, die sich bis in die dreiviertellangen Arme fortsetzte.
Es fühlte sich äußerst seltsam an, keinen Slip unter dem Kleid zu tragen. Bei jeder Bewegung striff ein leichter Luftzug zwischen meine Beine, was sich aber Absurderweise irgendwie angenehm anfühlte. Mit einem eiskalten Klumpen im Magen packte ich Taschentücher, Lippenstift, meine Geldbörse und das Handy in meine kleine, schwarze Handtasche. Ich eilte ins Bad zurück und sprühte ein paar kleine Spritzer meines Lieblingsparfüms, das nach Sandelholz und Davana roch, an meinen Hals und das Schlüsselbein. Meine Haare trug ich offen, so hatte ich sie am Liebsten.
„Führ dich nicht auf wie ein kleines Mädchen!“, schalt ich mit meinem Spiegelbild, als auch meine Knie anfingen zu zittern. Ich sah kurz auf meine Armbanduhr. Ich hatte sicher noch gute zwanzig Minuten Zeit – Mist!
Ich war nämlich schon fix und fertig – in jeder Hinsicht - und wusste nichts mehr mit mir anzufangen. Ich beschloss, mir noch einen kräftigen Schluck Weißwein zu gönnen, bevor Ryan auftauchen würde. Vielleicht konnte der meine Nerven beruhigen. Zielstrebig lief ich die Treppe hinunter, in die Küche, in deren Kühlschrank noch eine geöffnete Flasche stand.
Auf ein Weinglas verzichtete ich, stattdessen nahm ich mir ein normales Wasserglas und goss es halb voll. Einen tiefen Schluck später, breitete sich ein warmes Gefühl in meinem leeren Magen aus und ich spürte, wie mir der Alkohol sofort ein wenig zu Kopf stieg – perfekt! Das Zittern meiner Gliedmaßen ließ etwas nach. So schaffte ich es sogar, mit ruhiger Hand die zarten Riemchen meiner schwarzen High Heels zu schließen.
Ich schob mir eine Minzlutschpastille in den Mund – sonst bekam Ryan womöglich noch den Eindruck, ich musste mich vorher schon betrinken – und schlüpfte gerade in meinen schwarzen Wildledermantel, als es klingelte. Als ich die Tür öffnete, klopfte mein Herz bis zum Hals. Ryan musterte mich von oben bis unten und seine Augen blitzen dunkel auf, während sich sein Mund zu einem sinnlichen Lächeln verzog.
„Hi“ Mehr sagte er nicht, dann trat er auf mich zu, nahm mich in den Arm und legte seine Lippen auf meine. Heftig drang seine Zunge in
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