Bittersueße Sehnsucht
schien ihn zu amüsieren. „Was…?“, setzte ich an, doch er hastete an mir vorbei. „Eine Sekunde noch!“ Ein leises Klirren ertönte und Ryan kam mit zwei Sektgläsern aus der Küche gesaust. „So, jetzt können wir.“ Er schenkte mir ein zufriedenes Lächeln.
„Können wir…was?“
„Ich zeig´s dir – komm“ Er nickte in Richtung der Treppe und zog seine Haustür zu. Völlig verdattert folgte ich ihm nach oben, während ich mich ernsthaft fragte, ob er mich vielleicht veräppeln wollte.
Nach etlichen Stufen erreichten wir das Dachgeschoss. Ryan blieb vor einer Stahltür stehen und warf mir einen fragenden Blick zu. „Könntest du das kurz halten?“ Er reichte mir das zusammengerollte Ding und in diesem Moment, erkannte ich, dass es eine Decke war. Währenddessen zog er einen Schlüssel aus seiner Hosentasche und grinste, wie ein kleiner Junge. „Verpetz mich ja nicht beim Hausmeister.“, raunte er, während er aufschloss und mir die Tür aufhielt. „Voilá – der beste Ausblick, in ganz München!“ Kühle Luft strömte durch die Tür und ließ mich frösteln. Trotzdem trat ich neugierig nach draußen und hielt den Atem an.
Wir befanden uns auf dem Flachdach des Hauses, von dem man tatsächlich ein atemberaubendes, nächtliches Panorama der Großstadt geboten bekam. „Das…ist Wahnsinn.“, flüsterte ich und machte noch einen Schritt nach vorne. Ryan zog die Tür zu und nahm mir die Decke aus der Hand. Als er sie entrollte, kam noch eine zweite Decke zum Vorschein. Eine davon breitete er auf einer kleinen Mauer aus. Ich wandte mich zu ihm herum und drückte ihm die Champagnerflasche in die Hand, die Jan mir auf der Party gegeben hatte. „Hier, die machst du besser auf. Bei meinem Glück verletze ich sonst jemanden.“ Ich musste kichern. Mein ganzer Körper stand plötzlich unter Strom und mein Herz schien Purzelbäume in meiner Brust zu schlagen. Trotzdem versuchte ich, meine Nervosität zu überspielen. Ryan schaffte es immer irgendwie, dass ich mich verhielt, wie eine pubertierende Vierzehnjährige. „Ich wette, mit dem Ausblick hast du jede deiner Eroberungen rumgekriegt.“ Ich warf ihm ein ironisches Schmunzeln zu und trat neben ihn.
Er bemühte sich um ein ernsthaftes Gesicht. „Na klar, jede der hundertzwölf Damen, die ich abgeschleppt und hier hoch gebracht habe.“ Er lachte, schenkte Champagner in ein Glas und reichte es mir. Dann schnappte er sich sein Glas von der Mauer und trat ganz nah an mich heran, während seine Augen meinen Blick suchten. Ich sah zu ihm auf, sein warmer Atem strich meine Wange, während er mit einer Hand mein Gesicht berührte und ich spürte, wie sein Finger über mein Jochbein strich. „Ehrlich gesagt, bist du die Erste, die ich hier rauf entführt habe.“ Seine Stimme war ein warmes Flüstern, und dennoch jagte sie mir fröstelnde Schauer durch meine Glieder. „Oh, du frierst ja – komm.“ Er legte seinen Arm um meinen vibrierenden Körper und zog mich auf die Decke. „Ich werde dich ein bisschen aufwärmen.“ Ryan setzte sich neben mich und breitete die zweite Decke über uns aus. Mit einem Seufzend drängte ich meinen Körper an seinen. Er strahlte eine angenehme Wärme aus. „Und? Besser?“, wollte er wissen und strich mir sanft über das Haar, während ich meinen Kopf auf seine Brust sinken ließ. „Viel besser“, murmelte ich, als ich den kräftigen Schlägen seines Herzens lauschte.
„Ich habe immer noch ein schlechtes Gewissen, weil ich dir Kummer bereitet habe“, fing er plötzlich an. Ich hob leicht den Kopf, um ihm in die Augen zu sehen. „Aber das haben wir doch schon geklärt. Mach dir keine Gedanken mehr darüber“, erwiderte ich, während mein Blick seine sinnlich geformten Lippen striff. Plötzlich überkam mich der Drang, ihn zu küssen. „Ja, schon – aber…“ Weiter kam er nicht, denn ich verschloss seinen Mund mit meinen Lippen. Ich griff in seinen Nacken und zog ihn ganz nah an mich heran. Der zarte Duft von Sandelholz schien mir ganz leicht die Sinne zu vernebeln. Ich spürte keine Kälte mehr, sondern sank in seine Arme, während unsere Zungen sich sanft umspielten.
Ich ließ mich fallen, schaltete meinen Kopf und meinen Verstand aus und spürte, wie ein neues, unbekanntes und doch wunderbares Gefühl mich umfing, in sich einhüllte und fort trug. Es fühlte sich anders an, als die letzten Male, in denen wir uns geküsst hatten. Es war nicht diese alles verzehrende Leidenschaft, die solche Abende immer
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