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Bittersüßes 7. Jahr

Bittersüßes 7. Jahr

Titel: Bittersüßes 7. Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sein. Frau Sacher wohnt in der Pension ›Seeadler‹. Sie ziehen in die ›Seeschwalbe‹.«
    »Sehr poetisch.«
    »Von mir aus dichten Sie auch! Nur vergessen Sie mir eines nicht: erster Bericht am 12.!«
    »Und ich habe völlig freie Hand?«
    »Völlig.« Dr. Portz schielte zu Bornemeyer empor.
    »Und alles bezahlt die Firma?«
    »Alles. Natürlich keine Eskapaden! Aber sonst ist alles gedeckt. Sie können sich am Strand als Kraftmensch bewundern lassen oder als Wunderesser. Das ist mir wurscht! Es muß nur eins dabei herauskommen: Frau Sacher darf keine Minute aus den Augen gelassen werden.«
    Bornemeyer nickte. Er begann auf einmal zu lächeln und strahlte Dr. Portz an.
    »Aber …«
    »Was aber?«
    »Es könnte sein, daß ein WC zwei Ausgänge hat. Was dann?«
    »Hinaus!«
    Kopfschüttelnd sah Dr. Portz seinem Assessor nach. Jetzt ist er in Hochstimmung, dachte er bitter. Er hat seinen Chef mit einem sauren Witz aus der Fassung gebracht. Davon zehrt er ein Jahr lang.
    Er ging an das breite Fenster und sah hinab auf das bewegte Straßenleben der Alleestraße. Dieser Bornemeyer, sinnierte er. Es ist fast so, als gehöre er zu der Kategorie der stillen Wasser. Erst wenn man einen Stein hineinwirft, sieht man, wie weit er Kreise ziehen kann, nur ist man erschrocken, wie tief dieser stille See ist!
    Während in der Kanzlei Bornemeyer seine Aktentasche einpackte, seinen Büromantel in den Schrank hängte, die Thermosflasche in seinen Schreibtisch schloß und unter den verblüfften Augen des Bürovorstehers und dreier Tippmädchen seinen Schlipsknoten höher zog und sogar ein Stäubchen von seinem Jackett bürstete: »Ich fahre jetzt in Urlaub!« sagte er dabei lässig und verbreitete greifbares Entsetzen, denn man hielt ihn für übergeschnappt, saß Dr. Portz schon wieder hinter seinem Schreibtisch und schrieb mit der Hand einen Brief.
    Nach Paris. Aber nicht an Peter Sacher.
    Er schrieb an einen Maître Emile Caravecchi.
    Das war ein französischer Kollege, den er von einem Studienaustausch seit seinen Studentenjahren kannte.
    Maître Caravecchi wohnte gegenüber dem Gare Montparnasse. Nicht weit von der Rue de Sèvres.
    Dr. Portz begann seinen Brief mit: »Mon cher ami …« und schloß ihn mit dem Satz: »Ich lege Ihnen ans Herz, Herrn Sacher in glühenden Farben zu schildern, was ich Ihnen in Abständen von drei Tagen aus Borkum über seine Frau melde. Tun Sie noch was dabei, es schadet nicht. Werden Sie voller Fantasie. Ein Franzose ist ja ein Genie, wenn es um die Untreue einer Frau geht! Verhindern Sie aber auf jeden Fall, daß der Sacher vor dem 28. August wieder nach Düsseldorf fährt, oder gar nach Borkum! Herzlichst und immer zu Gegendiensten in Deutschland bereit – Ihr Portz.«
    Den Brief ließ er in seinem Büro kuvertieren. Da niemand Französisch konnte, schaltete die Gefahr einer Kenntnisnahme durch das Personal aus.
    Dann rieb er sich die Hände und war sehr zufrieden.
    Er vergaß dabei ganz den Spruch, daß man den Tag nicht vor dem Abend zu loben hat.
    Assessor Bornemeyer fuhr mit der Straßenbahn nach Derendorf. Dort bewohnte er ein möbliertes Zimmer bei einer Postobersekretärswitwe, mit Kochgelegenheit, Badbenutzung und Fernsehgeneh migung.
    Die Witwe war nicht zu Hause. Bornemeyer schrieb einen Zettel und steckte ihn an die Scheibe des Küchenschrankes.
    ›Bin für sechs Wochen verreist. Sie können meine Marmelade und meine Eier essen, damit sie nicht faul werden.
    Bornemeyer.‹
    Dann packte er nur das Notwendigste in einen großen Koffer, nahm sich auf der Straße, zur Gewöhnung an den neuen, geliehenen Reichtum, eine Taxe und ratterte in die Stadt zurück.
    In einem eleganten Herrenbekleidungsgeschäft in der Nähe des Corneliusplatzes wurde er kritisch begrüßt. Sein Vulkanfiberkoffer paßte nicht unter die Kristalleuchter, die ihn grell beschienen. Eine Verkäuferin trat auf ihn zu … der elegante Herr im dunkelgrauen Zweireiher blieb im Hintergrund und war etwas konsterniert. Um einen Schlips für zweifünfzig zu kaufen, betritt man diesen Laden nicht!
    Er wurde aber sehr rührsam, als Bornemeyer laut und bestimmt seine Wünsche äußerte: zwei englische Anzüge, einige dazu passende Seidenhemden, Strümpfe, Taschentücher, Ziertücher, einen Trenchcoat neuester Linie, eine Kamelhaar-Sportkappe, diskrete Krawatten, kurzum alles, was aus einem mittelmäßigen Spießer einen internationalen Beau macht!
    Bornemeyer hatte keinerlei Gewissensbisse mehr. Dr. Portz hatte ihm einige

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