Bittersüßes 7. Jahr
es so weitergeht, die Erde von der Blutrache in den Strudel Sacherscher Entgleisungen gezogener Familien überschwemmt sein! »Nur eins gibt es«, sagte Dr. Portz laut zu sich selbst. »Sie müssen alle wieder zurück nach Düsseldorf! Amerikanische Psychologie ist eben nichts für einen Rheinländer!«
Nach dieser Selbstberuhigung holte er den zweiten Brief Bornemeyers aus der Ecke und las ihn.
›13 … 10 Uhr morgens. Treffe mich mit Sabine Sacher im Kaffeesalon. Süße Frau! Gesteht mir, daß sie zur Zeit völlig ungebunden ist. Kann als ehewidrig ausgelegt werden! Ich pflichte ihr bei, was sie zu ermutigen scheint. Anschließend Wanderung durch die Dünen.
11.27 Uhr. Habe Sabine geküßt. Küßt wunderbar. Zeugen: Ein Strandwärter, zwei Badegäste (Namen und Anschriften in der Anlage) und ein Fischer. Sabine ist entzückend. Haben uns für 14 Uhr zum Baden ver abredet. Zum Abschied wieder Kuß.
12.05 Uhr. Zeugen: sieben Kurgäste auf der Promenade (Namen und Anschriften in der Anlage) und zwölf Kinder im Alter von 5-13 Jahren. Da minderjährig, als Zeugen nicht vorschlagbar.
Nächster Bericht übermorgen.
gez. Bornemeyer.‹
Dr. Portz zerknüllte den Brief in seiner Hand. Den Papierknödel warf er irgendwohin. »Dieses Theater ist zu Ende!« brüllte er gegen die Wand, vor der er stand. »Beide kommen zurück! Und ich sperre sie so lange in meinem Büro ein, bis sie wie die Turteltauben um meinen Schreibtisch gurren! Und wenn's ein Jahr dauert! Und Bor nemeyer, Bornemeyer …«
Dr. Portz ballte die Fäuste. Sie sahen aus wie Schmiedehämmer. Er wußte nicht, was er mit Bornemeyer tun würde, aber irgend etwas tat er.
An diesem Morgen empfing Dr. Portz keine Klienten mehr. Sogar ein Generaldirektor mußte gehen. Die Auskunft »Kann ich die kleine Wohnung meiner Geliebten als Betriebsunkosten von der Steuer absetzen?« gab ihm der Bürovorsteher.
Dr. Portz schrieb zwei Briefe.
Einen an Ferro-Bornemeyer. Strikte Weisung, sofort, sofort!!! zurückzukommen. Mit Sabine Sacher! Wie Bornemeyer das schaffte, war seine Sache. Hatte er es geschafft, mit Frau Sacher im Doppelbett zu schlafen, würde er auch das schaffen!
Der andere ging nach Paris.
›Rückkehr dringend erforderlich. Deine Frau plötzlich sehr erkrankt. Völ lige Störung des Hormonhaushaltes. Der Beistand des Mannes ist sehr erwünscht. Außerdem stammt der Wunsch Deiner Rückkehr von Sabine selbst
Portz!‹
Eigenhändig trug er diese Briefe zur Post. Bevor er sie in den Brief kasten warf, sah er nochmals auf die Kuverts.
»Das ist das letzte Mal, daß ich Schicksal spiele«, dachte er. Dann hob er die Klappe des Briefkastens und warf die Briefe hinein.
Die Post hatte wieder sinnloses Geld verdient.
Beide Briefe kamen zu spät.
In den Dünen außerhalb des regen Badebetriebes, gedrückt in das harte Strandgras, lagen Sabine und Ermano Ferro auf ihren Bademänteln und sonnten sich.
Sie trug einen golden leuchtenden Badeanzug. Wie eine Goldbronzehaut umschloß er ihren schönen Körper. Durch die schwarzen Haare hatte sie ein rotes Band geschlungen. Ihre schon angebräunte Haut glänzte vom Sonnenöl; auf ihren geschlossenen Lidern tanzten winzige Schweißperlen.
Ermano Ferro sah sie oft an und seufzte leise, aber mit südländischem Charme. Sabine überhörte es schicklich, aber unter den Wimpern hinweg beobachtete sie ihn.
Seine weiße Haut, die so gar nicht nach Süden aussah, stach kraß von seinem Gesicht ab, das braun war. Ferro hatte Sabine dieses Phänomen erklärt, als er sich zum erstenmal entblößte, weil es gar nicht anders ging, denn man kann ja nicht voll angezogen neben einer dreiviertel nackten Frau in den Dünen liegen.
»Mein Beruf schreibt immer strengste Kleidung vor«, sagte er, sogar wahrheitsgemäß. »Nur das Gesicht und die Hände können die Glut der Sonne aufnehmen. Dafür ist aber alle verlorene Glut in meinem Herzen aufgespeichert, Signora.« Und als Sabine ihn noch kritisch ansah, fügte er unter einem wohltönenden Seufzer hinzu: »Außerdem ist mein Antlitz verbrannt unter den Strahlen Ihrer Sonne, Signora. Mein Körper hat diese Gunst noch nicht gehabt.«
Da wurde sie hellrot, wandte sich ab, legte sich auf den Bademantel und schloß die Augen.
Eine Frau, die errötet und stumm bleibt, hat eine Schlacht verloren. Bornemeyer kannte dies nur aus Romanen und Filmen. Er machte die Wahrheitsprobe, beugte sich über Sabine und küßte sie. Sie wehrte ihn nicht ab, und wenn sie ihn auch nicht
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