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Bittersüßes 7. Jahr

Bittersüßes 7. Jahr

Titel: Bittersüßes 7. Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unmodern.«
    »Nur dein schrecklicher, äußerer Panzer, Pierre. Da, im Herzen, leg die Hand drauf und fühl es, Pierre, da bist du nicht unmodern. Da bist du nur ein Mensch, wie sie waren seit tausend Jahren.«
    Peter Sacher blieb.
    Sie machte ein Abendessen. Die letzten Büchsen öffnete sie. Es gab Thunfisch, Weißbrot, etwas Käse und ein Stückchen mageren Speck. Dazu tranken sie aus kleinen Wassergläsern Wermutwein.
    »Warum hast du mich mitgenommen in deine Wohnung?« fragte Peter. Er hatte den Arm um ihre nackten Schultern gelegt. Sie hat eine Haut wie ein Pfirsich, dachte er.
    »Du tatest mir leid, Pierre.«
    »Ich tat dir leid! Aber wieso denn?«
    »Wie du da standest mit deinem grauen Cut, mit dem 'ohen, schrecklichen Zylinder auf dem Kopf, Gesicht rot wie Tomate, und alle Leute dich gucken an und lachen 'inter vorgehaltenes Programm, da dachte isch: Armes Kerl! Weiß nicht, wie dumm er aussieht. Da 'abe isch geschickt Papillon zu dir.«
    »Was?« Peter Sacher fuhr herum und riß Yvonne an sich. »Du hast den Dackel auf mich gehetzt? Welch ein Luder bist du. Das kostet einen Kuß, Yvonne.«
    Er wollte sie küssen, aber Yvonne bog den Kopf wieder zurück.
    »Wie rauh du bist, du deutscher Barbar.« Mit beiden Händen fuhr sie ihm in die Haare und schüttelte seinen Kopf. »Nicht einmal küssen kannst du! Was soll denken deine Sabine, wenn du zurückkommst aus Paris und kannst nicht einmal richtig küssen? Schon deshalb mußt du bleiben, du dummer, lieber, wilder Pierre. Ich will dich küssen lehren, mon ami, und deine Sabine wird glücklich sein.«

VIERTES KAPITEL
    W enn man einen Stock in einen Ameisenhaufen steckt, werden hunderttausend Ameisen wild und gehen zum Angriff über.
    Wenn an diesem Tage jemand den Rechtsanwalt Dr. Portz ansprach, konnte es geschehen wie im Ameisenhaufen: Er wurde attackiert.
    Was sich hinter der dicken Cheftür abspielte, konnte man im Büro nur ahnen, an den schreienden Anweisungen, die ab und zu per Telefon oder Haussprechanlage durch die Anwaltsräume gellten. Zu Dr. Portz zu gehen, war ein Wagnis, vergleichbar mit dem Streicheln eines soeben gefangenen Tigers. Wer es trotzdem wagte, wurde von der Donnerstimme Dr. Portz' erfaßt; sie war wie ein Starkluftgebläse, das jeden wieder zur Tür hinauswirbelte.
    Der Anlaß solcher unwirscher Behandlungen war unbekannt. Lediglich der Bürovorsteher, der eine Unterschriftenmappe ins Chefbüro getragen hatte, kam verstört zurück und berichtete, daß Dr. Portz wie ein gebrochener Mann hinter seinem Schreibtisch hocke, mit schlaffen, hängenden Wangen, krauser Stirn und gebeugter Gestalt. »Als ob er einen Schlag bekommen hätte!« sagte der Bürovorsteher.
    Begonnen hatte dieser erschreckende Zustand nach der Durchsicht der Post. Unter den vielen Gerichtsschreiben und Schriftsätzen der Gegenparteien war auch ein Brief aus Borkum gekommen.
    Absender: Ermano Ferro, Automobile en gros, z.Z. Borkum, Hotel ›Seeadler‹.
    Niemand im Büro beachtete das Schreiben. Nur Dr. Portz fiel der Absender bereits unangenehm auf. Wieso ›Seeadler‹, dachte er, bevor er den Brief aufriß! Bornemeyer sollte doch in die ›Seeschwalbe‹ ziehen! Im Adler wohnt Frau Sacher, da hat der Bornemeyer gar nichts zu suchen.
    Mit einem unguten Gefühl im Magen riß er das Kuvert auf. Dann las er den Brief, und es begann jener Zusammenbruch seiner physischen Beherrschung, der durch lautes Aufstöhnen während der Lektüre begleitet wurde.
    ›12 … 21.10 Uhr. Ankunft in Borkum. Leicht seekrank. Fahre mit Bim melbahn zur ›Seeschwalbe‹.
    12 … 22.10 Uhr. Kein Zimmer in der ›Schwalbe‹ mehr frei. Ziehe um in den ›Adler‹. Werde Frau Sacher noch heute abend sehen.
    12 … 23.00 Uhr. Habe mit Frau Sacher gesprochen. Wir haben uns ge einigt. Schlafe bis auf weiteres mit ihr zusammen.‹
    An dieser Stelle warf Dr. Portz den Brief weg, als gehe er in Flam men auf. Er vergrub das Gesicht in beide Hände und schwankte im Sitzen. Dann sprang er auf, schrie durch die Tür gellend »Kognak!«, warf einige Gesetzessammlungen sinnlos gegen den Bücherschrank und benahm sich tatsächlich wie ein Irrer.
    »Schlafe bis auf weiteres mit ihr zusammen.«
    Dr. Portz hatte das Gefühl, ein glühendes Eisen schnüre seinen Kopf ein. Er dachte an Peter Sacher, der brav in Paris bei seinem Freund saß, und an seine Pflicht als Anwalt, ihm diesen Vorfall zu berichten. Wie sollte er Peter Sacher mit den Mitteln der Logik klarmachen, daß diese trübe Tasse von Assessor

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