Bittersweet Moon
schluchzend die Bettdecke über den Kopf und weinte und weinte. Robin vermisste
ich mehr, als ich es mir vorstellen konnte. Mein ganzer Körper schmerzte durch
die Leere, die er in mir hinterließ. An mir trug ich noch die Merkmale seiner
Leidenschaft - einen roten Fleck auf meinem Hals, seine Fingerabdrücke auf
meinen Hüften, im Beckenboden spürte ich einen ziehenden Muskelkater und meine
Lippen und die Brustwarzen fühlten sich wund von so vielen Küssen an. Und ich
duftete noch nach Robin, genauso wie mein Bett. Meine Haut war noch bedeckt mit
unsichtbaren Spuren von seinen Lippen. Er war noch so sehr anwesend an mir und
in mir, dass es unerträglich war ihn nicht mehr anfassen zu können, nicht mehr
seinen warmen Körper zu spüren. Lieber Gott, was habe ich mir bloß gedacht
als ich hoffte, ich werde nicht zu sehr leiden wenn er mich verlässt? Am
Freitag war ich bereit, den Preis für diesen Traum zu bezahlen, aber ich konnte
es nicht erahnen, wie stark mein Schmerz sein würde. Unter der Bettdecke
versteckt und mit Robins Kopfkissen an die Brust gepresst, fühlte ich mich
weniger alleine und ich weinte so lange, bis mich ein tiefer, traumloser Schlaf
vom meinem Kummer und meiner Erschöpfung befreite und mir einige Stunden
erholsamen Vergessens und süßer Erlösung schenkte.
Wieder
alleine
Am
späten Nachmittag wachte ich im dunklen Zimmer auf. Der Schlaf hatte mir gut
getan, wenigstens körperlich erholte ich mich etwas und die Tränen versiegten
endlich. Unter der Dusche trennte ich mich schweren Herzens noch von den
letzten körperlich wahrnehmbaren Erinnerungen an Robin und seifte mich gründlich
ein. Beim Kontakt mit Wasser fühlte ich mich gleich erfrischt und belebt,
obwohl mich dabei wieder die Bilder von unserer Liebesszene unter der Dusche
verfolgten. Es wird wohl eine Weile dauern, ehe die Erinnerungen an Robin
nicht bei jedem kleinen Detail in mir schmerzlich hochsteigen werden ,
erkannte ich, während ich die Reste nach Sandelholz duftenden Schaums von mir
abspülte. Fertig angezogen machte ich mir schnell einen Toastsandwich, nicht
aus Hunger, sondern aus Vernunft. Danach packte ich meine Reisetasche aus,
räumte die Sachen weg, die noch seit gestern rum lagen und verließ die Wohnung
mit einem großen Bilderbuch über Mythologie in meinem Rucksack. Während der
Fahrt mit der U-Bahn schaute ich mir immer wieder ein bestimmtes Bild an. Es stellte
ein Pferd mit großen Flügeln dar, einen Pegasus, der stark der Tätowierung auf
Robins Rücken ähnelte. Ich fuhr in ein bekanntes Tattoostudio und die Aufregung
darüber dämpfte erfolgreich meinen Liebeskummer. Im Studio, das ich mit etwas
mulmigem Gefühl betrat, zeigte ich mein Bild der jungen Frau in Schwarz, die am
meisten mein Vertrauen weckte. Die Tätowierung sollte diskret meine linke
Pobacke zieren und somit nur auserwählten Zuschauern zugänglich sein. Sie
sollte natürlich auch kleiner ausfallen als Robins Tattoo auf seinem breiten
Rücken, aber so identisch wie nur möglich aussehen. Die Frau zeigte mir erst
die Skizze, die sie nach der Vorlage und meinen genauen Anweisungen schnell
anfertigte. Die Ähnlichkeit war verblüffend und zufrieden legte ich mich auf
den Bauch. Die Prozedur an sich war sehr schmerzhaft, ich verzichtete auf
jegliche Betäubung und mir liefen die ganze Zeit heiße Tränen aus den Augen.
Doch ich begrüßte diesen körperlichen Schmerz, den ich bei jedem Einstich in
meinen Körper fühlte, ich versuchte damit den Schmerz in meinem Inneren zu
vertreiben, oder wenigstens zu übertönen. Irgendwann spürte ich nur noch ein
leichtes Brennen und nicht mehr. Aber ich weinte weiter. "Ist es sehr
schlimm?", fragte mich die junge Frau mitfühlend.
"Nein,
es ist in Ordnung, ich weine nicht deswegen", erklärte ich ihr und
verwirrte sie mit meiner Antwort, so dass sie nichts weiteres fragte. Nur ab
und zu schaute sie mich prüfend an, während sie arbeitete. Sie war schneller
fertig als ich dachte und anschließend reichte sie mir einen Handspiegel.
Aufgeregt betrachtete ich ihr Werk: auf meiner Pobacke bäumte sich
temperamentvoll ein kleines, wunderschönes, geflügeltes Pferd mit langer Mähne,
wie kurz vor dem Abflug. Das Tattoo gefiel mir sofort und entlockte mir ein
erleichtertes Lächeln. Dankbar lobte ich die Frau für ihre Kunstfertigkeit und
sie erklärte mir, dass das Bild noch schöner werden würde, wenn die gerötete
Haut sich wieder beruhigt hätte. Vorsichtig zog ich mir die enge
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