Bittersweet Moon
lange
darauf. La Boheme war seine Lieblingsoper und er war stolz auf mich,
weil ich die Mimi singen durfte. Wahrscheinlich war er selber noch aufgeregter
als ich. Vor seinen eigenen Auftritten mutierte er immer zu einem Nervenwrack
und kannte nur gut das Problem, das wir mit vielen anderen bekannten und
unbekannten Künstlern gemeinsam hatten.
Die
restlichen Stunden verstrichen schneller als ich befürchtete. Am spätem
Nachmittag saß ich in meinem Bademantel am Küchentisch und zwang mich eine
Kleinigkeit zu essen. Ich starrte die Zeiger der altmodischen Wanduhr an, als
ob ich sie mit meinem fokussierten Blick dazu bewegen wollte, die Sekunden und
Minuten einfach zu überspringen. Dabei versuchte ich meinen revoltierenden
Magen, der vor Aufregung kaum in der Lage war, irgendetwas zu verdauen, zur
Ruhe zu bringen. Aber ich wusste es aus Erfahrung, wie wichtig es war, vorher
gut zu essen. Ein Auftritt mit der Opernrolle war ein Kraftakt, der enorm
Energie von mir verlangte und ich brauchte ausreichend Nahrung dafür. In einem
hilflosen Augenblick zweifelte ich regelrecht daran, ob Robins Besuch an diesem
wichtigen Abend wirklich eine gute Idee war. Ich war viel zu verliebt, um mich
nicht von meinem großen Auftritt ablenken zu lassen, da half keine noch so
starke Selbstbeherrschung mehr. Wenn er nur schon hier wäre ! Intuitiv
ahnte ich, dass Robins Anwesenheit mich wieder beruhigen und mich von der Anspannung
erlösen würde. Lustlos legte ich meinen fast unberührten Teller auf dem
Küchenschrank ab und schaute mich im Kühlschrank nach einer Alternative um. Es
blieb mir nur noch mein Auftrittscocktail übrig, wie sich die Kreation nannte,
die wir zusammen mit Tom erfunden hatten. Nicht gerade überzeugt stellte ich
alle Zutaten auf der Arbeitsplatte bereit, als mich die Türklingel aus meiner
immer miserabler werdenden Lage rettete. Wie ausgewechselt ließ ich alles
liegen und rannte zu der Tür, machte sie klopfenden Herzens auf und lauschte
den vertrauten, schnellen Schritten, die zu mir eilten. Nach wenigen Atemzügen
stand er schon in meiner Tür, mit seinem schwarzen Cowboyhut und in den
Cowboystiefeln. "Robbie!", schrie ich fast zur Begrüßung und warf
mich ihm an den Hals, als er die Tür mit dem Fuß hinter uns zumachte und sein
Gepäck ablegte. Er hob mich hoch und ich warf seinen Hut ab. Stürmisch küsste
ich ihn auf den Mund, immer wieder und ließ ihn nicht zu Wort kommen. Erst als
er mich wieder auf dem Boden abstellte, löste ich mich von ihm und betrachtete
sein lächelndes, geliebtes Gesicht.
"Wow,
was für ein begeisterter Empfang!", freute sich Robin und schaute mich
eine Weile an, bevor er mich küsste. Seine blauen Augen strahlten und glänzten
dabei und verrieten auch seine Freude bei unserem Wiedersehen.
"Robin,
ich bin so glücklich, dass du endlich hier bist! Als ich auf dich wartete,
wurde ich so schrecklich nervös, aber jetzt weiß ich, es wird alles gut gehen
", redete ich aufgedreht und konnte meine Aufregung nicht verbergen.
"Du
musst nicht nervös sein, du freust dich doch auf die Bühne zu gehen,
oder?" versuchte mich Robin gleich zu beruhigen.
"Ja,
schon, nur diese riesige Verantwortung, die auf mir lastet, macht mich immer
fertig. Ich darf keine Fehler machen und ich darf das Publikum nicht
enttäuschen", seufzte ich und umarmte ihn wieder, als er seinen Mantel
ablegte. Er trug einen dicken, dunkelblauen Pulli, der wunderbar zu seiner
Augenfarbe passte und sie noch mehr betonte.
"Das
ist scheinbar der große Unterschied zwischen Rock und Klassik“, lächelte Robin.
“Wir Rocker gehen auf die Bühne, weil wir Spaß haben wollen und nicht, um
irgendwelche Erwartungen erfüllen zu müssen. Wenn wir einige falsche Töne
spielen oder wenn ich den Text vergesse, spielt das keine große Rolle,
Hauptsache das Publikum spürt unsere Freude an der Musik, die wir mit unseren
Fans teilen möchten. Ich bin nie nervös vor den Konzerten, ein wenig aufgeregt
vielleicht, aber ich verspüre keinen Druck", erzählte Robin und streichelte
dabei meinen Kopf.
"Klassik
ist so konservativ und kopfgesteuert. Nur ein falscher Ton oder ein verpasster
Einsatz und schon wirst du mit Kritik bestraft oder vom Publikum kalt
abserviert. Der Perfektionismus spielt eine übergroße Rolle dabei und ich habe
Angst vor Fehlern", beschwerte ich mich weiter und suchte Schutz in Robins
Umarmung.
"Hey,
Hey, Baby, es wird alles gut gehen, du wirst keine Fehler machen!“, hob Robin
mein Kinn an und sprach
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