Bittersweet Moon
ich
mich dem Park näherte, erblickte ich atemanhaltend ein Stück versteckten
Dezembers, das hier für mich noch erhalten geblieben war. Im Park lagen noch
großzügige Schneereste, teilweise noch weiß und sauber, besonders unter den
Bäumen und unter den Bänken.
Mir
liefen die ganze Zeit Tränen übers Gesicht, als ich durch den schlafenden Park
streifend die letzten Spuren unserer Liebesgeschichte suchte, die geschrieben
in dem schmelzenden Schnee genau so vergänglich und flüchtig war…
Bei der
Sitzbank unter der Trauerweide blieb ich stehen. Tränenüberströmt berührte ich
die kalte Rückenlehne, worauf wir damals eng beieinander saßen und wo ich
geglaubt hatte, in Robins Augen einen Abglanz der unsichtbaren Sterne gesehen
zu haben, immer wenn er mich anlächelte.
Unter
der großen Eiche bildete ich mir ein, zwischen unzähligen Fußabdrücken im übrig
gebliebenen Schnee diejenigen von uns erkannt zu haben.
Ich
erinnerte mich an jedes Wort, an jeden Blick, an jede Berührung, die wir damals
austauschten und die uns wie unsichtbare Schicksalsfäden immer enger und
stärker aneinander fesselten.
Vor
meinem geistigen Auge sah ich, wie mich Robin in seiner Umarmung fest an sich
drückte und gegen seine Gefühle für mich kämpfte, wohl ahnend, wie in dieser
Nacht etwas besonderes um uns geschah. Und wie ich fast verrückt vor Glück und
Aufregung plötzlich den sehnlichsten Traum meines Lebens in meinen zitternden
Händen hielt, noch nicht glaubend, dass er wahr geworden war.
Die Zeit
wusch schon sorgfältig alle sichtbaren Erinnerungen weg, aber in mir leuchteten
sie hell und kostbar, während ich mich bei meinem einsamen Spaziergang
halbträumend von der Vergangenheit verabschiedete, ohne eine Zukunft vor mir zu
sehen.
Langsam
löste ich mich von dem Ort, wo ich in jener Nacht so viel Magie und
Leidenschaft erlebt hatte und kehrte zurück in mein Leben, oder besser gesagt
in das, was von meinem Leben übrig geblieben war.
Erschöpft
und zitternd vor Kälte kam ich nach Hause und fiel ins Bett. Ich fühlte mich noch
kränker und niedergeschlagener als vorher und ich fror unter der Bettdecke.
Kurz danach kriegte ich hohes Fieber und ich kämpfte anschließend eine Woche
lang mit einer Grippe, die mich zwang das Bett zu hüten.
Als Tom
mich am nächsten Tag besuchte, erschrak er bei meinem elenden Anblick.
Zum
Glück schob er meinen Zustand auf die Krankheit und ich musste nach keinen
Ausreden suchen. Er versorgte mich mit allem Notwendigen und kümmerte sich
liebevoll um mich, so dass ich nicht völlig in das Gefühl versinken konnte,
mutterseelenallein auf der Welt zu sein.
Nach
überstandener Krankheit versuchte ich noch ganz schwach und abgemagert etwas
wie ein normales Leben weiter zu führen. An jedem Morgen erwachte ich mit einem
stumpfen, schweren Gefühl in meiner Brust und der erste Gedanke, der mir durch
den Kopf schoss, war Robin. Auch beim Einschlafen kriegte ich ihn nicht raus
aus meinem Geist, die Erinnerungen an ihn verhinderten es, innerlich
loszulassen, als ob ich keinen Grund mehr gesehen hätte, mich auf den nächsten
Morgen zu freuen.
Den Rest
des Tages füllte ich gezwungen mit Tätigkeiten, die ich in meinem Zustand als
Nichtigkeiten empfand. Noch nie trauerte ich um einen Mann so sehr wie um
Robin. Aber ich war mit einem Mann auch noch nie so glücklich und erfüllt wie
mit ihm. Robin war einfach eine Nummer zu groß für mich, die Lücke, die er in
meinem Leben hinterlassen hatte, ließ sich nicht einfach überdecken oder
vollstopfen. Die Befürchtung, dass ich nach ihm höchstwahrscheinlich keinen
anderen Mann kennen lernen würde, der sich mit ihm messen könnte, machte mir
das Ganze nicht gerade leichter.
Robin
hielt sich an die Abmachung mit Claire und rief mich nicht mehr an.
Nur
einmal, am Valentinstag, klingelte das Telefon am frühen Morgen, zu früh für
meinen Lebensstil und noch bevor ich mich fragen konnte, wer aus meinem
Bekanntenkreis so zeitig wach sein könnte, stieg in mir ein aufregender Gedanke
hoch.
Mit
klopfendem Herzen meldete ich mich und lauschte der Stille, die mich aus dem
Hörer empfing. Nach einer kleinen, zwei, drei Sekunden langen Ewigkeit, während
der ich mir einbildete, das Rauschen des Pazifikozeans zu hören, flüsterte ich
fragend Robins Namen. Er legte stumm auf und ich wusste es mit einer intuitiven
Gewissheit, dass der Anrufer Robin gewesen war. In dem kurzen Schweigen
erkannte ich ihn, seine Energie, seine unsichtbare Präsenz aus
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