Bittersweet Moon
entfernt worden, um
genügend Platz zu schaffen. Hier fanden sonst Kabaret-Vorstellungen statt und
manchmal Lesungen von berühmten Autoren, aber Rockkonzerte eigentlich sehr
selten. Dafür war der Raum wahrscheinlich zu klein. Der Standort war nur für
solche Veranstaltung geeignet wie die an diesem Abend, wo es um ein Konzert für
auserwählte Fans ging.
Etwa
dreihundert Menschen dürften rein passen, schätzte ich. Vielleicht aber auch
mehr? Seitlich befanden sich Logen und wenn man durch die Logentüre den Gang
betrat, kam man zu der Hinterbühne. Robin erblickte ich nicht auf der Bühne,
also stieg ich in eine Loge und öffnete die Tür, die mich in den schmalen und
dunklen Gang führte. Die Notbeleuchtung war düster und nicht gerade einladend,
aber ich wusste ja, wohin ich gehen sollte. Nach einigen hallenden Schritten
erreichte ich die schwere eiserne Tür und öffnete sie mit leichtem Druck. Wie
geblendet blinzelte ich mit den Augen, als mich unerwartet grelles Licht auf
der anderen Seite empfing. Ich befand mich in einem breiten, hell beleuchteten
Flur, wo mehrere Türen zu den Garderoben und zu der Künstlercaféteria führten.
Unweit von mir erblickte ich Tony, wie er sich mit dem Gitarristen Jason
unterhielt und rauchte. Er bemerkte mich sofort und begrüßte mich herzlich mit
einem Küsschen auf die Wange, als wir uns die Hände reichten. "Hallo,
Diana, schön dass du gekommen bist! Jason, das ist Diana, wir haben sie gestern
Abend mit Robin in der Hotelbar kennengelernt. Sie singt und spielt da und ist
eine ausgezeichnete Musikerin. Echt schade, dass du sie nicht singen gehört
hast", erklärte Tony Jason und schmeichelte mir wieder mal. Jason kam
sofort näher und schüttelte mir die Hand mit neugierigem Blick. Er lächelte
sympathisch, während er bedauerte:
"Oh,
Shit, ich sehe, da habe ich gestern was tolles verpasst."
"Das
kommt davon, wenn du mit den Hühnern ins Bett gehst," scherzte Tony
schadenfroh. „Oder genauer gesagt, wenn du schon zu breit bist, um wach zu
blieben“, fügte er noch grinsend dazu, worauf Jason mit der Kippe im Mund nur
mit einem gepressten Fuck you, Tony reagierte.
"Jason,
es freut mich unglaublich dich kennen zu lernen, ich bewundere deinen
Gitarrenstil sehr!" sagte ich zu ihm und meinte es ehrlich. Er war auf
seinem Instrument wirklich gut.
"Vielen
Dank, dann muss ich mir aber danach besonders Mühe geben, du bist ja kein Fan,
sondern eine Kollegin!", erwiderte Jason und hielt immer noch meine Hand
fest, während seine grünen, mit dunklem Lidschatten umrahmten Augen
interessiert auf mir ruhten.
"O
nein, ich bin nur ein Fan und ich freue mich riesig euch live zu hören",
wehrte ich mich vor seinen Schmeicheleien und befreite langsam meine Hand.
"Robin
ist da", zeigte Tony mit dem Kopf auf die zweite Tür links von uns,
"falls du ihm Hallo sagen willst. Wir beide müssen noch kurz auf die
Bühne."
"Ich
hol noch die Gitarre, bin gleich wieder zurück", sagte Jason, zwinkerte
mir zu und eilte in seine Garderobe am Ende des Flures. Tony schaute mich
verschwörerisch an. "Ich weiß über euch Bescheid, Robin hat mich heute
Nachmittag eingeweiht. Es geht mich nichts an, was da läuft, ich will dir aber
trotzdem was sagen: Robin benimmt sich sehr ungewöhnlich... wegen dir riskiert
er ziemlich viel und das heißt, dass du für ihn nicht nur ein gewöhnliches
Groupie bist... Ich wünsche euch viel Glück, aber verlieb dich nicht zu sehr in
ihn, ja?"
Den
letzten Satz sprach er mit väterlicher Zuneigung in seiner Stimme. Er war der
Älteste in der Band und hatte eine fast erwachsene Tochter.
"Danke
Tony, sehr lieb von dir." Seine offenen Worte regten mich noch zusätzlich
auf, ich würde ihn dafür am liebsten küssen.
"Alles
klar. Viel Spaß und bis später", wünschte er mir, als Jason mit der
Gitarre in der Hand zurück kam.
"Bis
später", verabschiedete sich auch er und beide Rocker verließen den Gang
Richtung Bühne.
Durch
den Gang eilten mehrere Bühnentechniker und andere Crewmitglieder hektisch hin
und her und beachteten mich nicht. Sie verbreiteten eine eilige Atmosphäre, die
sich nicht gerade beruhigend auf meine immer stärkere Aufregung auswirkte.
Direkt vor Robins Tür stand ein bulliger und langhaariger Sicherheitsmann in
Jeans und schwarzem Kaputzenshirt, der die herzliche Begrüßung von Tony und mir
beobachtete. Er sieht eher aus wie ein Roadie, dachte ich und näherte
mich zögernd der Tür. Er beachtete mich nicht und auch mein Pass
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