Bittersweet Moon
bist sehr gut vorbereitet. Aber ich weiß, worüber du
redest. Die Endphase im Theater ist immer Stress pur. Ich habe hier auch viel
um die Ohren. Du fehlst mir, Diana, wir werden uns erst an dem Tag deiner
Premiere sehen". Max klang so weich und liebevoll, dass ich mich dafür hasste,
ihn schamlos anlügen zu müssen.
"Du
fehlst mir auch. Aber wir müssen durchhalten. In zwei Wochen sehen wir uns
wieder und dann holen wir alles nach." Wie kann ich bloß so abgebrüht
lügen?
"Ja,
das machen wir. Was machst du heute noch?", erkundigte er sich weiter.
"Ah,
nichts besonderes, ich erhole mich erst mal und am Abend gehe ich für ein Paar
Stunden in die Bar." Ich verstummte. Außer meinen frechen Lügen hatte ich
ihm einfach nichts mehr zu sagen.
"Diana,
ist alles in Ordnung?" Max kannte mich zu gut und er bemerkte meine
Zurückhaltung und wie ich ganz anders als sonst klang. Wahrscheinlich erwartete
er, dass ich ihn auch etwas fragte.
"Keine
Sorge, es ist alles in Ordnung, ich bin nur müde und ich habe leichte
Halsschmerzen. Gestern Abend war es draußen so kalt und ich lief mit
aufgewärmter Stimme rum. Ich muss mich heute schonen, ich kann mir jetzt keine
Erkältung leisten." Ich log geschickt wie ein Profi und ich fühlte mich
hässlich dabei.
"Verstehe.
Dann solltest du lieber schweigen. Wir reden ein andermal weiter. Pass gut auf
dich auf und schone deine Stimme, ja? Ich hab dich lieb."
"Ich
dich auch", folgte automatisch meine Antwort. Doch ich wusste nicht mehr,
ob das ehrlich gemeint war, oder nur eine weitere kleine schmutzige Lüge...
"Dann
bis morgen. Tschüss."
"Tschüss,
Maxi." Erleichtert legte ich den Hörer auf und fühlte mich mies.
Ungerechterweise wurde ich sauer auf Max, weil er mich anrief und mich zum
Lügen zwang. Mein Schuldgefühl war nicht mehr so leicht zu verdrängen wie in
der vergangenen Nacht und das beunruhigte mich unangenehm. Aber dann dachte ich
wieder an Robin und an unser baldiges Wiedersehen und das Gespräch mit Max
rutschte in die dunkelste Ecke in meinem Gedächtnis. Wo ich in den nächsten
Stunden ganz bestimmt kein Licht anmachen werde, beschloss ich es mir
leicht zu machen und zuckte gleichgültig mit den Schultern. Den Nachmittag
verbrachte ich mit kleinen Ablenkungen wie Fingernägel lackieren, Wäschebügeln,
die Pflanzen gießen, aufräumen und warten, dass das Telefon klingelt.
Und es
klingelte erst gegen sechs Uhr abends. "Ja, Diana hier", hauchte ich
hoffnungsvoll, aber diesmal zurückhaltender, in den Telefonhörer.
"Hey,
Baby, wie geht's dir?“, strahlte mich Robins Stimme an.
"Robin!
Schön, dass du anrufst, ich bin schon ganz aufgeregt", überließ ich mich
erleichtert meiner Freude und mein Herz schlug mir hoch bis zum Hals. Wieder
mal konnte ich es nicht fassen, dass meine Begegnung mit Robin real war, so
unwahrscheinlich kam mir sein Anruf vor. Desto mehr genoss ich seine Stimme, die
mir mit jedem Wort bewies, wie echt dieses Abenteuer war.
"Ich
langweile mich hier im Hotel“, hörte ich kurz sein unterdrücktes Gähnen. „Ich
war nur kurz essen, aber das Hotel verlassen kann ich nicht. Die Fans haben
herausgefunden, wo wir wohnen und sie warten schon den ganzen Tag unten auf
uns. Ich habe echt keine Lust Autogramme zu geben und in die Fotoapparate zu
lächeln, also muss ich im Zimmer bleiben. Wie hast du geschlafen?"
"Ich
brauchte eine Weile, ehe ich so weit war, aber dann schlief ich bis
Mittag." Mit dem Telefon in der Hand spazierte ich durch das Zimmer und
schaute aus dem Fenster. Es fing wieder an zu schneien. "Und du?"
"Ich
konnte auch lange nicht einschlafen und habe viel nachgedacht. Auch über uns,
Baby“, klangen bedeutungsvoll Robins Worte in meinem Ohr. Bedeutet das was
Gutes oder was Schlimmes, wollte ich fragen, doch ich traute mich nicht.
"Aber
ich fühle mich ausgeschlafen und fit. Und sehr inspiriert," betonte er den
letzten Satz, dass ich wieder lächeln musste. "Kommst du schon vor
Acht?", fragte er verlockend.
"Sag
einfach, wann ich da sein soll."
"Um
halb acht wäre es nicht schlecht, dann sehe ich dich noch bevor ich auf die
Bühne muss."
"In
Ordnung, um halb acht werde ich da sein", versicherte ich ihm.
"O.k.
Wir werden jetzt schon fahren, wegen der Tonprobe. Du kannst aber natürlich
auch schon früher kommen, wenn du es magst. Mit deinem Pass kannst du jederzeit
rein. Dann bis bald. Bye bye, Diana", verabschiedete sich Robin
schließlich.
"Bye
bye, Robin." Diesmal legte ich als erste auf. Nebenbei schaute ich auf
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