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bK-Gruen, Sara

bK-Gruen, Sara

Titel: bK-Gruen, Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Affenhaus
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falschen Worte quälten sich
auf die Tasten. Bis Mitternacht brauchte er 800 Wörter. Um 21:07 Uhr hatte er
205 Wörter getippt. Um 22:31 Uhr waren es nur noch 187. Er ging seine Notizen
durch, machte Stichpunkte, arbeitete sie aus. Die Übergänge konnte er später
noch herausarbeiten.
    Er lud
sich Bostons Amanda herunter und stellte den Mediaplayer
auf Repeat. Er fummelte an seiner Datei herum, schrieb hier einen Satz, löschte
dort einen anderen, teilte einen entzwei und fügte ihn wieder zusammen. Als er
zum dritten Mal ein Komma wieder einfügte, fiel ihm eine Bemerkung von Oscar
Wilde ein. Er hatte gesagt, er hätte den Vormittag damit verbracht, ein Komma
zu entfernen und den Nachmittag damit, es wieder einzufügen.
    Das
Telefon klingelte, und er stürzte sich darauf. Es war Topher McFadden, und es
war 00:07 Uhr.
    «Wo
bleibt Ihr Artikel?», blaffte er.
    «Ich bin
in den letzten Zügen. Kommt gleich.»
    «Das will
ich Ihnen auch geraten haben», sagte McFadden.
    Und legte
auf.
    Hyperventilierend
saß John vor seinen 422 Wörtern. Er hatte noch nie in seinem Leben einen
Abgabetermin verpasst, und es war sein erster Auftrag für die Weekly
Times.
    Er
merkte, dass er zweimal das Gleiche geschrieben hatte, in zwei
aufeinanderfolgenden Absätzen. Ihm gefielen beide, aber er wusste, wie der Hase
lief, und löschte einen. Er hätte sich am liebsten mit einer Häkelnadel das
Hirn aus der Nase gezogen - das wäre mit Sicherheit leichter, als sich noch
mehr Wörter aus den Fingern zu saugen. Er lieh sich ein paar Sätze von
Francesca De Rossi und streute noch ein paar Werbestatistiken ein. Er
berichtete über die Sexualpraktiken der Bonobos und ihr absolutes Desinteresse
an Pornographie und stellte diesen Aspekt den Sexualpraktiken der Menschen und
ihrer absoluten Besessenheit von den Bonobos gegenüber. Er hob die Unterschiede
zwischen Schimpansen und Bonobos hervor, erläuterte die Vorlieben der Affen in
Sachen Einrichtung und fügte noch einen Halbsatz über die bevorstehende
Anhörung und das trächtige Weibchen hinzu. Und dann war er plötzlich fertig.
    Benommen
starrte John den Bildschirm an und ließ den Computer die Wörter zählen - 797.
Er rieb sich die Augen, ging, was längst überfällig war, pinkeln, las den
Artikel in einem Stück und erkannte, dass er gut war. Nicht nur passabel,
sondern ein Artikel, den er mit Stolz überall abgeliefert hätte. Er ließ die
Rechtschreibkontrolle laufen, las ihn ein allerletztes Mal, um sicherzugehen,
dass er sich nicht selbst in die Tasche log, wünschte, Amanda wäre bei ihm, um
ihn zu lesen, und schickte ihn ab. Es war 00:37 Uhr. Die Lesebestätigung kam
augenblicklich.
     
    Er kroch
ins Bett und umarmte das Kopfkissen. Die Decke klemmte er sich zusammengeknüllt
zwischen die Knie. Er holte tief Luft, schlief augenblicklich ein und träumte
von Amanda.
    Gerade
als es spannend wurde, hielt die Höllenkutsche von letzter Nacht vor seinem
Zimmer. Lärmende Frauen stiegen aus, genau wie die Nacht zuvor. Wieder
tippelten sie auf ihren hohen Absätzen die Betontreppe hoch und schwankten mit
unsicherem Gang zu ihrem Zimmer. Irgendwann ertönte ein dumpfer Schlag, gefolgt
von hysterischem Gelächter, dann wurde die Gestrauchelte unter viel gutem
Zureden wieder auf die Beine gezerrt. Und dann knallten sie - wieder - die Tür
ins Schloss, drehten ihre Musik und den Fernseher auf, ließen die Dusche
laufen, und die Party nahm ihren Lauf.
    John
vergrub den Kopf unter dem Kissen. Er wickelte den Kopf in ein T-Shirt. Zwanzig
Minuten später schlüpfte er in seine Jeans und ging nach oben.
    Die
Rothaarige öffnete die Tür. Sie war stark geschminkt und trug ein
maraschinokirschfarbenes Latexkleid. In ihrem zinnoberroten Mundwinkel hing
lässig eine Zigarette. Sie wirkte aus der Nähe betrachtet älter, eine Tatsache,
die von einer dicken Make-up-Schicht unterstrichen wurde, die die feinen
Fältchen in den Augenwinkeln und über den Lippen betonte.
    Misstrauisch
musterte sie ihn von Kopf bis Fuß.
    «Was
willst du?», fragte sie mit starkem Akzent.
    Hinter
ihr auf dem Bett hatte sich eine Brünette in Fötushaltung um eine Flasche
Wodka gekringelt. Ihre langen, gebogenen Fingernägel waren mit Strasssteinen
verziert.
    «Könnt
ihr weniger Krach machen? Ich versuche zu schlafen», sagte John.
    Die
Badezimmertür ging auf, und eine weitere Frau kam heraus. Bis auf das Handtuch
auf dem Kopf war sie völlig nackt. Obwohl ihr mit Sicherheit nicht entgangen
war, dass John direkt vor der

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