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bK-Gruen, Sara

bK-Gruen, Sara

Titel: bK-Gruen, Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Affenhaus
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konnte sogar er als medizinischer Laie erkennen, dass
sie mit einer handfesten Depression kämpfte.
    Sie aß
kaum. Sie konnte nicht schlafen, brauchte aber morgens immer länger, um aus
dem Bett zu kommen, und wenn sie endlich auf den Beinen war, kleidete sie sich
selten an. Sie wechselte vom Bett zur Couch, dort lag sie bei zugezogenen
Vorhängen unter einer Steppdecke mit dem Laptop auf den Knien. Das einzige
Licht im Raum war das kalte blaue Glimmen des Monitors.
    John war
nicht bewusst gewesen, wie viel Zeit und Arbeit Amanda investierte, um den
Haushalt in Schuss zu halten, bis sie damit aufhörte. Saubere Unterwäsche und
Socken fanden den Weg in seine Schublade nicht mehr. Der Haufen getragener
Hemden blieb in einer Schrankecke liegen, bis er sie in die Wäscherei brachte.
Klebrige Spinnweben bildeten sich an den Unterseiten der Möbel und griffen mit
hauchdünnen Fingern aus, um die Sockelleisten zu umgarnen. Der Dielentisch
ächzte unter Stapeln mit Rechnungen, Katalogen und Werbeprospekten. John hatte
sich der Küche angenommen, so gut es ging, trotzdem türmte sich Geschirr im
Spülbecken und auf der Anrichte. Gegenwärtig beschränkten sich Amandas
Anstrengungen darauf, das Bad mit zitronigem Lufterfrischer auszusprühen und
die Handtücher umzudrehen, wenn jemand Besuch androhte.
    Leider
waren «jemand» immer seine Eltern. Er hatte vergessen, die räumliche Nähe zu
ihnen zu berücksichtigen, als er den Umzug plante, ein Versäumnis, für das er
und Amanda täglich büßten.
    Seit fast
einem Jahr versuchten Patricia und Paul Thigpen, John und Amanda zum Eintritt
in ihre Kirchengemeinde zu bewegen. Wäre es jemand anders gewesen, hätte John
es sich womöglich überlegt, einfach weil sie dann zwangsläufig Leute
kennenlernten, doch dass Amanda und er auch nur am Rande desselben
Gesellschaftskreises wie seine Eltern auftauchten, war nicht vorstellbar. Die
älteren Thigpens hatten es offenbar aufgegeben, dafür erschienen sie jetzt
jeden Sonntagmittag, um die Predigt in allen Einzelheiten zu schildern und sich
ausgiebig darüber auszulassen, wie lieb, wie entzückend die Kleinen in der Kinderkrippe waren. Die enttäuschten
Seufzer, die zähen Momente des Schweigens weckten in John den Wunsch, sich
zusammenzukugeln und zu heulen. Amanda ertrug sie mit distanziertem Anstand (ob
aus Resignation oder Gefühlskälte, wusste John nicht, und es war ihm auch egal
- er war ihr nur dankbar; denn in ihrer Familie versuchte man Konflikte eher
mit Geschirrschmeißen zu lösen).
    Patricias
schmallippige und missbilligende Miene wurde immer unverhohlener, je mehr das
Haus verkam. Sonntag für Sonntag beobachtete John, wie sie Amanda vorwurfsvoll
anfunkelte. John wusste, dass er seine verzagte Frau eigentlich in Schutz
nehmen müsste, aber die Dynamik seiner Familie war nicht so geartet, dass er
die Unterstellungen seiner Mutter - wer für die Verwahrlosung des Hauses oder
das Ausbleiben von Nachwuchs verantwortlich war - hätte entkräften können,
ohne ein mütterliches Erdbeben epischen Ausmaßes zu riskieren, und wenn die
männlichen Thigpens sich in einem einig waren, dann war es die absolute
Notwendigkeit, Mutter nicht aufzuregen. (Johns Brüder Luke und Matthew wussten
ja gar nicht, welch ein Glück sie hatten, auf anderen Kontinenten zu leben.
Oder vielleicht doch.)
    Jetzt,
mit einem eisigen Gefühl in den Adern und einer Hand am Türrahmen, schnupperte
John noch einmal. Außer Putzmittel identifizierte er Duftkerzen, angebratenes
Rindfleisch und den Duft eines Granatapfel-Schaumbads. Er wappnete sich, trat
ins Haus und zog die Tür hinter sich zu.
    Amanda
saß im Wohnzimmer über den Couchtisch gebeugt und richtete Austern auf einem
Bett aus gestoßenem Eis an. Daneben standen zwei Flaschen Perrier-Jouet und
Champagnerflöten aus Kristall, in der Mitte eines Tellerchens aus ihrem
Hochzeitsservice thronte ein winziger, vollendet angerichteter Hügel
Osietra-Kaviar. Amanda stand barfuß auf frischen Staubsaugerspuren, sie trug
das seidene Nachthemd, das John ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Es war ein
hoffnungsvolles, verzweifeltes Geschenk gewesen, ein unbeholfener Appell an
ihre wachsende Weigerung, das Bett zu verlassen. Soviel John wusste, trug sie
es jetzt zum ersten Mal. Plötzlich war ihm schwindlig. Als er das letzte Mal
nach Hause kam und eine solche Szenerie vorfand, hatte sie gerade Die
Flusskriege verkauft. Hatte sie eine neue Agentin gefunden? Hatte
jemand ihr zweites Buch gekauft, Rezept zum

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