BKA - Die Jaeger des Boesen
Fernsehsendern
gezeigt worden war? Was bei positiver Beantwortung den logischen Schluss erlaubt hätte, dass es sich bei dem Fremden, der sie trug, um den Entführer Maddies gehandelt haben dürfte.
Drei Wochen später, als sich die Ermittler vor Ort auf einen Verdächtigen konzentrieren, den in Praia da Luz lebenden Briten Robert Murat, wollen sie von den Smiths eine genaue Beschreibung des Mannes und des Kindes haben, insgeheim in der Hoffnung, dass die in Murat den Fremden aus jener Nacht erkennen und sie damit eine Bestätigung für ihren Verdacht bekommen. Vom dankbar akzeptierten Helfer der Polizei war Murat, der in den beiden ersten Tagen nach Maddies Verschwinden stets als Dolmetscher für die britischen Zeugenaussagen eingesetzt wurde, zum Hauptverdächtigen geworden.
Polizeikommissar Gonçalo Amaral lässt deshalb Martin Smith, der mittlerweile nach Irland zurückgekehrt war, sowie zwei seiner halbwüchsigen Enkel einfliegen. Der Ire hatte zu Hause alles über den Fall der kleinen Maddie gelesen, über deren Verschwinden in britischen Zeitungen und im Fernsehen täglich berichtet wurde. Und natürlich war sein Interesse groß, weil er den Ort des Geschehens so gut kannte. Alle Berichte waren verbunden mit dem flehentlichen Appell von Maddies Eltern, dass sich bitte jeder melden solle, dem in der betreffenden Nacht etwas aufgefallen war, was den Kriminalbeamten bei ihrer Suche nach Maddie helfen könne. Daraufhin hatte Smith seiner örtlichen Polizeiwache von der nächtlichen Begegnung auf der Rua da Escola Primaria erzählt, die irischen Beamten wiederum informierten ihre britischen Kollegen und diese dann die Ermittler an der Algarve.
Da ist der Fall Maddie längst kein lokales Ereignis mehr. Da liegt längst in jeder europäischen Polizeibehörde ein Ersuchen um Mithilfe bei der Fahndung vor. Da hat Interpol längst ein Foto des verschwundenen Mädchens an Kollegen in Australien, den USA, Kanada und den Vereinigten Arabischen Emiraten versendet. Da haben Kriminalisten mit dem beruflichen Schwerpunkt Kinderpornografie, die sich im weltweiten Netzwerk der
Pädokriminellen auskennen, alle Informationen aus Portugal in ihre Rechner eingespeist, um Übereinstimmungen mit ähnlichen Fällen zu entdecken. Da wabern längst die abenteuerlichsten Gerüchte über kriminelle Banden im Netz, die sich angeblich in europäischen Urlaubsgebieten herumtreiben, um dort Kinder zu entführen. Tatsächlich aber gab es keinen einzigen Präzedenzfall, es gab nur diesen einen Fall, den Fall Maddie, deren Gesicht inzwischen, ebenfalls per Internet, weltweit bekannt war.
Dass es doch einen vergleichbaren Fall gab, sogar ganz in der Nähe von Praia da Luz, kam erst viel später heraus. Drei Jahre vor dem Fall Maddie war aus einem nur sechs Kilometer entfernten Dorf ein neunjähriges Mädchen verschwunden. Der Verdacht fiel bald auf die Mutter und auf den Onkel. Man warf ihnen vor, das Kind ermordet und zerstückelt zu haben. Aufgrund ihrer Geständnisse wurden sie verurteilt. Zu den Beamten, die den Fall lösten, gehörte auch Gonçalo Amaral. Ein lokales Ereignis, so schien es. Bis im Laufe der Berichterstattung über die Ermittlungen im Fall Maddie die britische »Times« enthüllte, dass gegen Amaral und seine Kollegen durch einen portugiesischen Staatsanwalt ermittelt wurde, weil sie damals entlastendes Beweismaterial unterschlagen, Zeugenaussagen gefälscht und mit Androhung von Gewalt die Geständnisse der beiden Verurteilten, die bis heute ihre Unschuld beteuern, erzwungen haben sollen.
Smith landet am 26. Mai 2007 wieder in Faro. Die auf Neuigkeiten lauernden Journalisten erfahren nichts von seiner Ankunft. Er und seine Enkel werden diskret ins Polizeipräsidium nach Portimão gefahren, von dort aus weiter nach Praia da Luz, um bei einem Ortstermin zu zeigen, wo genau sie in jener Nacht den Mann mit dem schlafenden Kind getroffen hatten. Vor allem eines wollen die Beamten jetzt wissen: Ist er identisch mit dem, den sie kurz nach Maddies Verschwinden bereits im Verdacht hatten. War es Robert Murat?
Großvater und Enkel sind sich einig, dass der irgendwie anders aussah.Wie denn? Jedenfalls nicht so. Murat bleibt daraufhin zwar auf freiem Fuß, aber er bleibt verdächtig. Eine Hausdurchsuchung
der Casa Liliana, wo er mit seiner Mutter lebt, gelegen in unmittelbarer Nähe des »Ocean Club«, in dem die McCanns bis zu jener Nacht einen sorglosen Urlaub verbracht hatten, ergibt ebenfalls nichts, was für einen Haftbefehl
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