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BKA - Die Jaeger des Boesen

BKA - Die Jaeger des Boesen

Titel: BKA - Die Jaeger des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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wieder betonte, bei seinem Kontrollgang um 21.05 Uhr sowohl seine Zwillinge Sean und Amelie als auch seine Tochter Madeleine schlafend vorgefunden hat, muss sie kurz danach entführt worden sein. Falls Gerald McCann, als er nach seinen Kindern schaute, nicht alle Zimmer durchsucht hat, wäre es sogar möglich, dass ein Entführer bereits in der Wohnung war, sich in einem anderen Raum versteckt hielt. Dann hätte er bis zu Kates Schrei fast eine Stunde Zeit gehabt, um das Kind zu entführen und mit seiner Beute zu verschwinden.
    Zwar behauptete Gerry McCanns Freund Matthew Oldfield, der wie alle anderen der Tapas Seven befragt wurde, ihm sei bei seinem Rundgang um 21.30 Uhr nichts Ungewöhnliches aufgefallen, was die Zeit für die Tat auf nur eine halbe Stunde beschränken würde. Aber wie er in einer zweiten Aussage dann zugeben musste, hatte er nur an der Tür gelauscht, ob alle Kinder ruhig waren, und sich nicht per Augenschein davon überzeugt, ob auch alle noch da waren.
    Von den äußeren Umständen her betrachtet, war es einfach, eine tagelang geplante Entführung in die Tat umzusetzen, weil
es Maddies Eltern den Entführern oder dem Entführer – war es nur einer? waren es mehrere? – so leicht gemacht hatten. Mal angenommen, er hätte nicht gewusst, dass die Haustür unverschlossen war. Mal angenommen, er wäre ums Haus geschlichen, unbemerkt von Gästen, die beim Abendessen saßen, hätte dabei festgestellt, dass auf der Terrasse hinten die gläserne Schiebetür einen Spalt breit offen war, um frische Luft ins Zimmer zu lassen. Dann könnte er auf diesem Weg in die Wohnung eingedrungen sein. Ein Erwachsener hätte von außen diesen Spalt, ohne sich anzustrengen, erweitern können, bis er durchgepasst hätte, und wäre so in die Wohnung gelangt.
    Ebenso einfach wäre es umgekehrt aber auch für ein Kind gewesen, sich nach draußen durch den Spalt zu zwängen und die Wohnung zu verlassen. Warum hätte Maddie das tun sollen? Um ihre Eltern zu suchen, nachdem sie aufgewacht war und bemerkt hatte, dass die nicht da waren und sie mit ihren Geschwistern allein war im Appartement 5A. Auf ihrer Suche hat sie sich, so diese Hypothese, in der Richtung geirrt, war nicht über die Terrasse durch den Garten in die Ferienanlage gelaufen, sondern auf die andere Seite, hinaus auf den dunklen Parkplatz oder auf eine der dunklen Straßen.
    Ein solches Szenario wäre eines, das zu der Theorie von einem Gelegenheitsentführer passt, auf einen, der sich spontan zur Tat entschließt. Auf der Suche nach ihren Eltern könnte Maddie McCann ihm direkt in die Arme gelaufen sein. Ein Zufall also, keine geplante Entführung? Darf ein Kriminalist solche unwahrscheinlich anmutenden Zufälle als mögliches Szenario in seine Ermittlungen einbeziehen? Ja, sagt Kriminalhauptkommissar Manfred Paulus, der jahrelang in Fällen von sexueller Gewalt gegen Kinder Erfahrungen gesammelt hat, ja, darf er. Denn das Wesen pädokrimineller Täter sei gekennzeichnet durch »ständig präsente Fantasien und Wünsche. Die Gedanken kreisen um potenzielle Opfer. Und ausgelöst durch den bloßen Anblick eines unbeaufsichtigten Kindes, wird ein Schema aktiviert, das mit der Entführung eines Kindes beginnt.«

    Menschen, die spurlos verschwunden sind, werden in Deutschland in einer Zentraldatei vom Bundeskriminalamt erfasst. In ihr stehen Kinder ebenso wie Erwachsene. Seit 1951, dem Gründungsjahr des BKA, sind dort, Stand Ende 2010, fünfhundertzehn Kinder unter vierzehn Jahren als »Vermisste/Unbekannte Tote« verzeichnet. Außerdem gelten tausendzweihundert Jugendliche zwischen vierzehn und achtzehn als vermisst. Auch von ihnen fehlt jede Spur. Das scheint über einen Zeitraum von sechzig Jahren erst einmal nicht allzu erschreckend zu sein – was jedoch anders aussieht, wenn man diese Zahl in Relation setzt zu den Straftaten an Kindern und Jugendlichen, die tödlich verliefen, deren Leichen die Polizei gefunden und deren Mörder sie ermittelt hat. In der Bilanz für 2009 waren das über hundert abgeschlossene Fälle. Hinter den Zahlen der langzeitvermissten Kinder und Jugendlichen stehen aber tausendsiebenhundert schreckliche Geschichten mit offenem Ende.
    Täglich verschwinden zwischen zweihundert und dreihundert Menschen in Deutschland, aber die meisten tauchen bereits nach ein paar Tagen wieder auf. Erwachsene fliehen vor häuslichen oder beruflichen Problemen, Kinder und Jugendliche reißen aus anderen Gründen aus: Schulstress, prügelnde Eltern,

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