BKA - Die Jaeger des Boesen
verletzen. Dennoch ließ Herold sammeln, allerdings ahnend, dass sich seine Gegner ebenfalls sammelten. Bei der Aufrüstung der informationstechnischen Verbindung zwischen Bund (BKA) und Ländern (LKA) mehr als zwanzig Jahre später, jetzt genannt »INPOL neu«, spielten weder Gute noch Böse eine Rolle, sondern nur Unfähige und
Frustrierte. Die Programmierung des Projekts, die 1998 begann, scheiterte an der Unfähigkeit derer, die es auf den neuesten technischen Stand bringen sollten, und erzeugte Frust bei denen, die es für ihre Arbeit brauchten. Weil »INPOL neu« immer und immer wieder innerhalb weniger Minuten zusammenbrach, mussten »Installateure« und Benutzer zusätzlich noch mit veröffentlichter Häme leben. Kurz vor dem schon geplanten und damit endgültig peinlichen Abschalten durch den damaligen Bundesinnenminister Otto Schily, zu dessen zehn größten Tugenden Geduld nicht zählt, gelang es doch noch, »INPOL neu« zu installieren. Seit 2003 funktioniert es. Mehrkosten durch die Verzögerung bis dahin: fünfzig Millionen Euro.
Ein im Vergleich zu den Vorteilen, die INPOL immer schon bot und erst recht jetzt bietet, lächerlicher Betrag. Denn hier sind sie versammelt und gesammelt, alle aktenkundig gewordenen Täter und Taten, und können per Doppelklick auf einem Bildschirm sichtbar gemacht werden. Und deshalb siegt eben manchmal dann doch, mittels modernster Technik, das Gute gegen das Böse, nein, kühler: erzielen die Jäger des Bösen einen Etappenerfolg. Die Zeiten davor muten im Rückblick prähistorisch an, doch der Eindruck täuscht. Die Kriminellen von damals waren im Vergleich zu denen von heute zwar so etwas wie die Neandertaler des Verbrechens, aber nicht weniger gefährlich. Das Amt hat sich im Laufe der Jahrzehnte zu einer der modernsten Polizeibehörden der Welt entwickelt, manche meinen, zur besten weltweit, um der Aufrüstung der anderen Seite stets einen von Fall zu Fall entscheidenden Schritt voraus zu sein.
Danach sah es anfangs nicht aus. Schon allein der Standort roch nach provinziellem Mief. Warum hat es das Bundeskriminalamt ausgerechnet in die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden verschlagen, dieses beschauliche Kurbad mit Thermal- und Mineralquellen, idyllisch gelegen am Rhein, deshalb bei Rentnern beliebt, aber nicht unbedingt erste Wahl für die Zentrale einer deutschen Polizeibehörde? Zwar war der Rhein-Main-Flughafen nicht weit entfernt, und damit auch die dort anlandenden
amerikanischen Freunde vom CIA und vom FBI, zwar bot sich das brachliegende Gelände auf dem einstigen Galgenberg für den Neubau einer fünfstöckigen Festung an. Aber dass der für Organisation und Konzeption zuständige BKA-Vize Paul Dickopf, später wie bereits erwähnt auch mal Präsident des Amtes, für Wiesbaden statt zum Beispiel für Karlsruhe plädiert hatte, mag andere Gründe gehabt haben. Nahm er sich Konrad Adenauer zum Vorbild? Der hatte 1949 die Residenzstadt Bonn gegen die Metropole Frankfurt als Regierungssitz durchgesetzt – angeblich flossen bei der entscheidenden Abstimmung zwei Millionen Mark Bestechungsgeld für rund hundert Abgeordnete aller Fraktionen –, weil er von seinem Wohnort Rhöndorf bis zum Amt nur die Fähre über den Rhein benutzen musste. Von Dickopfs Heimat Hattert, gelegen im Westerwald, sind es nur neunzig Kilometer bis Wiesbaden. Ein solcher Zusammenhang ist jedoch nicht beweisbar. Also darf ich die Indizien bei meinen Ermittlungen in Sachen Bundeskriminalamt nicht benutzen.
Paul Dickopf, der sich unverschämterweise eine Biografie als Widerständler gegen das Hitler-Regime zugelegt hatte, dem angeblich im Dritten Reich kurz vor der drohenden Verhaftung durch die Gestapo die Flucht in die Schweiz gelungen war – was so nicht stimmte und nach dem Krieg nie hinterfragt wurde –, war zwar ein in der Wolle gefärbter Nazi gewesen. Er gehörte im Dritten Reich zum Führungskader einer Schule, in der die polizeiliche Nazi-Elite ausgebildet worden war. Nach dem Zusammenbruch 1945 teilte er sein Insiderwissen mit dem amerikanischen Geheimdienst OSS, der sich im bald beginnenden Kalten Krieg der einst braunen Volksgenossen bediente, um mit denen gemeinsam den eigentlichen Feind in Moskau, den real existierenden Kommunismus, zu bekämpfen.
Beispielhaft für diese unmoralische Kehrtwende ist der ehemalige Leiter der Abteilung Fremde Heere Ost, General Reinhold Gehlen, auch ein treuer Diener seines Führers, der mithilfe der CIA im demokratischen Deutschland
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