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BKA - Die Jaeger des Boesen

BKA - Die Jaeger des Boesen

Titel: BKA - Die Jaeger des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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unbelästigt durch Fragen nach seiner Vergangenheit wieder Karriere machen konnte,
später als erster Chef des Bundesnachrichtendienstes ehemaligen Wehrmachtsoffizieren seiner Couleur eine neue Heimstatt bot. Er kannte sie eh alle von früher und wusste: Auf die konnte er sich schon deshalb verlassen, weil die wiederum wussten, dass er Dossiers über ihre Vergangenheit besaß und die im Zweifelsfall benutzen würde.
    Alte Kameraden scharte Dickopf schon um sich, lange bevor er 1965 Präsident des BKA wurde, aber um die zu finden musste er nicht weit fahren. Viele waren vor Ort, die Mehrzahl sogar in leitenden Positionen. In der braunen Frühgeschichte des BKA hatten sie, einander treu verschworen über den Tod dessen hinaus, dem sie einst Treue geschworen hatten, ohne Probleme auf dem Geisberg eine neue Heimat gefunden. Ihre gemeinsame frühere war das Reichssicherheitshauptamt. Diese dunkle Seite des Bundeskriminalamtes ist jener Teil seiner Geschichte, den es lange verdrängt hatte. Jörg Ziercke auf einer Veranstaltung seiner Behörde, in der sie sich ihrer braunen Vergangenheit stellte: »Nach bisherigen Erkenntnissen waren Ende der Fünfzigerjahre im Bundeskriminalamt fast alle leitenden Positionen mit ehemaligen Nationalsozialisten besetzt, von 47 Führungsbeamten 33 ehemalige SS-Führer, darunter 2 Sturmbann- und 20 Hauptsturmführer.« Er bedauerte, welche wichtige Rolle diese ehemaligen Angehörigen des Verbrechersystems gespielt haben bis zu ihrem »Ausscheiden aus dem BKA Mitte der Siebzigerjahre«.
    Ausgebildet worden waren sie wie ihr Chef Paul Dickopf in der Führer-Schule in Berlin-Charlottenburg. Eingedenk vergangener, von ihnen als glorreich empfundener Zeiten nannten sich die alten Kameraden »Charlottenburger«. Der Kriminologe Armand Mergen schreibt in seinem Buch »Die BKA Story«, in den Anfangszeiten des Amtes seien fast alle Beamten Parteimitglieder gewesen – ihre einstige Partei hieß NSDAP –, woraus sich für ihn ergibt, dass sie entweder »gute und erfahrene Kriminalisten oder überzeugte Nazis und SS-Männer« gewesen waren. Beides zusammen kam so gut wie nie vor, was logisch ist, denn wer einst konsequent und ideologiefrei ermitteln wollte gegen Mörder, wäre
im Zuge von Ermittlungen zwangsläufig auf Mörder gestoßen, die Uniform trugen, braune Uniformen, und unter den herrschenden Schreibtischtätern in Amt und Würden waren. Die Polizei im Dritten Reich war eine das Unrecht tragende Stütze des Systems, deren Verbände systematisch beteiligt waren an Völkermord und Vernichtungskrieg, sie hat sich schuldig gemacht. Was sie taten, hielten sie für ihre Pflicht.
    Und die erfüllten sie, sobald sich wieder die Gelegenheit ergab und sie durch den ihre Untaten deckenden, faktisch einer Amnestie gleichenden Beschluss des Deutschen Bundestages 1951 wieder verbeamtet wurden. Nach dem entsprechenden Artikel 131 im Grundgesetz wurden Mitläufer, die bei der Entnazifizierung nicht aufgefallen waren, unter denen sich nichtsdestotrotz viele Mörder und Verbrecher befanden, »131er« genannt. Rund siebenhundertfünfzigtausend von ihnen gelangten wieder in den Staatsdienst. Ein Beamter, der bis 1944 Chef der Gestapo in Minsk war, schaffte es, ausgestattet mit einem Empfehlungsschreiben vom Referenten des damaligen BKA-Präsidenten Hanns Jess, Karriere als Leiter des Landeskriminalamtes im benachbarten Rheinland-Pfalz zu machen. Zuständig war er dabei auch für die Fahndung nach Verbrechern des NS-Regimes. 1958 flog Georg Heuser endlich auf, wurde verhaftet und 1963 wegen Beihilfe zum Mord in 11 103 Fällen zu fünfzehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Bereits sechs Jahre später stellte er einen Antrag auf Erlass der Reststrafe, was vom Leiter der Anstalt, in der er saß, unterstützt wurde, weil der Ex-Kollege Heuser »kein Krimineller im üblichen Sinne« sei. So geschah es.
    Die polizeilichen Seilschaften aus dem Dritten Reich hielten auch nach der Befreiung 1945 zusammen und halfen sich gegenseitig, ohne dafür im Nachkriegsdeutschland ihre Gesinnung ändern zu müssen. Beispielhaft im Bundeskriminalamt. Nicht verwunderlich, denn ihr Verhalten, weiß der heutige Chef Jörg Ziercke, sei nicht einzigartig gewesen, sondern repräsentativ für den »Umgang westdeutscher Funktionseliten mit der NS-Vergangenheit«. Als er das sagte, kannte er noch nicht die Ergebnisse, die
eine von Joschka Fischer berufene Kommission von Historikern über eine Organisation mittlerweile herausgegeben hat, genannt

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