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BKA - Die Jaeger des Boesen

BKA - Die Jaeger des Boesen

Titel: BKA - Die Jaeger des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Juergs
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Konsequenzen zu ziehen, nämlich die Taktik von Einsätzen zu verändern: »Ich habe immer zu meinen Leuten gesagt, wenn ihr etwas macht, egal erst einmal, ob es gelingt oder nicht, ist allein der Versuch, einen neuen Weg zu gehen, aller Ehren wert. Doch wenn ihr scheitert,
stellt bitte im übertragenen Sinne an diesem Weg ein Schild ›Sackgasse‹ hin, damit nicht auch noch andere so fehlgehen wie ihr. So weit sind wir noch lange nicht. Das erfordert auch intellektuelles Umdenken in die Richtung, was eigentlich heute ein Polizist an wesentlichen Fähigkeiten mitbringen muss für den Job.«
    Was Ratzel abstrakt formulierte, ließe sich besser anhand eines tatsächlichen Geschehens verdeutlichen. So eines fand ich im Internet auf einer Gedenkseite für »im Dienst gewaltsam ums Leben gekommene Polizeibeamtinnen/Polizeibeamte« auf www.corsipo.de . Dieser konkrete Fall eines konkreten Polizeibeamten an einem konkreten Ort wird seitdem in Kursen und Schulungen den jungen Polizeibeamten als mahnendes Beispiel in allen Details von der Planung bis zum Einsatz geschildert, um sie auf die tödlichen Gefahren selbst bei scheinbar perfekt vorbereiteten Aktionen aufmerksam zu machen. Es wird ihnen eingebläut, dass es sich schon deshalb lohnt, genau zuzuhören, weil es irgendwann bei einem vergleichbaren Einsatz um ihr eigenes Leben gehen könnte.
    Im vorgetragenen Präzedenzfall geht es um den Tod eines verdeckten Ermittlers am 4. Dezember 1991 und darum, wie der hätte verhindert werden können: Kommissar Volker Walliser, siebenunddreißig Jahre alt, sollte in der Drogenszene, getarnt als Käufer, der dringend Nachschub für seine Kunden brauchte, einundfünfzig Kilogramm Heroin von einem Rauschgifthändler erwerben, gegen den schon lange ermittelt wurde, dem bislang aber nichts nachzuweisen gewesen war. Beide einigten sich nach langen Verhandlungen auf den Ort der Übergabe, ein Hotelzimmer. Walliser gab den Treffpunkt weiter an seine Vorgesetzten. An einem bestimmten Tag, dem Tag, der sein letzter sein würde, war Walliser mit dem Verkäufer zu einer bestimmten Uhrzeit dort verabredet. Seine Kollegen von der Kriminaltechnik hatten das Zimmer verwanzt und eine Videokamera versteckt. Was die aufzeichnete, konnte dann das Mobile Einsatzkommando auf einem Bildschirm im Nebenraum sehen. Sobald der Deal vollzogen sein
würde, der Verkäufer die Ware und der angebliche Käufer das Geld gezeigt und die Ermittler damit ihre Beweise auf der Kassette hätten, wollten sie zuschlagen.
    Der Plan schien einleuchtend. Die Beamten glaubten, am Ziel einer langwierigen Spurensuche im Dunkelfeld der Organisierten Kriminalität zu sein. Sie hatten den greifbar nahen, unmittelbar bevorstehenden Erfolg schon vor Augen – und waren genau deshalb für andere Konstellationen blind. Anfangs lief alles noch ab wie erhofft: Der Kriminalbeamte zeigte einen Koffer voller Geld, der Dealer die Ware, und im Nebenzimmer verfolgte das Mobile Einsatzkommando, bereit zum Zugriff, das Geschehen auf dem Bildschirm. Doch in dem Moment, als der Austausch Ware gegen Geld vollzogen war, zog der Rauschgifthändler seine Waffe und erschoss, vor den Augen der entsetzten MEK-Leute, ihren Kollegen Walliser. Der Verbrecher hatte nie vorgehabt, Ware gegen Geld zu tauschen. Er wollte stets beides, Ware und Geld. Im Jargon der Dealer wird das ein rip deal genannt. Mit einem solchen für Gangster seines Kalibers aber nicht untypischen Verhalten, mit einem kaltblütigen Mord, hatte von der anderen Seite jedoch niemand gerechnet. So etwas spielte, bis zu jenem Tag, bei den Vorbereitungen nie eine Rolle. Zwar stürmten die Polizisten sofort ins Nebenzimmer und überwältigten den Mörder. Für Walliser aber kam ihr Einsatz zu spät.
    Im Wortsinne jeglicher Paragrafen gab es für diesen Tod im Dienst keine Schuldigen. Das Gefühl aber, im übertragenen Sinne schuldig zu sein, das blieb. Damit mussten die Kollegen und Vorgesetzten von Walliser fortan leben. Bei der Nachbearbeitung des tödlich verlaufenen Einsatzes ging es deshalb nicht darum, die Schuld eines Verantwortlichen für die Personalakte festzuhalten. Sondern aus dem Tod des einen etwas zu lernen für das Leben der anderen. Ausschlaggebend für die Tat war ein taktisches Versäumnis bei der Planung gewesen. Geld und Ware befanden sich gleichzeitig an einem Ort. Genau diese Tatsache war der entscheidende, der tödliche Fehler. Denn die Möglichkeit auf eine doppelte Beute weckt Begierden – die genetischen eines

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