BKA - Die Jaeger des Boesen
in Polizeibehörden verwaltungstechnischen und bürokratischen Abläufen geschuldeten Sinn. Das hatte mir auch Horst Herold bei aller Kritik an den Strukturen bestätigt. Und viele, die vor Ort ihren Dienst verrichten, sind im Zweifelsfall kompetent. Sobald sie jedoch auf Verbrechen stoßen, die über ihre Stadtgrenzen hinaus führen, Morde an vietnamesischen Wirten, die sich geweigert hatten, Schutzgeld an das Organisierte Verbrechen zu bezahlen, greift das Landeskriminalamt ein. Falls das an seine natürlichen Grenzen stößt, weil sich die Gesuchten in ein anderes Bundesland abgesetzt haben, helfen die Kollegen des dort zuständigen LKA weiter, doch sobald Täterspuren ins Ausland führen, übernimmt das Bundeskriminalamt, weil dessen Beamte meist gute Kontakte zu Dienststellen in anderen Ländern haben und weil in vielen Ländern sogar Verbindungsbeamte des BKA auf Zeit stationiert sind. Das Bundeskriminalamt wird aber immer dann aktiv, wenn es um die ganz harten Jungs geht. Entsprechend bescheiden in quantitativer Hinsicht, jedoch in seiner Substanz von höchster Relevanz sind seine jährlichen hauseigenen Lageberichte, basierend auf den Ermittlungen in der Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität in den Referaten SO 31, SO 32, SO 33 und SO 34.
Im Bundeslagebericht 2010 des Bundeskriminalamtes werden 579 Verfahren gegen Organisierte Kriminelle aufgelistet, was zwar nur einem marginalen Anstieg von 0,7 Prozent im Vergleich zum Jahr davor entspricht, aber die Schadenssumme stieg von 691 Millionen Euro auf 1,37 Milliarden. Der Löwenanteil mit 1,08 Milliarden Euro entfällt dabei auf Wirtschaftskriminalität. Gewinn für die kriminellen Organisationen: rund 903 Millionen Euro, wiederum das meiste erzielt durch Betrügereien in der Wirtschaft; danach folgen Rauschgift und Eigentumsdelikte. Bei einem einzigen riesigen Fall von Betrug, in dem es einer Bande von gut organisierten White Collar Criminals gelang, ahnungslose Kleinanleger mit wertlosen Aktien um ihr Erspartes zu bringen, entstand ein Schaden von 675 Millionen Euro. Die Drahtzieher, die eigentlichen Strategen, saßen in der Schweiz, in den USA, in Kanada, in Panama. Sie wurden gefasst.
Ein Rückgang der Verdachtsanzeigen auf den Dunkelfeldern der Wirtschafts- und Finanzbetrugsfälle von 10 510 im Jahre 2006 auf 7346 im Jahre 2008 kann der beginnenden Finanzkrise geschuldet sein, die auch bei den Dunkelmännern nicht nur aufs Gemüt geschlagen, sondern auch auf ihre Geschäfte durchgeschlagen hat. So wie es den arroganten Masters of the Universe in der legalen Welt der globalen Geldtransfers widerfuhr. Die Zahl der verdächtigen Finanztransfergeschäfte sank von 1778 im Jahr 2006 auf 838 im Jahr 2008. In der auf Geldwäsche spezialisierten Zentralstelle für Verdachtsanzeigen – hier gibt es natürlich wieder eine Abkürzung, diesmal FIU, was »Financial Intelligence Unit« bedeutet – wusste man früh, dass dies kein Grund für Entwarnung war, sondern dass sich nur der Modus operandi geändert hat, weil die Strategen von der anderen Seite aufgrund verbesserter Sicherheitsgesetze ihre Geldgeschäfte im Handel mit scheinbar unverdächtigen Waren versteckten. Für diese These spricht, dass sich die Zahl suspekter Gesellschaften in Deutschland quasi übers Jahr halbiert hat. Diese sind ganz sicher nicht alle pleite, sondern eher ins weit entfernte Ausland, zum Beispiel in die Karibik, gegangen.
Der Trick der Geldwäscher, statt einer großen verdächtigen Summe auf ein einziges Konto lieber viele kleine unverdächtige Summen auf mehrere Konten einzubezahlen, fiel den Ermittlern schon seit Langem auf, und natürlich hielten sie das nicht für einen Zufall, sondern erkannten im Trend die neue Taktik ihrer Gegner. Sie gaben ihr einen Namen. Derartige Überweisungen nennen sie seitdem Smurfing , abgeleitet von den Comicfiguren der Schlümpfe (smurfs) , deren riesiger Stamm sich ja aus nicht weniger als hundert Einzelschlümpfen zusammensetzt.
White Collar Criminals wiederum bekamen im Zuge der jüngsten Weltfinanz- und -wirtschaftskrise plötzlich ein Gesicht über ihrem weißen Kragen. In den USA mussten einige von ihnen, sobald sie aufgeflogen und verhaftet waren, den gediegenen Dresscode der internationalen Business Class mit orangefarbener Gefängniskluft und Fußfesseln vertauschen, in denen sie dem Volk zu dessen Befriedigung vorgeführt wurden.
Im Bundeslagebericht gab das BKA für 2009 bekannt, dass 101 340 Fälle von WiKri (Abkürzung!)
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