BKA - Die Jaeger des Boesen
aufgeteilt.«
In der Sprache von Juristen sind Rocker in »OK-affinen Delikten verstärkt unterwegs«, und das vor allem auf den kriminellen Dunkelfeldern Menschenhandel, Waffenschmuggel, Rauschgifthandel. Neu ist, dass sie sich im Kampf um Einflussbereiche gegenseitig umlegen und sich nicht mehr nur unter brutalstmöglichem Einsatz von Baseballschlägern, Messern, Schlagringen die Köpfe blutig schlagen. BKA-Präsident Jörg Ziercke auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes im Oktober 2010: »Gewalt ist für kriminelle Rockerklubs Teil ihres Lebensstils. Sie trägt zur Identitätsbildung in der Szene bei und dient gleichzeitig
der Provokation. Gewalt wird innerhalb der Rockersubkultur ritualisiert, ist Teil gruppendynamischer Prozesse. Oftmals ist der Aufstieg in der eigenen Klubhierarchie zwingend mit Gewalthandlungen gegen Mitglieder, Einrichtungen oder Symbole verfeindeter Klubs verknüpft.«
Dennoch ist Deutschland im Vergleich zu dem, was in den skandinavischen Ländern passierte und passiert, eine eher friedliche Zone. Ende der Neunzigerjahre gab es regelrechte Rockerkriege in Schweden und Dänemark, es gab Schusswechsel, zum Beispiel in Kopenhagen auf offener Straße, es kämpften verfeindete Hells Angels sogar gemeinsam gegen die Banden der nächsten Generation, gegen die Jungen, Third Generation Gangs genannt. Und immer ging es darum, wer Prostitution und Rauschgifthandel im kriminellen Milieu beherrscht. Sie haben Verbindungen in der ganzen Welt, die Organisation der Hells Angels hält zusammen wie die Mafia. Wer das Schweigen bricht, gilt als Verräter und ist vogelfrei. In der amtlichen Statistik schlägt sich die Kriminalität »deutsch dominierter Rockergruppierungen« so nieder, dass die meisten OK-Verfahren wegen Rauschgift- und Waffenhandel gegen Bandidos und Hells Angels eingeleitet wurden.
Neunzig Prozent aller Delikte, die zur Organisierten Kriminalität zählen, werden von international agierenden Banden geplant und begangen. Das hat nicht nur Folgen für die Strategie der Ermittler, die gleichfalls grenzüberschreitend funktionieren muss. Sondern auch ganz banal für die Etatplanung des BKA. Der Etatposten Sprachendienst steigt von Jahr zu Jahr. Eine Telefonüberwachung bei Absprachen zwischen deutschen Tätern ist inzwischen eher die Ausnahme, das können die Beamten ja ohne Hilfe von außen verstehen. Auch für Deals zwischen Rauschgiftproduzenten in der Türkei und ihren Abnehmern in Deutschland haben sie im Amt fest angestellte Kollegen, die Türkisch sprechen und übersetzen. Doch wenn es um die Überwachung zum Beispiel von Menschenhändlern aus Nigeria geht, die schwarze Frauen nach Westeuropa schleusen, wird es schwierig, denn so viele Dolmetscher, die das verstehen, gibt es nicht, und innerhalb des BKA
schon mal gar nicht. Also müssen sich die ermittelnden Beamten auf dem freien Markt Hilfe holen. Das kann teuer werden. Allein die Dolmetscherkosten in einem einzigen Fall von Menschenhandel, bei dem sich die Überwachung über ein Jahr hinzog, betrug eine halbe Million Euro.
Die Strafgesetzgebung unterscheidet dabei zwischen Menschenhandel zum »Zwecke der sexuellen Ausbeutung«, also Zwangsprostitution, und Menschenhandel zum »Zwecke der Ausbeutung von Arbeitskraft«, also Sklavenhaltung. Beides OK-Deliktbereiche mit einem riesigen Dunkelfeld, was nicht an mangelndem Engagement der Polizei liegt, die in Zusammenarbeit mit EUROPOL, dem BKA, mit nichtstaatlichen Organisationen, den NGOs, alles nur Erdenkliche unternimmt, um den Menschen zu helfen. Sondern an der Angst derer, die man als Kronzeugen gegen die Drahtzieher braucht. Angst vor ihren Peinigern, vor den Schleusern.
Oft muss sich das Bundeskriminalamt Sachverstand von außen einkaufen – Wirtschaftsprüfer, Informatiker, Ingenieure. Ähnlich geschieht es auf der anderen Seite auch. Die Organisierte Kriminalität in der Wirtschaft ist ja nicht durch gewalttätige Auseinandersetzungen geprägt, sondern durch gewaltige Transaktionen. Im Lagebericht des BKA steht sie mit knapp siebzehn Prozent aller Vorgänge zwar nur an zweiter Stelle hinter dem nach wie vor führenden Rauschgifthandel. Aber gerade auf diesem OK-Gebiet schlägt sich technischer Fortschritt sofort auf die Fallzahlen nieder. Die Jäger sind in der Technik immer einen Schritt hinter den White Collar Criminals zurück und müssen entsprechend schneller laufen. Sie bilden zwar bestens aus, das Kriminalistische Institut hilft und hat eine große Bandbreite an
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