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Black Box: Thriller (German Edition)

Black Box: Thriller (German Edition)

Titel: Black Box: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Pflegefamilien aufgewachsen. Irgendwie hatte er nie aufbekommen, es zu lesen. Und selbst wenn, hätte er es wahrscheinlich auch nicht getan. Er war kein guter Schüler gewesen.
    »Tja«, sagte er. »Aber ich komme eigentlich erst ins Spiel, wenn sie schon abgestürzt sind, findest du nicht? Ich kläre Morde auf.«
    »Nein, ich meine damit, weshalb du das tun willst«, sagte sie. »Dir ist früh vieles genommen worden. Deshalb wolltest du, glaube ich, Polizist werden.«
    Dazu fiel Bosch erst einmal nichts ein. Seine Tochter hatte ein sehr feines Gespür, und jedes Mal, wenn sie in ihrer Einschätzung seiner Person den Nagel auf den Kopf traf, war er halb verlegen, halb beeindruckt. Außerdem wusste er, dass auch ihr viel zu früh viel zu viel genommen worden war und dass es ihr in diesem Punkt ähnlich ging wie ihm. Und sie hatte gesagt, dass auch sie tun wollte, was ihr Vater tat. Einerseits ehrte das Bosch, andererseits machte es ihm Angst. Insgeheim hoffte er, es würde etwas anderes – Pferde, Jungs, Musik, egal was – auftauchen und ihre Begeisterungsfähigkeit und ihre Interessen binden und sie auf einen neuen Kurs bringen.
    Bisher hatte sich aber noch nichts ergeben, weshalb er sie bestmöglich auf diese Mission vorzubereiten versuchte.
    Maddie aß ihren dreifach unterteilten Essensbehälter leer und ließ nur Hühnchenknochen übrig. Sie war ein energiegeladener Teenager, und die Tage, an denen Bosch darauf zählen konnte, ihre Reste aufessen zu können, gehörten der Vergangenheit an. Er sammelte alle Abfälle ein und trug sie in die Küche, um sie in den Müll zu geben. Dann öffnete er den Kühlschrank und nahm eine von seinem Geburtstag übrig gebliebene Flasche Fat Tire heraus.
    Als er ins Wohnzimmer zurückkam, lag Maddie mit ihrem Buch auf der Couch.
    »Morgen muss ich übrigens extrem früh los«, sagte er. »Kannst du allein aufstehen und dir was zum Mittagessen machen und alles?«
    »Klar.«
    »Was machst du dir?«
    »Das Übliche. Ramen. Und ich hole mir einen Joghurt aus dem Automaten.«
    Nudeln und bakterienfermentierte Milch. Das war nichts, was Bosch jemals als Mittagessen betrachten würde.
    »Hast du noch genügend Geld für die Automaten?«
    »Ja, reicht locker noch bis zum Wochenende.«
    »Was ist eigentlich mit dem Jungen, der dich immer dumm anredet, weil du dich noch nicht schminkst?«
    »Ich gehe ihm aus dem Weg. Ist aber nur halb so wild, und außerdem ist es keine Frage von ›noch nicht‹, Dad. Ich werde mich nie schminken.«
    »Sorry, hab ich ja auch gemeint.«
    Er wartete, aber damit schien das Thema für sie erledigt. Er fragte sich, ob der Umstand, dass sie die Hänseleien als harmlos bezeichnete, in Wirklichkeit bedeutete, dass sie es keineswegs waren. Er wünschte sich, sie würde von ihrem Buch aufschauen, wenn sie miteinander redeten, aber sie war beim letzten Kapitel. Er drang nicht weiter in sie.
    Er ging mit seinem Bier auf die Terrasse, um auf die Stadt hinabzuschauen. Die Luft war kalt und frisch. Sie machte die Lichter im Canyon und unten auf dem Freeway schärfer und klarer. In kalten Nächten fühlte sich Bosch immer einsam. Die Kühle drang ihm bis ins Mark und setzte sich dort fest; sie ließ ihn an die Dinge denken, die er im Lauf der Zeit verloren hatte.
    Er drehte sich um und schaute durch die Glasscheibe zu seiner Tochter hinein. Er sah, wie sie auf der Couch das Buch zu Ende las. Er sah, wie sie weinte, als sie zur letzten Seite kam.

13
    A m Donnerstag war Bosch bereits um sechs Uhr auf dem Parkplatz des Regional Crime Lab. Über East L.A. begann gerade das erste Tageslicht in den Himmel zu sickern. So früh am Morgen war auf dem Campus um das Laborgebäude noch nichts los. Bosch suchte sich einen Parkplatz, von dem er alle Laborangestellten sehen konnte, wenn sie ihr Auto abstellten und auf das Gebäude zugingen. Er trank einen Kaffee und wartete.
    Um 6 : 25  Uhr entdeckte er die Person, auf die er es abgesehen hatte. Er ließ seinen Kaffee im Auto, stieg mit der Schachtel mit den Pistolen unter dem Arm aus und schlängelte sich zwischen Fahrzeugen und Fahrstreifen hindurch, um sein Opfer abzufangen. Er holte den Mann ein, bevor dieser den Eingang des modernen Glasbaus erreichte.
    »Pistol Pete, genau der, den ich gesucht habe. Ich komme sogar in den zweiten Stock mit hoch.«
    Bosch streckte die Hand nach der Tür aus und hielt sie auf.
    Peter Sargent war ein altgedienter Labortechniker der Firearm Analysis Unit, der Abteilung für Schusswaffenanalyse.

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