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Black Box: Thriller (German Edition)

Black Box: Thriller (German Edition)

Titel: Black Box: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Gang, aber gerade der Austausch mit Ihnen nimmt zu viel Zeit in Anspruch. Es dauert einen ganzen Tag, bis ich Antworten auf meine Fragen erhalte. Wenn es nicht möglich ist, direkt mit Mr. Frej zu sprechen, könnten wir dann vielleicht eine Konferenzschaltung einrichten, damit Sie übersetzen können? Bitte antworten Sie so bald wie …
    Das Telefon auf Boschs Schreibtisch läutete, und er griff danach, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden.
    »Bosch.«
    »Lieutenant O’Toole.«
    Bosch drehte sich zu O’Tooles Eckbüro um. Durch die offenen Jalousien konnte er sehen, dass der Lieutenant an seinem Schreibtisch saß und zu ihm schaute.
    »Was gibt’s, LT ?«
    »Haben Sie meinen Zettel nicht gesehen, dass ich Sie umgehend sprechen möchte?«
    »Ja, ich habe ihn gestern Abend bekommen, aber Sie waren schon weg. Und heute habe ich nicht mitbekommen, dass Sie schon da sind. Ich musste eine wichtige Mail nach Dänemark schicken. Es ist …«
    »Ich möchte Sie in meinem Büro sprechen.
Sofort.
«
    »Bin schon unterwegs.«
    Hastig tippte Bosch die Mail zu Ende und schickte sie ab. Dann stand er auf und ging zum Büro des Lieutenant. Auf dem Weg dorthin schaute er sich im Bereitschaftsraum um. Außer O’Toole und ihm war noch niemand da. Es gäbe also für das, was jetzt passieren würde, keine unparteiischen Zeugen.
    Als Bosch O’Tooles Büro betrat, forderte ihn dieser auf, sich zu setzen. Das tat er.
    »Geht es um den Death-Squad-Fall? Ich bin nämlich …«
    »Wer ist Shawn Stone?«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe gefragt, wer Shawn Stone ist.«
    Bosch zögerte. Er versuchte zu erahnen, was O’Toole im Schilde führte. Ihm wurde instinktiv klar, dass es das Beste war, ganz offen und ehrlich an die Sache heranzugehen.
    »Jemand, der in San Quentin eine Haftstrafe wegen Vergewaltigung verbüßt.«
    »Und was haben Sie dienstlich mit ihm zu tun?«
    »Dienstlich habe ich nichts mit ihm zu tun.«
    »Haben Sie mit ihm gesprochen, als Sie am Montag in San Quentin waren?«
    O’Toole blickte auf ein einseitiges Schreiben, das er, die Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt, mit beiden Händen hielt.
    »Ja, habe ich.«
    »Haben Sie einhundert Dollar auf sein Gefängniskantinenkonto eingezahlt?«
    »Ja, auch das ist richtig. Was hat das …«
    »Wenn Sie sagen, Sie haben dienstlich nichts mit ihm zu tun, welcher Art ist dann Ihre Beziehung zu ihm?«
    »Er ist der Sohn einer Freundin von mir. Weil ich noch etwas Zeit hatte, habe ich gefragt, ob ich ihn sehen könnte. Ich bin ihm nie zuvor begegnet.«
    O’Toole runzelte die Stirn. Sein Blick war weiter auf das Blatt Papier in seinen Händen gerichtet.
    »Demnach haben Sie auf Kosten des Steuerzahlers den Sohn einer Freundin besucht und hundert Dollar auf sein Kantinenkonto eingezahlt. Habe ich das richtig verstanden?«
    Bosch machte eine Pause und dachte nach. Ihm wurde klar, was O’Toole vorhatte.
    »Nein, das haben Sie nicht richtig verstanden, Lieutenant. Ich bin – auf Kosten des Steuerzahlers – nach San Quentin hochgeflogen, um mit einem Häftling zu sprechen, der wichtige Informationen zum Fall Anneke Jespersen hatte. Diese Informationen habe ich erhalten, und da noch etwas Zeit blieb, bevor ich wieder zum Flughafen musste, habe ich mich mit Shawn Stone getroffen. Außerdem habe ich etwas auf sein Konto eingezahlt. Das Ganze hat weniger als eine halbe Stunde gedauert und meine Rückkehr nach Los Angeles in keiner Weise verzögert. Wenn Sie mir am Zeug flicken wollen, Lieutenant, müssen Sie sich schon was Besseres einfallen lassen.«
    O’Toole nickte nachdenklich.
    »Lassen wir das doch das PSB entscheiden.«
    Am liebsten hätte Bosch O’Toole an seiner Krawatte gepackt und über den Schreibtisch gezogen. Das PSB war das Professional Standards Bureau, wie die Dienstaufsicht neuerdings hieß. Man konnte eine schwarze Rose anders nennen, aber besser roch sie deshalb keineswegs. Bosch stand auf.
    »Sie wollen einen Eins-Achtundzwanziger gegen mich einreichen?«
    »Ja.«
    Bosch schüttelte den Kopf. Er konnte die Kurzsichtigkeit dieses Schritts nicht begreifen.
    »Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie den ganzen Raum gegen sich aufbringen, wenn Sie das tatsächlich tun?«
    Damit meinte er den Bereitschaftsraum. Sobald die anderen Ermittler erfuhren, dass O’Toole Bosch wegen etwas so Belanglosem wie einem fünfzehnminütigen Gespräch in San Quentin anschwärzte, würde das wenige an Achtung, das O’Toole entgegengebracht wurde, einstürzen wie ein Kartenhaus.

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