Black Box: Thriller (German Edition)
Auslastung. Das englische Schiff wurde gechartert von U.S. Pentagon und vorübergehend genutzt als Freizeit- und Erholungszentrum für amerikanische Soldaten von Operation Desert Storm.
Männer und Frauen mit Dienst in Saudi-Arabien erhalten gelegentlich drei Tage Erholungsurlaub, und seit dem Waffenstillstand ist die Nachfrage nach ihm sehr groß. Die Saudi Princess
ist einziges Reiseziel in der konservativen Golfregion, wo Soldaten Alkohol können trinken, Freunde machen und nicht Tarnausrüstung bringen.
Das Schiff bleibt im Hafen und ist von Marines in Uniform streng bewacht. (Das Pentagon bittet Journalisten, die besuchen kommen, nicht bekannt geben den genauen Standort des Schiffs.) Aber an Bord sind keine Uniformen, und das Leben ist eine Party. Hat zwei Diskos, zehn Vierundzwanzig-Stunden-Bars und drei Swimmingpools. Soldaten, die seit Wochen und Monaten in der Region stationiert sind und SCUD -Raketen und Kugeln der Iraker entgangen, haben zweiundsiebzig Stunden für Vergnügen, ihren Alkohol trinken und mit anderen Geschlecht flirten – lauter Dinge, die im Lager verboten sind.
»Drei Tage lang sind wir wieder Zivilisten«, sagt Beau Bentley, ein zweiundzwanzigjähriger Soldat aus Fort Lauderdale, Florida. »Letzte Woche war ich in einem Feuergefecht in Kuwait-Stadt. Heute trinke ich ein Kaltes mit meinen Freunden. Das ist unschlagbar.«
Der Alkohol fließt in Strömen in den Bars und am Pool. Feiern des Siegs der Alliierten sind viele. Die Männer an Bord sind fünfzehn zu eins mehr als Frauen – spiegelnd die Zusammensetzung der amerikanischen Truppen am Golf. Es sind nicht nur Männer auf der Saudi Princess, die gern hätten eine gleichere Verteilung.
»Ich musste keinen Drink mehr bezahlen, seit ich hier bin«, sagt Charlotte Jackson, eine Soldatin aus Atlanta, Georgia. »Aber die Jungen einen ständig anbaggern wird anstrengend. Ich bereue, kein gutes Buch zum Lesen mitgenommen haben. Dann wäre ich jetzt in meiner Kabine.«
Aus Beau Bentleys Bemerkung, erst eine Woche zuvor in ein Feuergefecht verwickelt gewesen zu sein, schloss Bosch, dass die Reportage eine Woche, nachdem sie geschrieben worden war, in der
BT
veröffentlicht wurde. Das hieß, dass Anneke Jespersen wahrscheinlich irgendwann während der ersten Märzwoche an Bord des Schiffs gewesen war.
Zunächst hatte Bosch der
Saudi-Princess
-Reportage keine weitere Bedeutung beigemessen. Seit jedoch feststand, dass Jespersen zur gleichen Zeit wie die Angehörigen der 237 th Company auf dem Schiff gewesen war, sah er die Sache anders. Ihm wurde bewusst, dass er die Namen zweier potenzieller Zeugen hatte. Er holte sein Handy heraus und rief Chu an. Er wurde zu dessen Mailbox durchgestellt. Chu war nicht mehr im Dienst und ging vermutlich nicht mehr ans Telefon. Um die anderen Gäste im Lokal nicht zu stören, sprach Bosch sehr leise auf die Mailbox.
»Dave, ich bin’s. Du müsstest noch mal zwei Namen für mich überprüfen. Ich habe sie aus einer Reportage von 1991 , aber trotzdem, versuch’s einfach mal. Der erste Name ist Beau Bentley; er ist aus Fort Lauderdale, Florida. Der zweite ist Charlotte Jackson. Als ihr Wohnsitz ist Atlanta angegeben. Beide waren Soldaten bei Desert Storm. Die Waffengattung weiß ich nicht. Das stand nicht in dem Bericht. Bentley war damals zweiundzwanzig, das heißt, er ist jetzt zwei- oder dreiundvierzig. Für Jackson habe ich kein Alter, aber sie könnte alles zwischen, sagen wir mal, neununddreißig und zirka fünfzig sein. Sieh mal, was du machen kannst, und gib mir dann Bescheid. Danke, Partner.«
Bosch drückte die Trenntaste und schaute zum Eingang des Restaurants. Immer noch keine Spur von Hannah Stone. Er wandte sich wieder dem Handy zu und schickte seiner Tochter eine kurze SMS , in der er sich erkundigte, ob sie etwas gegessen hatte. Dann nahm er sich wieder seine Akte vor.
Er blätterte durch das biographische Material, das sein Partner über die fünf Männer zusammengetragen hatte. Vier der Berichte enthielten ein Führerscheinfoto. Nur das von Drummond war nicht dabei, da er aufgrund seines Status als Sheriff nicht in der Datenbank der Kfz-Zulassungsstelle gespeichert war. Bei den Unterlagen für Christopher Henderson hielt Bosch inne. Chu hatte von Hand in Großbuchstaben VERSTORBEN neben das Foto geschrieben.
Henderson hatte als Angehöriger der Fighting 237 th den Zweiten Golfkrieg und die Unruhen in L.A. überlebt, aber nicht die Begegnung mit einem bewaffneten Räuber in einem von
Weitere Kostenlose Bücher