Black Box: Thriller (German Edition)
anderen Beteiligten betrafen, selbst wenn es sich dabei um Mutter und Sohn handelte.
»Es macht nichts, wenn sie zu ihm fährt«, sagte Bosch. »Wenn er nicht will, muss Shawn nicht mit ihr reden. Und wenn er es doch möchte, muss er ihr nur die …«
Bosch verstummte, als ihm plötzlich klar wurde, was Mendenhall möglicherweise vorhatte.
»Was ist?«, fragte Hannah.
»Die Vertuschung ist immer schlimmer als das eigentliche Vergehen.«
»Wie meinst du das?«
»Warum hat sie dir erzählt, dass sie am Montag zu ihm fährt? Vielleicht hat sie das bloß getan, weil sie wusste, dass du es mir erzählen würdest. Und dann kann sie sehen, ob ich versuche, mit Shawn Kontakt aufzunehmen, um ihm einzuimpfen, was er sagen soll, oder um ihm zu sagen, dass er sich weigern soll, mit ihr zu reden.«
Hannah runzelte die Stirn. »So hinterhältig und durchtrieben hat sie eigentlich nicht auf mich gewirkt. Eher ausgesprochen offen und direkt. Ich hatte sogar den Eindruck, dass sie keineswegs froh darüber war, an etwas beteiligt zu sein, was vor allem politische Hintergründe hat.«
»Hat sie das so gesagt oder du?«
Hannah dachte erst nach, bevor sie antwortete.
»Kann durchaus sein, dass ich es als Erste ausgesprochen oder angedeutet habe, aber es war offenbar nichts Neues für sie. Sie hat gesagt, das Motiv, das hinter der ursprünglichen Beschwerde steckt, hätte ihr zu denken gegeben. Daran erinnere ich mich noch. Das kam von ihr, nicht von mir.«
Bosch nickte. Er nahm an, dass sie sich damit auf O’Toole als den Urheber der Beschwerde bezog. Vielleicht sollte er Vertrauen in Mendenhall haben, dass sie die Dinge so sah, wie sie waren.
Pino brachte ihre Caesar Salads, und sie wechselten das Thema. Nach einer Weile lenkte Bosch die Unterhaltung in eine andere Richtung.
»Ich habe nächste Woche Urlaub«, sagte er.
»Wirklich? Warum hast du mir davon nichts erzählt? Ich hätte mir auch freinehmen können. Außer … ach so, jetzt verstehe ich … du willst allein sein.«
Er wusste, dass sie diesen Schluss ziehen oder zumindest in Betracht ziehen würde.
»Ich werde die Zeit zum Arbeiten nutzen. Ich werde nach Modesto hochfahren. Nach Stockton und in einen Ort, der sich Manteca nennt.«
»Wegen des Schneewittchen-Falls?«
»Ja. O’Toole würde mir auf keinen Fall eine Reisegenehmigung erteilen. Er will nicht, dass dieser Fall gelöst wird. Deshalb fahre ich da auf eigene Faust und auf eigene Kosten rauf.«
»Und ohne Partner? Harry, das ist nicht …«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich werde nichts Gefährliches tun. Nur mit ein paar Leuten reden und ein paar andere beobachten. Aus der Ferne.«
Sie runzelte erneut die Stirn. Das gefiel ihr nicht. Er fuhr fort, bevor sie weitere Einwände vorbringen konnte.
»Was würdest du davon halten, so lange bei mir zu wohnen und ein bisschen auf Maddie aufzupassen, während ich weg bin?«
Er konnte die Überraschung in ihrer Miene deutlich sehen.
»Früher ist sie bei solchen Gelegenheiten immer bei einer Freundin untergekommen, deren Mutter sich bereit erklärt hat, sie für ein paar Tage aufzunehmen, aber inzwischen ist sie nicht mehr mit diesem Mädchen befreundet. Deshalb geht das jetzt nicht mehr. Maddie behauptet zwar immer, es sei völlig okay für sie, allein zu Hause zu bleiben, aber ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache.«
»Hätte ich auch nicht. Aber das ist nicht mein Problem, Harry. Hast du Maddie überhaupt schon gefragt?«
»Noch nicht. Ich sag’s ihr heute Abend.«
»Du kannst es ihr doch nicht einfach ›sagen‹. Das ist etwas, das sie entscheiden muss. Du musst sie schon fragen.«
»Aber ich weiß, dass sie dich mag, und ich weiß, dass ihr beide Kontakt miteinander habt.«
»Wir haben nicht wirklich Kontakt. Wir sind Facebook-Freunde.«
»Das ist für sie dasselbe. Diese Kids unterhalten sich praktisch nur noch per SMS und Facebook. Du hast ihr das Bier für meinen Geburtstag besorgt. Sie hat sich deswegen an dich gewandt.«
»Das kannst du doch nicht vergleichen. Das ist etwas völlig anderes, als bei euch zu Hause mit ihr zu wohnen.«
»Ich weiß, aber ich glaube, für sie wäre es okay. Wenn dir wohler dabei ist, frage ich sie, wenn ich heute Abend nach Hause komme. Wirst du es machen, wenn sie ja sagt?«
Pino kam und nahm ihre Salatteller weg. Sobald sich der Kellner entfernt hatte, stellte Bosch die Frage noch einmal.
»Ja, ich würd’s tun«, sagte Hannah. »Sogar gern. Ich würde auch sehr gern mal bleiben, wenn du zu
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