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Black Box

Black Box

Titel: Black Box Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Mrs. Badia ganz gern, manchmal alberten sie sogar miteinander herum.
    »Du gehst jetzt besser nach Hause, Wyatt.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Okay. Ich kann ja morgen wieder ein paar Stunden gutmachen. Da arbeitet sie nicht.«
    »Nein. Morgen brauchst du nicht zu kommen. Komm nächsten Dienstag und hol dir deinen letzten Scheck ab.«
    Aus irgendeinem Grund brauchte er einen Moment, bis er begriffen hatte. Dann spürte er, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss.
    Mrs. Badia sah ihn mit funkelnden Augen an. »Du kannst nicht einfach die Leute bedrohen, mit denen du zusammenarbeitest, Wyatt. Ich habe es wirklich gründlich satt, mir von deinen Kollegen ständig Beschwerden anzuhören. Es ist immer dasselbe Lied.« Sie runzelte die Stirn und warf einen Blick zur Ladentür. »Weißt du, sie macht gerade eine schwierige Zeit durch. Und du sagst ihr, dass du ihr die Zunge rausreißen willst.«
    »Das hab ich nicht. Das war der Stecker in ihrer … Wollen Sie wissen, was sie zu mir gesagt hat?«
    »Was denn?«
    Aber Wyatt blieb ihr die Antwort schuldig. Er konnte Mrs. Badia nicht erklären, was Kensington gesagt hatte, denn er wusste es nicht, hatte nicht alles mitbekommen – und er hätte es wohl auch für sich behalten, wenn er es gewusst hätte. Kensington hatte irgendetwas darüber gesagt, dass er nicht lesen könne, und Wyatt vermied es, über seine Probleme mit Grammatik, Rechtschreibung und dem allem zu sprechen. Es war ihm zu peinlich.
    Mrs. Badia starrte ihn an und wartete. Dann sagte sie: »Ich habe dir immer wieder eine neue Chance gegeben, aber ab einem bestimmten Punkt kann ich von den Menschen, mit denen du arbeitest, nicht mehr verlangen, dass sie das alles mitmachen.« Abrupt wandte sie sich ab, wobei ihr Blick auf seine Füße fiel. »Und bind dir die Schuhe zu, Wyatt.«
    Sie ging wieder hinein, und da stand er nun und rieb sich die kalten Hände. Nach einer Weile setzte er sich in Bewegung, ging am Schaufenster der Videothek vorbei und bog um die Ecke, in die schmale Gasse, wo er von der Straße aus nicht gesehen werden konnte. Er beugte sich vor und spuckte aus. Dann klopfte er eine weitere Zigarette aus der Packung, zündete sie an, inhalierte und wartete, bis seine Beine nicht mehr zitterten.
    Er hatte wirklich geglaubt, dass Mrs. Badia ihn mochte. Ja, manchmal war er sogar länger geblieben, um ihr dabei zu helfen, den Laden zu schließen, was eigentlich nicht zu seinen Aufgaben gehörte – einfach nur, weil man sich mit ihr so gut unterhalten konnte. Sie redeten über Filme oder über merkwürdige Kunden, und Mrs. Badia hörte sich seine Geschichten und Meinungen an, als würde sie sich tatsächlich dafür interessieren. Eine ungewohnte Erfahrung für Wyatt – mit einem Vorgesetzten klarzukommen. Aber Jetzt war es doch wieder auf dieselbe Scheiße hinausgelaufen. Irgendjemand beklagte sich aus irgendwelchen Gründen über ihn, und es wurde nicht einmal der Versuch unternommen, alle Beteiligten anzuhören, alle Informationen zusammenzubekommen. Ich habe es satt, mir von deinen Kollegen ständig Beschwerden anzuhören, hatte sie gesagt, aber nicht welche Kollegen und welche Beschwerden. Und: Es ist immer dasselbe Lied. Aber musste man den heutigen Vorfall nicht für sich betrachten? Und die anderen sogenannten Vorfälle ebenso?
    Er schnippte die Zigarette weg – rote Funken stoben auf –, wandte sich um und ging los. Im Schaufenster von Best Video hingen jede Menge Filmplakate. Kensington sah zwischen Pitch Black und The Others auf den Parkplatz hinaus, und Wyatt entnahm ihrem verträumten Gesichtsausdruck, dass sie der Meinung war, er sei längst fort. Bevor er es sich noch anders überlegen konnte, machte er einen Satz auf sie zu und drückte den Mittelfinger gegen die Scheibe. Sie zuckte zurück, ihr Mund ein erschrockenes O.
    Dann wandte er sich ab und stapfte davon. In diesem Moment bog ein Auto von der Straße auf den Parkplatz, und der Fahrer musste heftig auf die Bremse treten, um Wyatt nicht zu überfahren. Wütend drückte er auf die Hupe. Wyatt schenkte ihm ein höhnisches Lächeln und zeigte ihm ebenfalls den Finger. Kurz darauf hatte er die andere Seite des Parkplatzes erreicht und verschwand im struppigen Dickicht des Waldes.
    Er folgte einem schmalen, von Abfällen gesäumten Pfad. Diesen Weg ging er immer nach Hause, wenn ihn niemand mitnahm. Zwischen den Bäumen lagen faulende Matratzen, volle Mülltüten und verrostete Küchengeräte. Ein kleiner Bach floss durch den Wald,

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