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Black Box

Black Box

Titel: Black Box Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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übel, doch automatisch begann er nach dem Handy zu suchen. Um besser sehen zu können – und damit ihn jemand, der sich vom Teich her dem Auto näherte, nicht gleich bemerkte –, ging er in die Hocke. Irgendwelche Papiere und ein Halstuch waren aus der Handtasche gefallen. Das Halstuch – es war aus gelb und rot schimmernder Seide – lag in einer Pfütze.
    »In Ihrer Handtasche?«, fragte er.
    »Ja, vielleicht … Ich weiß es nicht.«
    Er wühlte darin herum, fand weitere Papiere, einen Lippenstift, eine Puderdose, aber kein Handy. Er ließ die Tasche wieder fallen und suchte den Boden neben dem Kombi ab, doch in der Dämmerung war kaum etwas zu erkennen.
    »Er ist zum Wasser gegangen?« Das Herz pochte Wyatt bis zum Hals.
    »Ich weiß nicht. Er … er ist an der Ampel eingestiegen. An der Ecke Union, als ich gewartet habe, dass es Grün wird. Er hat gesagt, dass er uns nichts tut, wenn ich mache, was er sagt … O Gott, Baxter, es tut mir so leid, dass er dir wehgetan hat.«
    Als er Baxters Namen hörte, blickte Wyatt hoch – er konnte nicht anders – und stellte überrascht fest, wie nahe er dem Gesicht des Jungen war. Baxters Kopf hing über dem Oberschenkel seiner Mutter, keinen Meter von ihm entfernt. Wyatt sah das Gesicht des Jungen falsch herum: die schwarze Wunde in seiner Wange, die clownroten Lippen – rot vom Lutscher, nicht von Blut, wie Wyatt jetzt klar wurde –, die aufgerissenen, schmerzerfüllten Augen. Mit glasigem Blick starrte Baxter an Wyatts Schulter vorbei. Dann plötzlich blinzelte er.
    Wyatt stieß einen Schrei aus und sprang hoch. »Er ist nicht …« Er rang nach Luft, schluckte, versuchte es noch einmal. »Er ist nicht …« Er verstummte erneut. Bisher war Mrs. Prezars rechte Hand nicht in seinem Blickfeld gewesen. Jetzt sah er sie: Sie ruhte auf Baxters Bein. Und hielt den Griff eines Messers umklammert.
    Er hatte so ein Messer schon einmal gesehen. In Millers Eisenwarenhandlung lagen ein paar davon unter der Glastheke links von der Tür, gleich neben den Militärjacken, und an eines von ihnen konnte sich Wyatt besonders gut erinnern: Es hatte eine etwa fünfundzwanzig Zentimeter lange Klinge aus blank poliertem, schimmerndem Stahl, die auf einer Seite gezackt war. Vielleicht hatte er es sich sogar einmal zeigen lassen, jedenfalls war es nicht zu übersehen gewesen. Und jetzt fiel ihm ein, wie Mrs. Prezar ohne eine Tasche in der Hand aus dem Laden gekommen war, wie sie sich die Jacke zugehalten hatte.
    Als sie bemerkte, wie er das Messer anstarrte, wandte sie sich für einen Moment ebenfalls dem Gegenstand in ihrer Hand zu. Sie wirkte verwirrt, als wüsste sie nicht, wie sie dazu gekommen war, ja als wüsste sie nicht einmal, wofür man ihn benutzen konnte. Dann sah sie wieder zu ihm auf, ihr Blick beinahe flehentlich.
    »Er hat es fallen lassen«, sagte sie. »Es steckte in Baxter fest. Als er versuchte, es rauszuziehen, ist es ihm aus der Hand gerutscht. Ich habe es aufgehoben. Darum hat er mich nicht getötet. Weil ich das Messer hatte. Dann ist er weggerannt.«
    Ihre Hand, die sich fest um den Teflongriff des Messers schloss, war voller Blut. Es färbte ihre Knöchel schwarz und die Nagelhaut ihres Daumens. Es tropfte vom Ärmel ihrer wasserfesten Jacke auf den Ledersitz.
    »Ich geh Hilfe holen.« Wyatt war sich nicht sicher, ob sie ihn gehört hatte; er sprach so leise, dass er sich kaum selbst verstehen konnte. Die Hände hatte er in einer abwehrenden Geste vor sich ausgestreckt – wie lange er sie schon so hielt, wusste er nicht.
    Sie setzte einen Fuß auf den Boden, wollte offenbar aus dem Wagen steigen. Erschrocken über die plötzliche Bewegung, stolperte Wyatt nach hinten, und da er auf seinem Schnürsenkel stand – er hatte nicht auf Mrs. Badia gehört –, verlor er das Gleichgewicht und fiel um.
    Der Aufprall war so hart, dass ihm die Luft wegblieb. Unter sich spürte er den feuchten Blätterteppich. Er starrte zum Himmel hoch, der inzwischen dunkelviolett und mit vereinzelten Sternen gesprenkelt war. Tränen schwammen in seinen Augen. Er blinzelte, setzte sich auf.
    Mrs. Prezar stand neben dem Auto. In der einen Hand hielt sie seinen Schuh, in der anderen das Messer. An seinem rechten Fuß, durch die Kälte und Feuchtigkeit schon ganz klamm geworden, trug er nur noch eine Sportsocke.
    »Er hat es fallen lassen. Der Mann, der uns angegriffen hat. Ich würde … meine Kleinen … ich würde ihnen doch nie etwas antun. Ich habe es nur aufgehoben.«
    Wyatt

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