Black Cats 01. Was kostet der Tod
umzunieten, der ihn erpresst hatte. »Umnieten ist nicht gut genug«, sagte er in die Nacht. »Was gäbe ich nicht darum, dir zu zeigen, wie sich strecken und vierteilen anfühlt. Dich dabei zusehen zu lassen, wie dir deine Gedärme aus dem Bauch quellen.«
Die Vorstellung gefiel ihm. Aber dafür hatte er keine Zeit.
Ihm blieb nur heute Nacht, nur diese letzte Nacht. Denn wenn er das Geld beschaffen musste, musste das Räderwerk morgen in Gang gesetzt sein. Er musste die Sache erst ankündigen, den Stein ins Rollen bringen. Dann würde alles ganz schnell gehen.
Am Donnerstag die Auktion.
Am Freitag die Beute.
Am Samstag die Auszahlung.
Und er würde sich irgendwann später an Lee rächen.
Das konnte klappen. Aber er hoffte, dass es dazu nicht kommen würde. Viel lieber würde er sich gleich jetzt um den Mann kümmern.
Darum machte er es sich auf der Astgabel noch ein bisschen bequemer. Ohne zu blinzeln, unermüdlich, mit dem Nachtsichtgerät an den Augen und in den Händen das Gewehr mit dem Zielfernrohr.
13
Lily hatte ihrem Chef versprochen, dass sie sich weiterhin auf den Sensenmann-Fall konzentrieren würde, bis der Mörder gefasst war. Und dieses Versprechen wollte sie halten.
Das bedeutete allerdings nicht, dass sie nicht schon anfangen konnte, den Weg zu ebnen, damit der Online-Sexualverbrecher, der sie beinahe ebenso oft in ihren Träumen verfolgte wie der Sensenmann, möglichst bald geschnappt wurde. Sie hatte nahezu jede Stunde damit verbracht, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, warum die unterschiedlichen Online-Auktionen, die der Sensenmann abgehalten hatte, keine Geldspur hinterlassen hatten. Und nebenbei hatte sie ein bisschen herumtelefoniert.
Unter anderem hatte sie den Special Agent angerufen, der wegen des Mordes an ihrem Neffen ermittelt hatte.
Der Leiter des anderen CAT kannte ihre Geschichte und hatte versucht, ihre Hilfe abzulehnen. Sie war ruhig geblieben und hatte auf sämtliche Vorteile hingewiesen, die das mit sich bringen würde. Und angesichts dessen, wie tief sie sich bereits in den Playground hineingefuchst hatte und was sie alles darüber wusste, hatte er schließlich nachgegeben.
Sie hoffte, dass sie Lovesprettyboys bald erwischen würden. Aber wenn nicht, wenn er immer noch frei herumlief, nachdem sie dem Sensenmann das Handwerk gelegt hatten, dann würde sie sich dem Team anschließen, das es auf ihn abgesehen hatte.
Das war keine Wiedergutmachung für den kleinen Zach. Oder für ihre Schwester. Aber es war immerhin etwas.
»Oh mein Gott!«, hörte sie Brandon am Donnerstagmorgen am Schreibtisch nebenan ausstoßen.
Sofort drehte sie sich mit ihrem Stuhl herum und fragte sich, was den bestürzten Tonfall in seiner Stimme hervorgerufen hatte. Seine normalerweise überschwängliche Laune hatte sich Anfang dieser Woche verflüchtigt, nachdem sie ungefähr den fünften Tag in Folge achtzehn Stunden lang ununterbrochen gearbeitet hatten. Jetzt waren ihre Nerven zum Zerreißen angespannt. Sie waren völlig erschöpft und bemühten sich verzweifelt, Blackstone und den anderen zu helfen.
»Was ist los?«
»Ich glaub’s einfach nicht.«
Sie schob ihren Stuhl neben seinen und blickte auf seinen Monitor, ohne zu wissen, ob sie das überhaupt sehen wollte. Zum Glück wurde kein abscheuliches Mordvideo gezeigt. Nur ein virtuelles Schild auf Satan’s Playground . Aber es ließ ihr das Herz stillstehen.
»Schon wieder eine?«, flüsterte sie zutiefst entsetzt.
Er nickte sprachlos.
»Meine Güte! Es ist nicht mal eine Woche vergangen.«
»Er dreht durch. Und beschleunigt wie wahnsinnig.«
Der Sensenmann war wieder kurz davor zu töten. Sein prahlerisches Schild vor dem »Rathaus«, in dem er seine Auktionen abhielt, verkündete, dass er eine weitere Versteigerung ausrichten würde. In nur wenigen Stunden.
Lilys Magen krampfte sich zusammen. Sie presste sich die geballte Faust an den Bauch und versuchte ihre Gefühle niederzuringen. Den Abscheu. Die Panik.
Sie holte tief Luft und sammelte sich. Dann betrachtete sie wieder den Bildschirm und konzentrierte sich auf den virtuellen Anschlag. Sie las ihn aufmerksam durch und beugte sich vor, um das Kleingeschriebene ganz unten zu entziffern.
»Was bedeutet das? Diese Zeile, dass es was Besonderes wird, dass es jetzt ernst wird?« Denn wenn es das Ungeheuer bisher nicht ernst gemeint hatte, wollte sie nicht einmal darüber nachdenken, was für ein Grauen es noch heraufbeschwören konnte.
Brandon runzelte die Stirn.
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