Black Cats 01. Was kostet der Tod
Seine Stimme wurde leiser. Sie klang belegt. »Sie meinte, sie hätte die Nase voll davon, mit jemandem zusammen zu sein, der nicht wüsste, wie man sich amüsiert, und dass ich sie verdammt noch mal in Ruhe lassen sollte.« Er schloss die Augen, und fast schon flüsternd fügte er hinzu: »Erst nachdem ich gegangen war, ist mir klar geworden, dass sie geweint hat, als sie das gesagt hat.«
»Aber Sie sind gegangen.«
Er nickte unglücklich. »Ja. Ich habe Mike nach Hause gebracht, und dann bin ich eine Zeit lang herumgefahren, um meine Gedanken zu sortieren.«
»Allein?«
Wieder ein Nicken. Stacey unterdrückte ein Stirnrunzeln und wünschte sich, Mitch wäre irgendwohin gegangen, wo ihm ein Haufen Leute ein Alibi geben könnten.
Glaubte sie, dass er der Sensenmann war? Auf keinen Fall. Aber sie stand neben einem FBI -Agenten, der wahrscheinlich mit jedem Wort, das aus Mitchs Mund kam, mehr Beweismaterial sammelte.
»Ich wollte sie trotzdem nicht abschreiben, vor allem, als mir die Tränen in ihrem Gesicht wieder in den Sinn kamen. Also bin ich zurückgefahren.«
Oh verdammt! »Zurück zu Dicks ? Um wie viel Uhr?«
»Weiß nicht, kurz vor der Sperrstunde.« Er zog die Schultern hoch, als hätte er körperliche Schmerzen. »In der Kneipe war die Hölle los, es war brechend voll. Eine der Kellnerinnen meinte, Lisa wäre gerade gegangen, aber sie hatte nicht gesehen, mit wem. Wahrscheinlich habe ich sie nur um einige Minuten verpasst.«
Und wieder einmal hatte es niemand bei Dicks für nötig gehalten, ihr davon zu erzählen. Sie konnte nur weiterhin mutmaßen, dass die Leute den Mund gehalten hatten, weil Mitch ihr Stellvertreter war.
»Wenn ich früher da gewesen wäre, wäre sie vielleicht nicht mit ihm mitgegangen.« Er klang, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. »Vielleicht hätte ich sie davon abhalten können, jemandem zu folgen, der was Böses im Schilde führte und ihr wehtun wollte.«
»Mit ihm mitgehen?«, fragte Dean in scharfem Tonfall. »Woher wissen Sie, dass sie freiwillig mit jemandem mitgegangen ist?«
Mitch richtete sich langsam auf. »Na ja, das habe ich mir halt so gedacht. Es war das letzte Mal, dass jemand sie gesehen hat, und Freeds Auto stand dort. Sie muss mit jemandem mitgegangen sein. Offensichtlich mit dem Falschen.«
Er ging nicht davon aus, dass sie verschleppt worden war. Andererseits wusste Mitch nichts vom Sensenmann oder davon, dass er seine Opfer gewaltsam entführte.
Trotz seiner Intelligenz und seiner Vorgeschichte war er im Grunde seines Herzens ein ziemlich naiver Kerl. Sie hoffte um seinetwillen, dass er die Einzelheiten über den Mord an Lisa niemals erfahren würde. Denn nachdem sie ihm in die Augen gesehen und seine Stimme gehört hatte, zweifelte sie an einer Sache nicht.
Er hatte sie geliebt.
Schon früher waren direkte Anfragen mit persönlichen Wünschen beim Sensenmann eingegangen. Er war bestochen, war mitten während seiner Spielzeit behelligt worden, hatte private E-Mails voller Versprechen und Bitten empfangen.
Er hatte sich nie darauf eingelassen.
Der Nervenkitzel dessen, was er tat, lag darin, dass er die Kontrolle über alles behielt. Zwar entschied jemand anders darüber, wie er seine Pläne umsetzen würde – aber alles andere lag in seinen Händen. Und das Wie war nebensächlich. Nur die Tat zählte. Nur das Blut. Die Angst. Der Schrecken. Der Schmerz.
Das alles lag in seiner Gewalt. Genau wie die Identität seiner Beute.
Wenn andere also auf ihn zugekommen waren und angeboten hatten, ihn dafür zu bezahlen, dass er einen Mann umbrachte oder eine Brünette oder eine bestimmte Person, die jemand beseitigt wissen wollte, hatte er immer abgelehnt. Niemand würde ihn beeinflussen oder kontrollieren. Niemals würde er das Vergnügen aufgeben, das es ihm bereitete, wenn er seine auserwählten Opfer tötete, nur um jemand anders einen Gefallen zu tun.
Jedenfalls hatte er das gedacht. Jetzt war er sich da nicht mehr so sicher. Mit einer Situation wie dieser, in der er tatsächlich dazu gezwungen sein könnte, hatte er nicht gerechnet.
Er hatte genug davon, zu irgendetwas gezwungen zu werden. Genug davon, machtlos zu sein. Und dass Warren Lee versuchte, ihm die Zügel wieder zu entreißen, ließ ihn vor Wut beinahe zu einem grimmigen Vergeltungsschlag ausholen.
Er war eine Handgranate mit gezogenem Stift. Kurz davor, genau in Lees Schoß zu fallen.
»Ruhe bewahren. Nicht die Beherrschung verlieren«, flüsterte er und spürte, wie sein
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